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Künstlicher Polio-Erreger löst Terroralarm aus  
  Die Nachricht von dem ersten künstlich erzeugten Erreger der Kinderlähmung hat unter Wissenschaftlern und Sicherheitsexperten eine heftige Debatte ausgelöst. Das in der Zeitschrift "Science" vorgestellte Polio-Virus war aus DNA zusammengefügt worden, die die Forscher per Versand von der Firma Integrated DNA Technologies in Coralville (US-Staat Iowa) bestellt hatten.  
Den genetischen Bauplan der Viren entnahmen Eckard Wimmer und Kollegen von der Staatlichen Universität New Yorks (SUNY) einer öffentlichen Datenbank.
DNA-Sequenzen per E-Mail zu bestellen
Integrated DNA Technologies nimmt nach einem Bericht der "Washington Post" vom Mittwoch Bestellungen per Fax und E-Mail aus aller Welt entgegen. Das Unternehmen produziert gewünschte Folgen von DNA, so genannte Snippets, und verschickt sie an Universitäten, Institute oder andere Auftraggeber - bisher ohne Überprüfung ihrer Absichten.

"Der Kunde bestimmt die (DNA-)Sequenz, die er hergestellt haben möchte, und wir haben wenig Möglichkeiten zu überprüfen, was er damit macht", sagte Roman Terrill, zuständig für rechtliche und regulatorische Fragen bei Integrated DNA Technologies.
->   Integrated DNA Technologies
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Am 11. Juli 2002 publizierten Eckard Wimmer und Kollegen von der Staatlichen Universität New Yorks (SUNY) den Artikel "Chemical Synthesis of Poliovirus cDNA: Generation of Infectious Virus in the Absence of Natural Template" online in "Science". Er soll in einer der kommenden Print-Ausgaben des Fachmagazins erscheinen.
->   Mehr dazu in: Kinderlähmungs-Erreger künstlich erzeugt
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Leichtes Spiel für motivierte Forscher
Tatsächlich brauchen motivierte Forscher nicht mehr als 10.000 Dollar (etwa gleich viele Euro) und ein paar Monate Zeit, um die genetischen Komponenten eines tödlichen Virus selbst zu erzeugen.

"Jeder kann einen gebrauchten DNA Syntheziser kaufen und in der Abgeschiedenheit seiner Garage mit ihm das erzeugen, was er will", warnt Terrill.
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Gleiche Technik für Ebola und Spanische Grippe?
Nach einem Bericht des "New Scientist" vom Donnerstag könnte die gleiche Technik, die zur Produktion des künstlichen Polio-Virus angewandt wurde, auch für den Ebola-Virus oder für den Erreger der Spanischen Grippe eingesetzt werden.
->   Mehr dazu im New Scientist
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Verkaufsschlager Oligonukleotide
Sein Unternehmen ist eine von einem halben Dutzend Firmen in den USA, die kurze DNA-Folgen unter dem Handelsnamen "Oligonukleotide" oder "Oligos" anbieten.

Ein Oligo besteht im Normalfall aus 25 bis 30 genetischen Bausteinen, die einen winzigen Ausschnitt aus dem Erbgut oder Genom eines Organismus darstellen. Ein Virus setzt sich im allgemeinen aus Tausenden bis Zehntausenden DNA-Bausteinen zusammen.
->   Mehr über Oligonukleotide
Bald auch künstliche Pocken?
"Bei wenig mehr Fortschritten in der Technologie könnte es bald einen komplexeren Erreger als das Polio-Virus geben, warnt der pensionierte Air Force-Offizier und Biochemiker Jim Cornette, der an der strategischen Planung zur Abwehr von Biowaffen im Golfkrieg mitgearbeitet hatte.

"Pocken brauchen vermutlich noch zwei bis drei Jahre, vielleicht auch weniger", sagte er der Zeitung.
Auch Craig Venter warnt
Zu den Experten, die nach der Vorstellung des Polio-Erregers Alarm schlugen, gehört auch Craig Venter, der vor zwei Jahren als erster eine Skizze vom Erbgut des Menschen vorgelegt hatte.

Venter, derzeit Präsident des Zentrums für die Förderung der Genomforschung in Rockville (Maryland), nennt den Bau des Virus "verantwortungslose Wissenschaft". Er fordert, dass Forschungsprojekte dieser Art künftig einem Beraterausschuss in Washington zur Genehmigung vorgelegt werden müssen.
 
 
 
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01.01.2010