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Schweiz: Keine Intensiv-Betreuung für "Frühchen"  
  Kinder, die vor der 24. Schwangerschaftswoche geboren werden, sollen in der Schweiz nicht intensiv-medizinisch behandelt werden, Schmerzlinderung hingegen im Vordergrund stehen - so eine neue Empfehlung.  
Nicht aus Kostensenkungsgründen
Kostensenkungsgründe seien dafür nicht entscheidend gewesen, sagte Hans Ulrich Bucher, der Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Neonatologie, die die Empehlung gemacht hat. Sinn der Richtlinien sei vielmehr, die Praxis in der Schweiz zu vereinheitlichen.
Zum Wohl des Kindes?
Im Zentrum der Schweizerischen Empfehlungen stehe "das Kindeswohl", sagte Bucher. Die Chance, dass ein derart früh geborenes Kind ohne gravierende Schäden davon komme, sei einfach zu gering.

Dass durch die Grenzziehung auch die Kosten gesenkt würden, sei höchstens "ein Nebeneffekt".
Österreich: Individuelle Entscheidung
In Österreich gibt es keine solche Regelung. Hier entscheidet ein interdisziplinäres Team aus Geburtshelfern und Neonatologen gemeinsam mit den Eltern über die bestmögliche Behandlung solcher "Frühchen".

Das sagte Arnold Pollak, Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde und Leiter der Abteilung für Neonatologie, auf Anfrage der APA.
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Andere Länder, andere Sitten
In anderen Ländern gelten andere Maximen. So würden neben Österreich auch in den USA, Deutschland oder Japan Frühgeborene unter 24 Wochen routinemäßig reanimiert und intensiv-medizinisch behandelt.
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Erstmalige Grenzziehung
Mit der Grenzziehung betritt die Schweiz Neuland. Erstmals würden einer Patientengruppe nicht mehr alle medizinischen Leistungen gewährt, die möglich sind, so Bucher.

Die Empfehlungen der Gesellschaft betreffen in der Schweiz von den jährlich 80.000 Neugeborenen rund 100 Kinder. Sie kommen vor der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt.
Schmerzlinderung im Vordergrund
Die vor der 24. Woche Geborenen sollen laut Empfehlungen gar nicht mehr intensiv-medizinisch betreut werden. Bei ihnen stehen palliative Maßnahmen wie etwa die Verabreichung von Morphium zur Schmerzlinderung im Vordergrund.

Bei Babys, die zwischen der 24. und 26. Woche geborenen werden, soll das behandelnde Team mit den Eltern entscheiden, ob die Lebenserhaltung "Sinn macht".
"Kein guter Weg"
"In Österreich gibt es keine zeitliche Grenze", sagte Arnold Pollak. "Wir haben das sehr bewusst nicht gemacht." An eine solche Regelung nach Schwangerschaftswoche oder Gewicht des Frühgeborenen sei auch nicht gedacht. "Das ist in meinen Augen kein guter Weg", so Pollak.
"Die wollen einfach leben"
Jeder einzelne Fall sei "individuell anzusehen", eine Entscheidung müsse mit den Eltern abgesprochen werden. "Oft ist es so, dass Kinder in der 23. oder 24. Woche zur Welt kommen und gar keiner intensiv-medizinischen Behandlung bedürfen. Die wollen einfach leben", sagte Pollak.

Aber auch in Situationen, wo die Entwicklung des Babys nicht gut verlaufen ist, entscheide das Behandlungsteam interdisziplinär und vor allem unter Einbeziehung von Mutter und Vater.

Bisher galt laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ein Kind ab der 28. Woche als lebensfähig. Vor der 24. Woche sprach man von Fehlgeburten.
->   Schweizer Gesellschaft für Neonatologie
->   Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Abteilung Neonatologie, AKH Wien
 
 
 
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01.01.2010