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Auch Wespen brauchen ihren Schlaf  
  Bislang war die Erforschung des Phänomens Schlaf fast ausschließlich auf Wirbeltiere beschränkt - und viele Biologen bezweifelten, ob wirbellose Tiere wie Insekten überhaupt schlafen können. Ein US-Biologe hat nun Wespen untersucht - und meint, den geflügelten Insekten diese Fähigkeit nachweisen zu können. Doch eigentliches Ziel seiner Forschungen ist nicht dieser Nachweis, sondern die Frage, warum der Organismus überhaupt Schlafphasen braucht. Denn bis heute konnte dies nicht eindeutig geklärt werden.  
Der Entomologe Barrett Klein von der University of Arizona hat sich in seinen Forschungen der Wespen angenommen, dabei konzentrierte er sich vor allem auf die Gelbe Feldwespe Polistes flavus.

Um zu bestimmen, ob diese Insekten ähnlich wie Säugetiere schlafen, musste er allerdings andere als die "konventionellen Wege" der Schlafforscher gehen.
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Präsentation bei Tagung
Die Ergebnisse seiner Forschungen hat der Wissenschaftler nun bei einer gemeinsamen Tagung der Ecological Society of America und der Society for Ecological Restoration präsentiert.
->   Abstract des Vortrages
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Aspekte des Schlafes
Während bei Säugetieren der Zustand des Schlafes vor allem durch Messungen der Gehirnaktivität mit Hilfe eines Elektroenzephalogramms - kurz EEG - bestimmt wird, funktioniert diese Methode bei Insekten nicht.

Der Insektenkundler Klein machte sich also auf die Suche nach anderen "Aspekten des Schlafes" wie er sie nennt, die sich vom Menschen auf die Wespen umlegen lassen könnten.

Aus der Fachliteratur suchte der Forscher Maßregeln für seine "Schlafdefinition" zusammen: Neben einer spezifischen Körperhaltung war dies etwa das Absinken der Körpertemperatur und eine erhöhte Erregungsreizschwelle.
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Die Schlaf-Aspekte nach Barrett Klein
- Eine artspezifische Körperhaltung: Körper und Fühler in Ruheposition
- Eine generelle Bewegungslosigkeit
- Körpertemperatur: Ein Absinken relativ zur Umgebungstemperatur und verglichen mit aktiven Individuen
- Erhöhte Erregungsreizschwelle: Es ist mehr notwendig, ein schlafendes Insekt aufzuschrecken als ein ruhendes.
- Wenn ein schlafender Organismus gestört wird, so braucht dieser eine Erholungsphase, bevor er zu seinem normalen Rhythmus von Aktivität/Inaktivität zurückkehrt.
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Wespen zeigen Verhaltensweisen von Schläfern
Mit seinen Assistenten überwachte der Wissenschaftler seine Insekten Tag und Nacht - und stellte fest, dass die Wespen all jene Verhaltensweisen zeigten, die er für seine "Schlafdefinition" verwendet hatte.

So sanken etwa sowohl Körper als auch Fühler zu Boden, wenn die Insekten schliefen. Und mithilfe von Infrarotmessungen gelang es Klein nachzuweisen, dass die Körpertemperatur der Insekten um 2,5 Grad abfiel, während sie sich in dieser Ruhehaltung befanden.
Zirkadianer Rhythmus auch bei Wespen?
Wie Klein berichtet, konnte er bei den Wespen auch eine Art zirkadianen Rhythmus feststellen: Demnach folgen die Insekten einem bestimmten geregelten Rhythmus von Aktivität und Inaktivität.

Wurde im Experiment ihre bevorzugte nächtliche Ruhephase gestört, so waren die Auswirkungen auf ihren Organismus deutlich stärker, als bei Störungen von Ruhephasen während des Tages - ähnlich ist dies auch beim Menschen.
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Der Zirkadiane Rhythmus
Tagsperiodische oder zirkadiane Rhythmen haben eine Periodenlänge von etwa 24 Stunden und modulieren die Verhaltensweisen (Aktivität und Inaktivität, Wachheit und Schlaf), sowie die meisten zentralnervösen und physiologischen Körperfunktionen. Die Rhythmik wird genetisch gesteuert und durch den Stoffwechsel umgesetzt. Die Ganggenauigkeit der inneren Uhr muss allerdings durch äußere Signale geregelt werden, wobei der Hell-Dunkel-Rhythmus der stärkste unter ihnen ist.
->   science.ORF.at: Wie die innere Uhr mit dem Körper spricht
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Wozu brauchen wir den Schlaf?
Eigentliches Ziel von Kleins Forschungen ist jedoch die bis heute nicht geklärte Frage nach der Funktion des Schlafs: Warum braucht der Organismus überhaupt Schlafphasen?

Tatsächlich gibt es bislang keine zufriedenstellende, naturwissenschaftlichen Kriterien genügende Antwort. Als gesichert gilt nur, dass der tatsächlich energiesparende Zustand dem Stoffwechsel zur Erholung dient - und dauerhafter Schlafentzug letzlich zum Tod führt.
->   science.ORF.at: Dem Geheimnis des Schlafens auf der Spur (17.5.2002)
Jede Facette enträtseln
Schlaf sei als Phase der Erholung des Körpers, der Gedächtnisbildung, des Lernens und der Energieersparnis definiert worden, so Klein. Wenn eine oder alle dieser Annahmen wahr sind, so muss die Forschung nach Ansicht des Biologen jede Facette des Schlafes enträsteln.

Wie der Biologe meint, könnten Erkenntnisse über Funktion und Ausdruck von Schlaf bei sozialen Insekten wie den von ihm untersuchten Wespen auch neues Wissen zu der Frage bringen, warum der Mensch schlafen muss - "vor allem im Kontext der sozialen Dynamik des Menschen".
->   Ecological Society of America
->   Society for Ecological Restoration
 
 
 
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01.01.2010