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Naturschutz könnte Milliarden einsparen  
  Wenn Umweltschützer vor den Auswirkungen des menschlichen Handelns auf die Natur warnen, argumentieren sie zumeist mit dem Aussterben von Arten, der Verminderung von unberührtem Lebensraum und ähnlichem. Eine neue Studie britischer Forscher bietet nun ökonomische "Schützenhilfe": Weltweit könnten jährlich Milliarden Euro gespart werden, wenn natürliche Ökosysteme nicht in Wirtschaftsräume umgewandelt würden - dabei geht ungefähr die Hälfte ihres Werts verloren.  
Darauf verweist ein internationales Team von Umweltforschern und Wirtschaftswissenschaftlern in der aktuelle Ausgabe von "Science".
Schlüssel-Faktoren Klima, Wasser, Artenerhalt
Andrew Balmford von der Universität Cambridge und Kollegen errechneten den ökonomischen Wert von Naturschutzgebieten nach einem Schlüssel, der auch Faktoren wie Klima, Wasser, Boden- und Artenerhalt mit einbezieht.
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Die Studie ist unter dem Titel "Economic Reasons for Conserving Wild Nature" in der aktuellen Ausgabe von "Science" (Bd. 297, S. 950) erschienen.
->   Original-Artikel (kostenpflichtig)
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4.540 Milliarden Euro durch Naturschutz?
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass ein globales Netzwerk von Naturschutzgebieten der Weltbevölkerung jährlich 4.400 Milliarden Dollar (4.540 Milliarden Euro) mehr an "Waren und Diensten" liefern könnte als das gleiche Land in bebauter, von Menschen kultivierter Form.

Das heißt, dass die Zerstörung natürlicher Lebensräume "ein schlechtes Geschäft" ist - ganz unabhängig von den sozialen, kulturellen und moralischen Nachteilen, so Andrew Balmford und Kollegen.
->   Department of Zoology, Universität Cambridge
Gründe: Gewinnstreben, Unkenntnis
Dass Ökosysteme weltweit dennoch in fast unverminderter Rate zerstört werden, liegt nach Meinung der Experten vor allem an drei Faktoren: dem Streben Einzelner nach schnellem Gewinn, der Unkenntnis über den wahren wirtschaftlichen Wert von Naturschutzräumen und, in einigen Ländern, steuerlichen Anreizen für die Verwandlung von Natur in "Nutzflächen".
Hälfte des Werts eingebüßt
Balmford und sein Team verglichen die Unterschiede zwischen dem ökonomischen Wert intakter Ökosysteme mit jenen von Menschen kultivierten.

Nach der Durchsicht von mehr als 300 Fallstudien blieben nur fünf Beispiele übrig, die ihren Anforderungen an eine ökonomische Vergleichbarkeit stand hielt. An ihnen zeigte sich, dass tropische Wälder, Sümpfe oder Korallenriffe durchschnittlich die Hälfte ihres Wertes einbüßen, wenn sie kommerziell genutzt werden.
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Fünf Beispiele
Als Beispiele dienen den Forschern ein von der Holzindustrie genutzter tropischer Urwald in Malaysia sowie ein Urwald in Kamerun, der Plantagen weichen musste.

Weiterhin gehen sie auf eine Mangrovenlandschaft in Thailand ein, die jetzt Krabbenfischer ernährt, sowie ein für die Landwirtschaft ausgetrocknetes Sumpfgebiet in Kanada und ein für den Fischfang gesprengtes Korallensystem in den Philippinen.
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Lebensraum, Sturmschutz, Kohlenstoffspeicher
In jedem dieser Fälle wäre der Erhalt der Ökosysteme weitaus mehr Wert gewesen als ihr jetziger - oft kurzfristiger - kommerzieller Gewinn. So hätten sie als Lebensraum von Tieren und Pflanzen, die vom Menschen nachhaltig genutzt werden, als Schutz vor Stürmen und Fluten oder auch als Auffangbecken für Kohlenstoff gegen den Klimawandel dienen können.

Viel Geld hätten sie auch eingebracht bei nachhaltiger, also Natur erhaltender, Nutzung und als Urlaubsziel für Touristen, schreiben die Autoren.
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Sportangler und Fischfang
Genügend Beispiele - wie die Insel Merritt an Floridas Cape Canaveral - zeigen, dass Naturschutzgebiete langfristig Gewinne abwerfen können. Die Umgebung von Merritt Island sei wegen der ungewöhnlich großen Fische bei Sportanglern sehr beliebt.

In den Gewässern rund um ein geschütztes Korallengebiet vor der Karibikinsel St. Lucia, das als Soufriere Marine Management Area bekannt ist, stieg der Ertrag des Fischfanges nach Einrichtung des Schutzgebietes deutlich an.
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Vorschläge: Ökosteuern, Direktzahlungen
Um die ökonomische Komponente in Sachen Ökologie zu stärken, zählen die Autoren eine Reihe bereits diskutierter Maßnahmen auf: Ökosteuern, höhere Preise für ausgewiesen ökologische Produkte sowie Kompensationszahlungen an Menschen, die in global bedeutsamen Naturschutzgebieten wohnen und ihre Landschaften nicht verändern.

Letzteres sei zwar umstritten, aber, so Balmford, "es gibt ein wachsendes Gefühl aus Naturschutzgründen direkte Zahlungen zu leisten".
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01.01.2010