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Forum Alpbach: Zukunftsmarkt Mediation  
  Mediation - der Versuch, Konflikte mit Hilfe von Vermittlern zu lösen - ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem anerkannten Instrument internationaler Politik geworden. Beim Forum Alpbach wurde Mittwoch Abend über Chancen und Grenzen der Mediation diskutiert.  
Unter Mediation wird im Allgemeinen die Vermittlung in einem Konflikt durch unparteiliche oder allparteiliche Dritte mit dem Ziel der Einigung verstanden.

Der Mediator oder die Mediatorin muss dabei neutral und fair sein, kann diese Neutralität aber vorübergehend verlassen, um Ungleichgewichte zu Lasten einer Partei auszugleichen.
Mediation sucht "Win-win Situationen"
Von einem Gerichtsverfahren unterscheidet sich Mediation vor allem dadurch, dass beide oder alle Konfliktparteien das Ergebnis aushandeln, erläuterte der Deutsche Verfassungsrichter Wolfgang Hoffmann-Riem. Es geht um Optimierung für alle Konfliktparteien und nicht um Maximierung für eine.

Häufig zitiert wird das so genannte Orangenbeispiel: Wenn zwei Parteien Anspruch auf eine Orange erheben, so kann im Gerichtsverfahren letztlich nur eine die Orange bekommen - und zwar die ganze.

Im Mediationsverfahren könnte sich herausstellen, dass eine Partei ohnehin nur den Saft, die andere nur die Schale braucht. Bei dieser Lösung hätten also beide Parteien gewonnen.
Internationale Mediation wird immer bedeutsamer
Vor allem wegen der Zunahme ethnischer Konflikte wird internationale Mediation immer wichtiger - und zwar sowohl bei innerstaatlichen als auch bei zwischenstaatlichen gewaltsamen Auseinandersetzungen, sagt der Grazer Völkerrechtler Wolfgang Benedek.

Dabei wird internationale Mediation zunehmend präventiv, also zur Verhinderung von gewaltsamen Konflikten eingesetzt.
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Vier Ansatzpunkte für Mediation
Benedek nennt vier Bereiche, in denen Mediation ansetzen kann:
- In der Phase des Konfliktaufbaues präventiv. Hier sind zumeist die Konfliktparteien aber noch nicht bereit, überhaupt miteinander zu reden.
- In der Phase der Eskalation eines Konfliktes zu einer bewaffneten Auseinandersetzung, wo durch Mediation zumindest ein Waffenstillstand erreicht werden soll.
- In der Phase der Deeskalation eines Konfliktes wo es vor allem um vertrauensbildende Maßnahmen geht.
- In der Phase der Suche nach einer nachhaltigen Friedenslösung und dem Wiederaufbau normaler Beziehungen.
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Naher Osten: Erfolg und Misserfolg von Mediation
Im Palästina-Konflikt wechselten erfolgreiche Mediationsphasen (Camp David-Abkommen 1978; Oslo-Verhandlungen 1993) mit Rückschlägen (Intifada 1987, die aktuellen Vorgänge) ab.

Letztlich sei es in all den Mediationsversuchen im Nahen Osten jedoch nicht gelungen, das gesamte Umfeld der Verhandler in die erzielten Kompromisse einzubinden. Daher konnten die Gegner der Verhandlungsergebnisse den Konflikt wieder eskalieren lassen, so Benedek.
Mediation ist kein Allheilmittel
Mediation ist immer nur auf einen konkreten Einzelfall anwendbar, es gibt keine Präzedenzfälle, sagen die Experten.

Und wenn es um grundsätzliche Wertkonflikte geht, wenn es übergroße Machtunterschiede zwischen den Konfliktparteien gibt oder wenn eine Partei das Mediationsverfahren nur zum Zeitgewinn benutzt oder zu verschleppen versucht, dann hat Mediation wenig Erfolgschancen.

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
->   Europäisches Forum Alpbach 2002
->   Weitere Artikel zum Forum Alpbach im science.ORF.at-Archiv
->   science.ORF.at: Mediation - Sprechen statt Schießen (17.9.01)
 
 
 
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01.01.2010