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Linkshänder: "Vergewaltigung des Gehirns"  
  Obwohl Linkshänder nicht mehr als abnormal gelten, werden aus vielen "Lefties" bereits in Kindertagen Pseudo-Rechtshänder, was zu schweren gesundheitlichen Schäden führen kann.  
"Anderssein" oft nicht hat erkannt
Zwar sind die Zeiten, in denen Kinder zwangsweise auf die rechte Hand umschulen mussten, offiziell vorbei. In Elternhaus, Kindergarten oder Schule werden die Probleme, die den Kindern ihr "Anderssein" bereitet, aber oft nicht erkannt.

Und das, obwohl immer mehr engagierte Gruppen, Initiativen und Wissenschafter öffentlich darauf hinweisen. So etwa am internationalen Linkshändertag, der alljährlich am 13. August begangen wird.
Kinder ahmen Rechtshänder nach
"Entscheidend für die Entwicklung der Kinder ist die Phase zwischen dem zweiten und fünften Lebensjahr", berichtet die Linkshänderforscherin Johanna Barbara Sattler, die in München eine Beratungs- und Informationsstelle leitet.

"Die Kleinen beobachten schlicht ihre Umgebung. Sie ahmen Rechtshänder und damit das nach, was sie für richtig halten." Aus Unwissen greifen Eltern oder Erzieher im Kindergarten nicht ein.
Fehlende Förderung
"Vielen Lehrern an Grundschulen geht es ähnlich", bestätigt Thomas Lippmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. "Da gibt es viel Nichtwissen."

Es fehle an methodischen Anleitungen, linkshändige Kinder zu erkennen und gezielt zu fördern, etwa beim Erlernen von Schreib-, Mal- oder Basteltechniken. Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote für Lehrer seien rar gesät.
20 bis 50 Prozent Linkshänder
"Wir sind auf einem langen Weg, mit Linkshändern vernünftig und angemessen umzugehen", meint Lippmann, der selbst Lehrer ist.

"Wenn wir uns offensiver mit dem Thema beschäftigten, würden wir feststellen, dass es viel mehr Linkshänder gibt als angenommen." Unterschiedlichen Expertenschätzungen zufolge sollen es zwischen 20 und sogar 50 Prozent der Bevölkerung sein.
Umlernen bedingt Probleme
"Umgelernte Linkshänder können Gesundheitsprobleme, Konzentrations-, Sprach- oder Gedächtnisstörungen bekommen", erläutert Sattler. Grund: Beim Linkshänder steuert die rechte Gehirnhälfte die Hand, in der linken ist das Sprachzentrum.

Bei Rechtshändern ist das umgekehrt. Umlernen sei daher eine "Vergewaltigung des Gehirns", die den Betroffenen in der Schule wie etwa auch später im Berufsleben viel Kraft koste.
Bessere Ausbildung von Pädagogen
Sattler fordert daher nicht nur eine Verbesserung der Ausbildung von Pädagogen, sondern auch von Ärzten oder Ergotherapeuten. Diese könnten dann besser erkennen, wenn kleine Kinder sich krampfhaft auf rechts orientierten, obwohl sie eigentlich Linkshänder sind.

"Immerhin wird in einer neuen Broschüre der deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstmals auf die Problematik hingewiesen. Das ist wieder ein kleiner Fortschritt." Hilfe bieten auch Linkshänderberatungsstellen, die es hier und da gibt.
Spezialartikel für "Lefties": Von Gitarren bis zu Unterhosen
Ein echter Fortschritt für kleine und große Linkshänder sind auch die vielen Anbieter von Spezialartikeln. Sie verkaufen unter anderem über das Internet Stoppelzieher, Flöten, Gitarren, Geldbörsen, Eisportionierer, Küchenmeser, Computertastaturen, oder Unterhosen mit Eingriff links.

"Viele meiner Kunden sind froh, dass es solche Hilfen gibt", sagt Dietlinde Stübner, die in Wahlitz bei Magdeburg einen solchen Versandhandel betreibt.
Links zum Thema
->   Linkshänderberatungsstelle München
->   www.linkshaenderseite.de
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01.01.2010