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Milton Friedman - Der Vater des Monetarismus wird 90  
  Als Vater des Monetarismus wird der US-Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman je nach politischer Couleur gefeiert oder verdammt. Er wettert bis heute gegen staatliche Geldverschwendung und vertraut auf die Selbstheilungskräfte des Marktes. Ungeachtet der Kritik, sein Laissez-faire-Liberalismus diene nur der Eigensucht der Unternehmer und lasse die Armen verhungern, gehört Friedman zu den einflussreichsten Ökonomen des vergangenen Jahrhunderts. Am Mittwoch (31. Juli) wird Friedman 90 Jahre alt.  
Berater der Mächtigen
Den Zenit seines Einflusses erreichte Friedman in den achtziger Jahren mit zwei glühenden Verehrern an den Schalthebeln der Macht in Washington und London: Präsident Ronald Reagans Wirtschaftsprogramm mit seiner Rückkehr zum marktwirtschaftlichen Liberalismus trug Friedmans Züge. Großbritannien Eiserne Lady Margaret Thatcher erhob den US-Ökonom zur Lichtfigur, als sie auszog, den britischen Sozialstaat gründlich umzukrempeln.
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Monetarismus
Friedman ist Mitbegründer und herausragendster Vertreter des "Monetarismus" - der Lehre, dass mit einer möglichst stetigen Ausweitung der Geldmenge und nicht deren Steuerung über die Zinssätze, dem Verzicht auf staatliche Eingriffe und Vertrauen in die Marktkräfte Konjunktur, Beschäftigung und Preisstabilität am besten gesichert werden.
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Die "Chicagoer Schule"
Friedman entwickelte seine Lehre zusammen mit Gleichgesinnten an der Universität Chicago, wo er von 1946 bis 1976 wirkte - zu einer Zeit, als John Maynard Keynes Rezepte für eine aktive Wirtschaftspolitik des Staates mit gesteuerter Nachfragebelebung die allgemein anerkannte und vorherrschende Richtung waren.

Die Geld- und Kredittheorien der so genannten "Chicagoer Schule" und besonders Friedman standen im Ruf, einen Liberalismus zu propagieren, der der Eigensucht der Unternehmer diene, aber die Armen im Stich lasse. Seine Kritiker sehen in ihm den Vertreter eines mitleidlosen Kapitalismus.
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Keynesianismus
Als "Keynesianismus" wird eine staatliche Wirtschaftspolitik bezeichnet, die darauf ausgerichtet ist, die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen zu beleben und so die Wirtschaft anzukurbeln.

Die theoretische Grundlage lieferte der englische Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes in den 30er Jahren. Keynes ging davon aus, dass die Marktwirtschaft regelmäßig Nachfrageschwankungen erzeugt, die wiederum zu Produktions- und Beschäftigungsschwankungen führen.

Der Markt reguliere sich jedoch nicht selbst, und so komme es zu Wirtschaftskrisen und Massenarbeitslosigkeit. Es sei denn, der Staat greife ein und steuere gegen, indem er in Phasen von Konjunktur- und Beschäftigungskrisen die Nachfrage stärke.
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"Capitalism and Freedom": Abkehr vom staatlichen Einfluss
Das Buch "Capitalism and Freedom" gilt als Friedmans Hauptwerk. In dieser - für die Öffentlichkeit gedachten - Erläuterung seines Konzeptes einer freien Wirtschaft befürwortete er unter anderem folgende radikale marktpolitischen Maßnahmen:

- die Abschaffung von Agrarsubventionen,
- die Beseitigung von Importbeschränkungen und Zöllen,
- den Verzicht auf staatlich garantierte Mindestlöhne,
- die vollständige Privatisierung der gesetzlichen Sozialversicherung,
- den freien Zugang zu allen Berufen
- sowie die Abschaffung der Wehrpflicht.
"A Monetary History": Die Geldmenge zählt
In der in den 1962 erschienenen, 860 Seiten starken Studie "A Monetary History of the United States" konnten Friedman und Co-Autorin Anna Schwartz zeigen, dass die Änderung der Geldmenge einen großen Einfluss auf die Konjunktur hat.

Bis dahin hatte Keynes' Credo "Money doesn't matter" gegolten, demzufolge konjunkturelle Änderungen unabhängig von der zirkulierenden Geldmenge seien.

Friedman und Schwartz kamen hingegen zu dem Ergebnis, dass Rezessionen fast immer eine Geldmengenverknappung vorausgeht. Vor schweren Wirtschaftseinbrüchen habe es immer sehr starke und andauernde Schrumpfungen der Geldmenge gegeben.
"A Theory of Consumption Function": Konsum und Konjunktur
In "A Theory of Consumption Function" aus dem Jahr 1957 meinte Friedman schließlich nachgewiesen zu haben, dass die von Keynes unterstellte eindeutige Beziehung zwischen Konsumausgaben von Haushalten und deren Einkommen nicht existiere. Dadurch könnten staatliche Einkommenstransfers nicht für jene Stimulation von Konsum auslösen, wie es von den Keynesianern angenommen würde.
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Kurzbiografie
Friedmans Eltern waren aus Bessarabien, das damals zu Österreich-Ungarn gehörte, in die USA eingewandert. Die Familie lebte in New York. Als der Vater starb, musste der hoch begabte Schüler im Alter von 15 Jahren arbeiten, um die Familie über Wasser zu halten. Mit einem Stipendium studierte er zunächst Wirtschaftswissenschaften an der Rutgers-Universität, später in Chicago.

Neben zahlreichen Gastprofessuren blieb er der Universität bis 1983 treu. Friedman lebt mit seiner Frau Rose in San Francisco. Die beiden sind seit 1938 verheiratet. Er schreibt und forscht noch immer für das konservative Hoover-Institut und mischt sich in die aktuellen politischen Debatten ein.
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->   Milton Friedman's Homepage
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01.01.2010