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Genom eines ausgestorbenen Vogels sequenziert  
  Zum ersten Mal ist das mitochondriale Genom eines ausgestorbenen Tieres sequenziert worden. Die Forschungsergebnisse erhellen die Entstehungsgeschichte der Kontinente in der südlichen Hemisphäre.  
Außerdem sind mit dieser längsten bisherigen Sequenzierung "alter" DNA neue Standards gesetzt worden.

Wissenschaftler haben die Lebensmoleküle mehrerer Ur-Tiere untersucht, um die Evolutionsgeschichte dieser flugunfähigen Vögel näher zu beleuchten, so zu lesen in der neuesten Ausgabe von "Nature". Zu diesen Vögeln zählen auch die Strauss-Arten und der Kiwi-Vogel, die in Gegenden südlich des Äquators vorkommen.

Die Arbeiten bestätigen nicht nur die geologischen Belege für das Auseinanderbrechen des einstigen Super-Kontinents Gondwana vor rund 200 Millionen Jahren. Auch für das Klonen ausgestorbener Tierarten sind sie von Konsequenzen.
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Die technischen Schwierigkeiten, mit denen die Forscher zu kämpfen hatten, um Teile dieser alter DNA zu isolieren und zusammenzustellen, deuteten darauf hin, dass es unmöglich sein wird, ausgestorbene Tiere wieder zum Leben zu erwecken. Selbst wenn diese vor nicht allzu langer Zeit noch existiert haben sollten.
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Der Biologe Alan Cooper von der Oxford University und seine Kollegen zerrieben die Knochen zweier Moa-Arten. Den Forschern gelang es dabei, das, was von der DNA in den Mitochondrien noch vorhanden war, aus diesem Pulver zu isolieren. Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle.
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Moa
Moa sind flugunfähige Riesenvögel, dem Vogel Strauss verwandt. Sie lebten in Neuseeland. Da sie höchstwahrscheinlich von den Maori, den Ureinwohnern Neuseelands, für ihre Kochtöpfe gejagt wurden, starben sie vor rund 400 Jahren aus.
->   Mehr zu Moa
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Mt-DNA zur Erforschung der Evolutionsgeschichte
Die mitochondriale DNA - mt-DNA - ist eines der wertvollsten Werkzeuge zur Erforschung der Evolutionsgeschichte. Denn sie mutiert in regelmäßigen Abständen. Das heißt, man kann sie gewissermaßen als "molekulare Uhr" zur Bestimmung der Geschichte einer Gattung/Art/Spezies verwenden.

Die Wissenschaftler "eichten" ihre Uhr, indem sie die mt-DNA mit den Gensequenzen eines anderen ausgestorbenen flugunfähigen Vogels, dem einst in Madagaskar heimischen Elefantenvogel, sowie mit lebenden Tieren wie dem Emu verglichen.
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Elefantenvogel
Der Elefantenvogel wird auf eine Größe von drei Metern und sein Gewicht auf etwa 500 Kilogramm geschätzt. Wissenschaftler vermuten, dass der Vogel erst vor etwa 300 Jahren ausgestorben ist.
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Der Evolution nachgehen
Die Forschungsergebnisse ermöglichen es den Forschern, die gemeinsame Geschichte zu bestimmen sowie den möglichen Zeitraum, in welchem sich die verschiedenen Arten ausdifferenzierten.

Flugunfähige Vögel stellten einen bedeutenden Teil der Fauna auf dem Urkontinent Gondwana dar. Das Muster ihrer Evolutionsgeschichte gibt demzufolge wertvolle Hinweise auf die Reihenfolge, in der die heutigen Kontinente sich voneinander trennten, wobei isolierte Vogelarten zurückblieben.

Die DNA der Moa liefert neue Informationen über Neuseeland, sagte Cooper. "Wir erhalten das interessante Bild einer Insel, die unaufhörlich entzwei bricht und sich wieder zusammenfügt. Das scheint auch erstaunliche Muster der Tierausdifferenzierung verursacht zu haben."
Längste Sequenz eines ausgestorbenen Tiers
Die von Cooper und seinem Team isolierte DNA-Sequenz ist die längste, die je von einem ausgestorbenen Tier erstellt wurde: 17.000 Basenpaare lang. Doch die Arbeit war ein größerer Kampf, denn die DNA war zum Teil schon zerfallen.
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Selten ist die DNA in Fossilien erhalten. Denn unter Einfluss von Hitze oder Säure etwa wird sie leicht abgebaut. Die Knochen der Moa wurden in kühlen Kalksteinhöhlen im Gebirge Neuseelands gefunden. Kalkstein stellt für das herunterrinnende Wasser eine Art Puffer dar, so dass die DNA nicht so arg beschädigt wurde.
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Ausgestorbene Tiere zu neuem Leben klonen?
"Als wir zu einem Abschnitt mit repetitiver DNA kamen, wo ein Großteil des Codes keine momentan benötigte Information speichert, war es extrem schwer, weiter zu sequenzieren. Ein Großteil der Zellgenome der meisten Lebewesen sind "junk"-DNA. Und wenn wir selbst es nicht geschafft haben, durch eine kurze Strecke von nur ungefähr 1.000 Basenpaaren zu kommen, wird sich das für Genome mit Milliarden Basenpaaren als unmöglich erweisen." So Alan Cooper.

Das bedeute, dass es unmöglich sein werde, das komplette Genom eines ausgestorbenen Tiers - wie eines Dinosauriers - zu rekonstruieren und es wieder zu einem lebenden Tier zu klonen.

"Ganz abgesehen von den technischen Schwierigkeiten: Der Lebensraum dieser Tiere ist längst verschwunden. Sie haben keine Eltern, die ihnen richtige Verhaltensweisen beibringen könnten. Außerdem gibt es keine artgerechte Nahrung mehr. Es wird also nicht stattfinden", meint Cooper.

 


John Eyles, Ron Scarlett und Roger Duff machten sich bei der Erforschung ausgestorbener Vögel Neuseelands verdient. In der Mitte Dinornis giganteus aus den Grabungen im Pyramid Valley (1940er Jahre).
Ein zweites Team, die Ornithologen Allan Baker und Oliver Haddrath vom Royal Ontario Museum in Toronto, analysierten zwei Moa-Genera (eines davon ein anderes als das von Cooper) und rekonstruierten zwei mt-DNA-Genome. Ihre Ergebnisse werden in den Proceedings of the Royal Society veröffentlicht.
->   Nature
->   Oxford University
->   Der Zerfall Gondwanas
->   Proceedings of the Royal Society
 
 
 
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01.01.2010