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Wiener Geologen warnen vor Gletscherseeausbrüchen  
  Die globale Erwärmung macht sich im Himalaya-Gebiet besonders bemerkbar. Seit den 50er Jahren schmelzen dort die Gletscher und bilden Seen, die jetzt akut auszubrechen drohen. Ein Forschungsteam von der Universität Wien wurde zu Hilfe gerufen, um das Risiko der nahenden Naturkatastrophe abzuschätzen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.  
In Bhutan gibt es nach einer Satellitenstudie mehrere tausend Gletscherseen. Ein Dutzend von ihnen gilt als extrem gefährlich. Denn die Seen werden nur von den Moränen, die die Gletscher aufgeschüttet haben, abgedämmt.

Und sobald diese brechen, ergießen sich schlagartig mehrere Millionen Kubikmeter Wasser ins Tal, sagt Hermann Häusler vom Institut für Geologie der Universität Wien.
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Gletscherseen
Die Seen formen sich aus dem Schmelzwasser von Gletschern. Durch Eis oder Sedimentablagerungen - so genannte Moränen, wird das Wasser normalerweise an seinem Ort gehalten. Diese Ablagerungen entstanden einst, als Gletscher auf dem Weg ins Tal Gestein abschürften, es mitschleppten und in Folge Moränenwälle entstanden. Auch in den Alpen finden sich solche Moränenseen, die ihre Entstehung dem Eis verdanken. Alleine in Nepal und Bhutan gibt es nach Angaben des UN-Umweltprogrammes UNEP 3.929 Gletscher sowie 4.997 Gletscherseen.
->   UNEP Glacial Lake Outburst Flood Monitoring & Warning System
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Krönungskloster gefährdet
"Speziell in Lunana, im Norden Bhutans, sind mehrere Siedlungen unmittelbar betroffen. Mehrere hundert Leute, Vieh sowie die Landwirtschaft sind gefährdet", so Häusler.

"Rund 90 Kilometer flussabwärts befindet sich das berühmteste Kloster dieses kleinen Königreichs - das Krönungskloster. Das wurde beim letzten Ausbruch ganz stark in Mitleidenschaft gezogen."
Österreich: Erfahrung in der Wildbachverbauung
Da Österreich ein ähnlich strukturiertes Hochgebirgsland ist, das viel Erfahrung in der Wildbachverbauung hat, trat Bhutan an die österreichische Entwicklungshilfe heran und bat um Unterstützung.

Die Geologen haben die kritischen Gebiete untersucht und das Risiko abgeschätzt, erläutert Häusler. "Wir haben ein Konzept für ein Dutzend Seen, die zum Teil in den nächsten Jahren erst entstehen werden, ausgearbeitet".

Es sei finanziell und technisch in 4.000 Metern Höhe nicht möglich, jeden See abzusenken oder eine Mauer zu bauen, so der Experte weiter. "Deshalb haben wir ein Landnutzungskonzept angeboten, in dem die maximal möglichen Fluten von uns berechnet wurden."
Planungsinstrument für Bhutan
Das Konzept wurde sehr gut angenommen. "Wir empfehlen darin, welche Bereiche sollten nicht bebaut werden, welche Bereiche sollten geräumt werden flussabwärts, sodass man erstmals ein Planungsinstrument in Bhutan hat - das gibt es bisher noch nicht."

Die Österreichischen Experten hingegen haben viel Erfahrung bei der Erstellung von Gefahrenzonenplänen. Das Wissen, das nun in Bhutan erworben wird, könnte auch bald für die Alpen interessant werden. Denn derzeit bilden sich in Italien schon vergleichbare Gletscherseen.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Institut für Geologie der Universität Wien
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Himalaya: Umweltkatastrophen durch Gletscher-Schmelze? (17.4.02)
 
 
 
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01.01.2010