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Neue Stoffwechselschalter entdeckt  
  Eine neue Art von G-Proteinen, so genannte "Stoffwechselschalter", haben Wissenschaftler in der Hefe entdeckt. Sollte diese spezielle Proteinart auch im Menschen vorkommen, dann könnte sie Anstoß für die Entwicklung neuer Medikamente zur Behandlung von Krankheiten wie Diabetes, Herzerkrankungen oder Alkoholismus sein.  
"Diese neue Klasse von G-Proteinen könnte eine große Rolle im menschlichen Körper spielen", meint Joseph Heitman vom Howard Hughes Medical Institute, "da sie wahrscheinlich für die Steuerung des Signalempfanges der Körperzellen verantwortlich sind." Sie bestimmen, welche Signale die Zellen empfangen können - und zwar sowohl gesundheitsfördernde als auch krankheitsverursachende.
Geraubte Nahrung
Im Mittelpunkt der Studien von Heitman und seinem Kollegen Toshiaki Harashima vom Duke Center of Microbial Pathogenesis steht der Hefe-Genrezeptor Gpr1, der an das G-Protein Gpa2 gekoppelt ist.

Gpr1 dient zur Entdeckung von Glukose in der Nähe der Hefezelle. Sobald der Rezeptor Glukose "erfühlt" aktiviert er das Gpa2 Protein, welches wiederum einen Wachstumsprozess in den Hefezellen indiziert. Im Verlauf dieses Prozesses produzieren die Hefezellen Fäden die bis zur Glukose reichen. Auf diese Art und Weise stellt die Zelle eine Verbindung zwischen sich und dem "Wachstumsmedium" Glukose her, die zur Plünderung von Nährstoffen dient.
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G-Proteine
G-Proteine haben eine Schlüsselfunktion für das körpereigene "Schaltbrett" der Stoffwechselwege und -funktionen. Sie liegen innerhalb der Zellmembran und sind an so genannte "G-Protein-gekoppelte-Rezeptoren" (GPCRs) gebunden, die an der Zelloberfläche liegen. Diese Rezeptoren reagieren auf externe chemische Signale wie z. B. Hormone.
Sobald ein Rezeptor durch ein externes Signal aktiviert wird, schaltet er das an sich gekoppelte G-Protein ein, das wiederum eine Zellantwort auslöst.
G-Proteine kontrollieren die Zellantworten, Zellreaktionen in allen Geweben des Körpers, inklusive der Organe wie z.B. Herz, Lunge, Leber usw. Fehlfunktionen von G-Proteinen können beim Menschen in letzter Konsequenz zu Diabetes, Cholera, Keuchhusten und anderen Erkrankungen führen.
->   Die Molekülfamilien der GPCRs
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Proteine und ihre Untergruppen
G-Proteine bestehen aus drei verschiedenen Unterproteinen - Alpha, Beta und Gamma. Jedes einzelne spielt eine wichtige Rolle in der Übertragung der Stoffwechselsignale an die Zelle.

Im Falle von Gpa2 konnte bisher aber nur eine hohe Ähnlichkeit mit dem Unterprotein Alpha festgestellt werden, von den andern beiden konnte keine Spur festgestellt werden.

Die Abwesenheit der beiden Unterproteine warf laut Heitman zwei Fragen auf. Entweder funktioniert Gpa2 alleine, oder es existieren noch bisher unbekannte Klassen von G-Protein-Untergruppen.
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Das Ziel vieler Medikamente
Zur Zeit kennt die Wissenschaft ungefähr 450 Gene, die auf G-Proteine ansprechen. Stoffwechselwege, die Rezeptoren für G-Proteine besitzen, sind das Ziel hunderter Medikamente wie z. B. Antihistamine, Neuroleptika, Antidepressiva und andere. 50 Prozent aller Medikamente, die derzeit verkauft werden, entfalten ihre Wirkungsweise über die G-Protein-gekoppelten-Rezeptoren, GPCRs.
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Der fehlende Staffelläufer
"Es ist wie bei einem Staffellauf. Man braucht vier Läufer, um ins Ziel zu kommen, fehlt einer, kann der Stab nicht übergeben werden", sagt Heitman. In diesem Fall stellte sich die Frage: Wer übergibt den Stab? Wird ein Läufer übersprungen, oder gibt es einen Läufer ,den wir noch nicht kennen?

Diese Fragen führten zu Identifizierung von drei neuen G-Protein-Untergruppen: zwei eng verwandte Unterproteine mit den Namen Gpb1 und Gpb2, und ein drittes - das Gpg1.
Ein Gas- und ein Bremspedal
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Gpa2 eine aktivierende, beschleunigende Signalrolle spielt. Es erfüllt die Funktion eines "molekularen Gaspedals", das den Weg des Stoffwechsels beschleunigt.

Auf der anderen Seite üben die beiden Unterproteine Gpb1 und Gpb2 eine hemmende Signalfunktion aus. Sie funktionieren wie eine "molekulare Bremse" zwischen dem Signalaustausch des Gpa2-Proteins und einem bisher noch unbekannten Ziel auf dem Weg des Stoffwechsels.
Konvergente Evolution
Auch das dritte neu entdeckte Unterprotein Gpg1 scheint mit dem Gpa2 Protein zu interagieren. Faszinierenderweise enthalten die Unterproteine Gpb1 und Gpb2 sehr divergierende Sequenzen von Aminosäuren in Schlüsselsektionen ihrer molekularen Struktur, obwohl sie eine ähnliche Funktion ausüben.

Die Entwicklung unterschiedlicher Moleküle zu einer ähnlichen Funktion ist als "konvergente Evolution" bekannt.
Unbegrenzte Möglichkeiten
Allein im menschlichen Gehirn gibt es mehr als 1.000 verschiedene Arten von GPCRs.

Obwohl die Funktionsweise der meisten noch unerforscht ist, zeigt laut Heitman allein die Menge das große Potential an Möglichkeiten, dass die Erforschung der GPCRs und ihrer G-Proteine eröffnet.
->   Howard Hughes Medical Institute
->   Duke University Center of Microbial Pathogenesis
 
 
 
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01.01.2010