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UNO-Bericht: Demokratie nimmt zu - Armut auch  
  Weltweit nimmt die Demokratisierung zu, während die Bekämpfung der Armut vor allem in den Ländern südlich der Sahara Rückschläge erleidet. So lautet der Grundtenor des "Berichts über die menschliche Entwicklung 2002", den das UNDP, das Entwicklungsprogramm der UNO, am Dienstag präsentierte.  
Bei der alljährlichen Reihung der Staaten dieser Erde nach dem Grad ihrer "menschlichen Entwicklung" liegt Österreich diesmal an fünfzehnter Stelle, angeführt wird die Liste von Norwegen. Zusätzlich liefert der Bericht aktuelle Daten und Analysen zum Zustand von Institutionen und Demokratien.
Politik so wichtig wie andere Indikatoren
81 Länder haben in den vergangenen Jahren entscheidende Schritte in Richtung Demokratie unternommen, 33 Militärregimes wurden von zivilen Regierungen abgelöst, in 140 Ländern gibt es heute Wahlen, bei denen mehrere Parteien antreten.

Die Möglichkeit, an politischen Entscheidungen mitwirken zu können, hat einen wesentlichen Einfluss auf die menschliche Entwicklung - darin sieht der UNDP-Repräsentant in Nepal, Henning Karcher, eine zentrale neue Aussage im aktuellen UN-Bericht.

Dies sei "ebenso wichtig wie die anderen Elemente des Indikators, wie Gesundheit, Bildung und Wachstum", so Karcher.
->   Bericht über die menschliche Entwicklung 2002 (UNDP)
Norwegen auf Platz Eins, Österreich auf Platz 15
In dieser Reihung liegt Norwegen an erster Stelle, gefolgt von Schweden und Kanada, Österreich folgt auf Platz 15.

Unter den 53 Nationen mit hoher menschlicher Entwicklung finden sich vor allem Staaten der westlichen Industriegesellschaft, die 36 Länder mit niedriger menschlicher Entwicklung liegen großteils in Afrika südlich der Sahara.
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Der Index
Der einheitliche Maßstab des "Index für menschliche Entwicklung" (HDI) wird aus der Lebenserwartung, der Einschulungsrate und der Alphabetisierung bei Erwachsenen sowie dem Pro-Kopf-Einkommen erstellt. Auf diesem Wege wird jedem Land ein Wert zwischen 0 und 1 zugeordnet (Österreich 2002: 0,926, im Vorjahr: 0,921).

In Österreich lag die durchschnittliche Lebenserwartung im Jahr 2000 nach der aktuellen Statistik bei 78,1 Jahren, die Alphabetisierung bei 99 Prozent. Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner nach Kaufkraftparität betrug 26.765 US-Dollar (26.380 Euro). Angeführt wird die Liste wie schon im vergangenen Jahr von Norwegen mit einem HDI von 0,942 (im Vorjahr: 0,939), gefolgt von Schweden mit 0,941 (im Vorjahr: 0,936), das von Platz 4 auf Platz 2 aufgestiegen ist. Kanada bleibt an dritter Stelle, die USA nehmen nach wie vor den sechsten Rang ein.
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Rahmenbedingungen für die Demokratie
Es gehe aber nicht darum, westliche Demokratien Modell für die ganze Welt stehen zu lassen, meint Henning Karcher, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen, die einen Demokratisierungsprozess möglich machen.

Zu diesen Rahmenbedingungen zählt er "faire und allgemeine Wahlen, das Prinzip der Gewaltenteilung, checks und balances, umgesetzt durch die Existenz von einem Parlament, einer unabhängigen Exekutive, und rechtssprechenden Gewalt. Dann die Rolle von Organisationen der Zivilgesellschaft, die auch eine Überwachungsfunktion ausüben, nicht nur für den Staat, sondern auch für die Privatwirtschaft."
Globale Ungleichheit wird immer grotesker
Insgesamt zeige der Bericht, dass die Welt demokratischer geworden sei, meint Henning Karcher. Gleichzeitig hat aber die globale Ungleichheit "groteskere Formen" angenommen.

Die reichsten fünf Prozent der Weltbevölkerung verdienen 114 mal so viel wie die ärmsten fünf Prozent.
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Armut steigt vor allem in der südlichen Sahara
Die Trends der letzten Jahrzehnte laufen laut Bericht auseinander. In Ost- und Südostasien habe in den Jahren von 1975 bis 2000 ein "beeindruckendes Wachstum" stattgefunden, das das Verhältnis des durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommens in der Region zu jenem in OECD-Ländern von 1:14 auf mehr als 1:6 erhöht habe. Weltweit sank der Anteil der in extremer Armut lebenden Menschen von 29 auf 23 Prozent.

In Afrika sei das Gegenteil passiert. In der südlichen Sahara leben immer mehr Menschen in extremer Armut. Die Zahl der Ärmsten der Armen ist laut Bericht in den 90er Jahren von 242 Millionen auf 300 Millionen Menschen angestiegen. Nach der offiziellen Definiition der OECD gilt als extrem arm, wer mit dem Gegenwert von weniger als einem US-Dollar (0,986 Euro) pro Tag auskommen muss.
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Stärkere Einbindung in internationale Organisationen
In dem Bericht wird eine stärkere Einbindung der Entwicklungsländer in internationale Entscheidungsprozesse und Institutionen gefordert.

Reformbedarf bestehe speziell bei internationalen Organisationen wie bei der Weltbank und beim Internationalen Währungsfonds (IWF). Wie der Bericht ausführt, verfügen einige wenige Länder (USA, Japan, Frankreich, Großbritannien, Saudiarabien, Deutschland und Russland) im IWF über 48 Prozent und in der Weltbank über 46 Prozent der Abstimmungsmacht im Vergleich zum "Rest der Welt".

Dem Argument, dass Reformen Entscheidungsprozesse "schwerfällig" und "unpraktikabel" machen würden, müsse man die "Realitäten einer stärker integrierten Welt" entgegenhalten.

Birgit Dalheimer, Ö1-Wissenschaft
science.ORF.at
->   UNDP
->   Der Bericht im UNO-Verlag
 
 
 
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01.01.2010