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Malaria-Erreger: Älter und resistenter als angenommen  
  Malaria-Erreger können sich mit ihren genetischen Kniffen wesentlich besser gegen ihre Bekämpfung schützen als bisher gedacht. Ein Gen, das eine entscheidende Rolle bei der Resistenz gegen das häufig eingesetzte Malaria-Mittel Chloroquin spielt, breitet sich einer US-Studie zufolge überraschend schnell aus.  
Eine weitere Untersuchung zeigte, das der für die schwerste Form der Malaria beim Menschen verantwortliche Erreger Plasmodium falciparum zudem deutlich älter und verschiedenartiger ist als bisher vermutet.

Die Bekämpfung der Malaria werde daher noch lange Probleme bereiten, schreiben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von "Nature" (Bd. 418, S. 323 und 326).
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Der Original-Artikel ist unter dem Titel "Chromosome-wide SNPs reveal an ancient origin for Plasmodium falciparum" erschienen.
->   Original-Artikel (kostenpflichtig)
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5.000 Jahre alt ...
Die Debatte über die genetische Diversität und den Ursprung des Parasiten lief seit den späten 1990er Jahren. Damals hatte eine Gruppe von Evolutionsbiologen die Hypothese eines einzigen Ur-Parasiten aufgestellt, aus dem sich die heutigen Plasmodium-Stämme entwickelt hätten. Die Biologen gingen nach Untersuchung und Vergleich von 10 Genen damals davon aus, dass der Parasit etwa 3.000 bis 5.000 Jahre alt ist und sich an verschiedenen Plätzen der Erde genetisch nicht stark unterscheidet.

Um Klarheit in dieser Frage zu erlangen, suchte nun Xin-zhuan Su vom amerikanischen Nationalen Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) und ihr Team nach genetischen Unterschieden zwischen Parasiten aus verschiedenen Regionen in Südostasien, Afrika, Südamerika, Mittelamerika und Papua Neuguinea.
->   NIAID
... oder 100.000 Jahre?
Sie verglichen jeweils 204 Gene des Chromosoms 3, um etwaige Differenzen der Nukleotide zu finden. "Wir nehmen an", so Su über die Resultate ihrer Forschung "dass sich der Parasit gleichzeitig mit dem Menschen selbst verbreitete und zu neuen Formen entwickelte."

Die von ihr geschätzte "Geburtsstunde" des Krankheitserregers war vor etwa 100.000 bis 180.000 Jahren - was mit jenem Zeitraum übereinstimmte, in dem unsere Vorfahren begannen, von Afrika aus die Welt zu erobern. Damit wäre Plasmodium falciparum bedeutend älter und genetisch vielfältiger als bisher geglaubt.
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Malaria
Die Malaria ist die häufigste Tropenkrankheit, an der ca. 300 Millionen Menschen jährlich erkranken. Es gibt insgesamt vier verschiedene Malariaerreger, die unterschiedliche Formen der Erkrankung hervorrufen. Die gefährlichste Form ist die Malaria tropica, deren Erreger das Plasmodium falciparum ist. Unbehandelt kann sie sogar zum Tode führen. Die Übertragung der Malaria erfolgt über einen Stich der Anophelesmücke. Das charakteristische Symptom der Malaria ist periodisch auftretendes Fieber. Zur Behandlung stehen mehrere hochwirksame Medikamente zur Verfügung. Eine Impfung existiert derzeit noch nicht. Zur Prophylaxe gehört zum einen die Vermeidung von Mückenstichen sowie zum anderen die Einnahme verschiedener Medikamente in Form von Tabletten.
->   Mehr über Malaria (Netdoctor.de)
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Untersuchung von Chloroquin-Resistenz
In einer zweiten Studie, ebenfalls in der aktuellen Ausgabe von "Nature" vorgestellt, untersuchte das Team bei 87 Stämmen von Plasmodien das Gen, das für die Resistenz gegen den weit verbreiteten Malaria-Wirkstoff Chloroquin verantwortlich ist.

Dafür wurden die genetischen Unterschiede der Krankheitserreger von 87 Malaria-Patienten rund um den Globus analysiert. Erstmals, so schreibt Su, wurde danach ein DNA-Fingerabdruck des gesamten Genoms von einem komplexen Parasiten erstellt.
Verschiedenartige Resistenzen
Dabei zeigte sich, dass diese Resistenzen nicht nur sehr verschiedenartig sind, sondern sich schneller ausbreiten und in mehr Erregern stecken als bisher geglaubt.

An mindestens vier Orten weltweit - einer in Südostasion in den späten 1950er Jahren, mindestens zwei in Südamerika und einer in Papua Neuguinea - machten die Forscher die Herkunft dieser resistenten Erreger aus.
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Chloroquin
Chloroquin wurde Mitte der 1930er Jahre ausgehend vom Chinin von britischen und deutschen Wissenschaftlern entwickelt. In den 1950er und 1960er Jahren war Chloroquin das beherrschende Malariamittel auf dem Markt. Obwohl sich aufgrund fortschreitender Resistenzentwicklungen noch andere Malariamittel etabliert haben, gilt Chloroquin noch immer als das "Standardmittel" gegen Malaria - und zwar sowohl zur Prophylaxe als auch zur Therapie.
->   Mehr über Chloroquin (medicine worldwide)
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Schnelle Ausbreitung resistenter Parasiten
"Die Untersuchung verändert unsere bisherigen Ansichten über die Chloroquin-Resistenz des Malaria-Erregers", meint Su. "Zum einen hat sie sich öfter entwickelt als angenommen. Zum anderen wissen wir nun, dass der afrikanische Parasit, der in den späten 1970er Jahren eine Resistenz entwickelte, sich nicht unabhängig entwickelte, sondern direkt aus Südostasien stammte."

In nur zehn bis 15 Jahren hat sich der Parasit nach Ansicht der Wissenschaftlerin in ganz Afrika ausbreiten können. D.h. dass es, "sobald ein Medikamenten-resistenter Parasit auftaucht, nicht sehr lange dauert, bis er sich auf anderen Kontinenten verteilt hat, " so Su. Was keine guten Aussichten für die Bekämpfung dieser Tropenkrankheit Nummer Eins bedeutet.
Mehr über Malaria in science.ORF.at:
->   Antike Malaria-DNA gefunden
->   Malariaausbreitung von Klimaerwärmung unabhängig
->   Malaria-Resistenz in den Genen
 
 
 
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01.01.2010