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Streit um computergestützte Klimamodelle  
  Um die Auswirkungen der zur Zeit gemessenen Erderwärmung in der Zukunft zu berechnen, bedarf es computergestützter Klimamodelle. Wie eine derzeit in Deutschland stattfindende Diskussion zeigt, wird deren Glaubwürdigkeit immer wieder angezweifelt. Potsdamer Klimaforscher traten nun zur "Ehrenrettung" der Klimamodelle an.  
Verbesserungsbedarf aufgezeigt
Auslöser für die Diskussion war die Veröffentlichung einer Studie eines deutsch-israelischen Forscherteams in den "Physical Review Letters" vom 8. Juli 2002, an der unter anderem Hans Joachim Schellnhuber, der Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt war.

Darin wurden die sieben international führenden Klimasimulationsmodelle einem statistischen Test unterzogen, der einen Verbesserungsbedarf der Klimamodelle aufzeigt.
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Die Original-Studie von R.B. Govindan et al. ist unter dem Titel "Global Climate Models Violate Scaling of the Observed Atmospheric Variability" am 8. Juli 2002 erschienen.
->   Original-Abstract
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Klimamodell: Einziges Vorhersage-Instrument
In der daraus resultierenden Diskussion in Deutschland ist es nach Ansicht der Potsdamer Forscher "in der Öffentlichkeit zu irrigen Schlussfolgerungen hinsichtlich der allgemeinen Aussagekraft von Modellrechnungen" gekommen.

Um diesen entgegenzutreten, stellen sie nun in einer Aussendung fest, dass "Klimamodelle die einzigen wissenschaftlichen Instrumente sind, mit denen langfristige Vorhersagen der globalen Umweltbedingungen durchgeführt werden können. Insbesondere die künftige Erwärmung unseres Planeten aufgrund der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen lässt sich damit abschätzen."
Neuartiger Härtetest
Die Modelle, so das PIK, haben in vielen Tests ihre Leistungsfähigkeit bewiesen: Sie seien unter anderem in der Lage, historische Entwicklungen der globalen Mitteltemperatur zu rekonstruieren und sogar den Verlauf von El-Nino-Ereignissen zu prognostizieren.

Die bewusste deutsch-israelische Studie hat nun die Modelle einem neuartigen Härtetest unterzogen, der auf einer Gesetzmäßigkeit in der Atmosphärendynamik beruht, die 1998 ebenfalls in den Physical Review Letters von E. Koscielny-Bunde und Kollegen beschrieben worden war (PRL 81, 724).
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"Klima-Gedächtnis" für heiße und kalte Episoden
Dieses Gesetz wurde aus den langjährigen Temperaturaufzeichnungen von über 100 Wetterstationen in aller Welt gewonnen und besagt, dass in der Atmosphäre eine universelle Erhaltungsneigung für Temperaturanomalien vorliegt. Das heißt, das Klima besitzt eine Art Gedächtnis für heiße oder kalte Episoden auf allen Skalen. Erst mit Hilfe fortgeschrittener Methoden der modernen Physik war es möglich, diese Einsicht aus Millionen von Wetterdaten herauszufiltern. Es lag nun nahe, die Modelle hinsichtlich ihrer Fähigkeit, das empirische Gesetz zu reproduzieren, zu überprüfen.
->   Original-Abstract von E. Koscielny-Bunde (PRL 81, 724)
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Ernüchternd, aber kein Anlass für Modell-Revision
Die Testergebnisse sind nach Angaben der Potsdamer eher ernüchternd: Keines der führenden Klimamodelle ahme die Erhaltungsneigung von Temperaturanomalien zufrieden stellend nach.

Deswegen könne jedoch nicht die Rede davon sein, dass die modellbasierten Prognosen über die globale Erwärmung einer generellen Revision unterzogen werden müssten. Der fragliche Test beziehe sich nur auf einen spezifischen Aspekt der Atmosphärendynamik, und die Studie weise lediglich auf die Möglichkeit der Überschätzung extern aufgeprägter Trends (z.B. durch CO2-Emissionen) durch die Modelle hin.
"Beweis der Glaubwürdigkeit"
Hans Joachim Schellnhuber vom PIK: "Hochentwickelte Forschungswerkzeuge - wie die Klimamodelle - werden laufend neuen Leistungstests unterworfen, um nach und nach sämtliche Schwachstellen auszumerzen. Dies ist kein Beweis für die Krise der Klimasimulation, sondern im Gegenteil ein Beleg für ihre Glaubwürdigkeit und Vitalität. Deshalb werden auch die skizzierten Testverfahren weiter verbessert und angewandt werden."
->   Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
->   Physical Review Letters
->   Mehr über Klima in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010