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Elemente 116 und 118: Entdeckung zurückgezogen  
  Vor drei Jahren hat die Meldung einiges Aufsehen erregt: US-Forscher gaben an, ihnen sei die Erzeugung der chemischen Elemente 116 und 118 gelungen. Der Nachweis dieser schweren Elemente hätte unter anderem Folgen für astrophysikalische Forschungen. Doch die Freude währte nur kurz: Nachdem verschiedene andere Gruppen die Ergebnisse nicht reproduzieren konnten, zogen die Forscher ihre Entdeckung nun zurück - möglicherweise wurden Daten gefälscht.  
Der Bericht von 1999 über die Erzeugung von Element 118 halte einer erneuten Analyse der Originaldaten nicht stand, schreibt das Team in der aktuellen Ausgabe des Fachjournals "Physical Review Letters".

In derselben Zeitschrift hatte das Team vom Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien 1999 von der Erzeugung von Element 118 berichtet, bei dessen Zerfall auch Element 116 entstanden sein soll.
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Angeblich drei mal spezifische Zerfallskette beobachtet
Die Forscher hatten demnach versucht, Bleikerne und Kryptonkerne zu verschmelzen. Dabei konnten die Wissenschaftler innerhalb nur weniger Tage laut ihren damaligen Angaben drei mal eine spezifische radioaktive Zerfallskette für das Element 118 beobachten.
->   "Physical Review Letters" (kostenpflichtig)
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Neue Analyse der Daten findet keine Zerfallsketten
Da sich ähnliche Zerfallsketten in Nachfolgeexperimenten nicht fanden, habe das Team - gemeinsam mit unabhängigen Experten - die ursprünglichen Daten von 1999 neu analysiert, heißt es nun.

"Auf Grundlage dieser neuen Analyse schließen wir, dass die drei berichteten Ketten nicht in den 1999er Daten enthalten sind. Wir ziehen unsere Veröffentlichung der Synthese von Element 118 zurück", so die Wissenschaftler.
Andere Forschungsteams - gleiches Ergebnis
Zuvor hatten weltweit verschiedene Gruppen erfolglos versucht, die Synthese von Element 118 nachzuvollziehen, darunter auch die Gesellschaft für Schwerionenforschung GSI in Darmstadt.
Chemische Elemente - natürlich und künstlich
Als chemische Elemente oder Grundstoffe bezeichnet man Stoffe, die sich durch chemische Verfahren nicht weiter zerlegen lassen. Sie bestehen aus Atomen, die alle die selbe Anzahl von Protonen im Kern aufweisen.

Insgesamt kennt man heute 92 natürlich vorkommende Elemente - in den frühen 1940er Jahren gelang es allerdings erstmals, künstliche Elemente herzustellen. Seit damals sind Wissenschaftler weltweit damit beschäftigt, nicht natürlich vorkommende Grundstoffe zu erzeugen.
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Chemische Elemente
Chemische Elemente unterscheiden sich in ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften: Der größte Teil ist bei Zimmertemperatur fest, einige sind gasförmig, zwei flüssig (Quecksilber und Brom). Etwa 80 sind Metalle, der Rest besteht aus Halb- oder Nichtmetallen. Die Anordnung der chemischen Elemente nach ihren physikalischen und chemischen Eigenschaften erfolgt im so genannten Periodensystem der Elemente.

Rund 90 Prozent der Erdkruste bestehen aus fünf Elementen: Sauerstoff, Silizium, Aluminium, Eisen und Kalzium. Beim Menschen sind es drei Elemente, die mehr als 90 Prozent des Körpers ausmachen: Sauerstoff, Kohlenstoff und Wasserstoff.
->   Mehr zum Periodensystem der Elemente
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Warum erzeugt man chemische Elemente?
Bei der Suche nach neuen, schweren Elementen verfolgen die Wissenschaftler weltweit zwei Ziele, wie der Physiker Ingo Peter von der Gesellschaft für Schwerionenforschung GSI in Darmstadt gegenüber science.ORF.at erläutert.

Zum einen gehe es darum, "die Welt zu verstehen". Forscher versuchen also, Theorien zu den Eigenschaften von Elementen in der Natur zu überprüfen, indem sie ihre Voraussagen bei der Erzeugung neuer Elemente testen. Langfristig seien auch Anwendungen denkbar, so der Physiker.
Forschungen im Weltall
Das zweite wichtige Ziel der Wissenschaftler liegt außerhalb der Erde - im Weltall. Wie Ingo Peter weiter erklärt, gehen Forscher davon aus, dass schwere Elemente wie das nun zurückgezogene 118 etwa bei Sternexplosionen ständig für kurze Zeit entstehen und wieder zerfallen.

Man erwartet sich also von den künstlich erzeugten schweren Elementen auch ein besseres Verständnis über die Vorgänge im Inneren von Sternen - um dies aber ohne jeden Zweifel belegen zu können, sei der Nachweis im Labor notwendig, sagt Peter.
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Forschungen am GSI: Elemente 107 bis 112
Auch am GSI sind die Wissenschaftler damit beschäftigt, neue Elemente zu erzeugen. Gelungen ist dies bei insgesamt sechs: Die Elemente 107 bis 112 konnten von Forschern des GSI im Teilchenbeschleuniger erzeugt werden. 107 bis 109 haben nach Auskunft von Ingo Peter bereits Namen erhalten - und gelten damit als "abgesegnet". 110 bis 112 wurden schon mehrmals reproduziert.
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Verschmelzen von Kernen im Teilchenbeschleuniger
Die Erzeugung künstlicher schwerer Elemente ist allerdings nicht einfach: Dafür müssen Wissenschaftler im Teilchenbeschleuniger eine Kernfusion erreichen.

So wird beispielsweise das Element 112 erzeugt, indem man zwei natürlich vorkommende Grundstoffe nimmt, deren Ordnungszahl - also die jeweilige Anzahl der Protonen im Kern - zusammen 112 ergibt, und versucht diese zu verschmelzen.

Die Abstoßungsreaktion zwischen den Atomkernen muss dafür überwunden werden - und diese ist riesig groß. Am GSI haben die Forscher etwa wochenlang Bleifolien mit mehreren Millionen Zinkionen pro Sekunde beschossen - und konnten dabei in 20 Tagen nur zwei mal das Element 112 nachweisen.
Element 118 dank Datenmanipulation?
Es ist indes nicht ganz klar, was zu der falschen Veröffentlichung der US-Forscher geführt hat. Wie "Science Now" allerdings meldet, hat das Lawrence Berkeley National Laboratory ein Mitglied des ursprünglichen Forschungsteams entlassen - der Physiker hat möglicherweise Daten manipuliert.
->   Lawrence Berkeley National Laboratory (LBNL)
->   Die Website des Forschungsteams am LBNL
->   Gesellschaft für Schwerionenforschung GSI
 
 
 
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01.01.2010