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Reparatur des Nervensystems  
  Frischzellkuren aus dem Knochenmark könnten in Zukunft Schädigungen oder Erkrankungen des zentralen Nervensystems heilen, so eine Studie von Wissenschaftlern der Universität Stanford.  
Kaputte Nervenzellen lassen sich nicht mehr reparieren. Dieses Dogma galt in der Neurobiologie lange Zeit und gilt teilweise bis zum heutigen Tag. Gleichzeitig zeigt sich aber in neueren Untersuchungen immer öfter, dass es auch möglich ist, Nervenzellen nachwachsen oder neu entstehen zu lassen. Stammzellen verschiedener Herkunft sind dafür geeignet.
Stammzellen aus dem Knochenmark
Vor kurzem konnte in Mausversuchen erstmals gezeigt werden, dass Zellen aus dem Knochenmark ins Hirn wandern und sich dort zu Nervenzellen entwickeln können. Zusätzlich sind sie auch imstande, die richtige Funktion zu übernehmen. Das mag bei ungefähr 10.000 verschiedenen möglichen Typen von Nervenzellen, die alle unterschiedliche Funktionen haben, überraschen.
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Hämatopoietische Stammzellen
Im Knochenmark finden sich die Stammzellen ("hämatopoietische Stammzellen"), aus denen sich alle verschiedenen Blutzellen bilden. Neue Forschungsergebnisse, veröffentlicht im Science Magazine (Vol. 290, S. 1775) zeigen jetzt, dass sich diese Zellen unter bestimmten Bedingungen auch zu ganz anderen Zelltypen weiterentwickeln können.
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Als "sensationell" bezeichnet der Regensburger Neurologe Ulrich Bogdahn im ORF-Interview diese Forschungsergebnisse. Für eine klinische Anwendung beim Menschen sei es allerdings noch viel zu früh, noch wisse man viel zu wenig.

"Unser Verständnis davon, was das Einwandern der Zellen ins Hirn steuert und wie sie ihre Funktion übernehmen, ist noch sehr, sehr lückenhaft."
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Neuronale Stammzellen
Für klinische Versuche hält Bogdahn neuronale Stammzellen derzeit am interessantesten. Diese Zellen finden sich bei allen Menschen an den Grenzflächen der Hirnkammern, sie sind schon relativ weit entwickelt.
->   Mehr zu neuronalen Stammzellen
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Embryonale Stammzellen
Embryonale Stammzellen sind die dritte denkbare Zellquelle. Neben den ethischen Problemen sieht Bogdahn zusätzlich aber auch technische: noch ist zuwenig über die Zellentwicklung bekannt.

Im Labor zeige sich zwar, dass sich die Stammzellen zu Nervenzellen entwickeln können, was sie aber im Fall einer Transplantation im Körper tun, ist völlig unbekannt. "Mögliche Abstoßungsreaktionen und die Gefahr, dass die Zellen entarten könnten, sind zu beachten", so Bogdahn.
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Nicht nur Zellkuren denkbar
Das Wissen um die Entwicklung von Nervenzellen könnte aber auch andere neue therapeutische Ansätze ermöglichen. Es müssen nicht unbedingt frische Zellen verwendet werden. Wenn man weiß, wie die Nervenzellentwicklung gesteuert wird, kann man sie in Zukunft vielleicht auch durch neue Substanzen beeinflussen, bzw. den Abbau von Nervenzellen verhindern.
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Klinische Erfolge noch gering
Bei den klinischen Erfolgen mit Zellkuren ist man noch ganz am Anfang. Parkinson-Patienten zum Beispiel wurden Zellen ins Hirn transplantiert.

Die Zellen haben dort auch überlebt und sich in das Nervengewebe integriert - für die Patienten war die Verbesserung bisher allerdings eher bescheiden. Gerade bei dieser Krankheit sind aber vermutlich die ersten tatsächlichen Erfolge zu erwarten.
Patient muss mitarbeiten können
In Zukunft wird der Behandlungserfolg stark von der Mitarbeit des Patienten abhängen, meint Bogdahn. Neurogenerative Erkrankungen, bei denen der Bewegungsapparat, aber nicht der Intellekt betroffen ist, sind daher die besten Kandidaten für die neuen Therapien.

Damit kommen für Ulrich Bogdahn in erster Linie Parkinson, schwere Verläufe Multipler Sklerose, Tumorerkrankungen im Kopf oder auch Chorea Huntington in Frage.

Bei Demenzen, Zum Beispiel Alzheimer, dürfte die Behandlung vorerst schwierig sein: ist die Krankheit weit fortgeschritten, kann man kaum mehr mit einer Kooperation der Patienten rechnen. In einem milderen Stadium andererseits ist die doch recht belastende Behandlung kaum vertretbar, meint Bogdahn.
->   Embryonale Stammzellen zu Nervenreparatur
 
 
 
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01.01.2010