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''Minihirn'' als Ersatz für Tierversuche  
  Gefördert vom Wissenschaftsfonds (FWF) entwickelte ein Innsbrucker Neurobiologe durch die Kultivierung von neuronalen Zellkulturen ein alternatives Verfahren für Tierversuche.  
Die Erforschung von Alzheimer - und Parkinsonerkrankungen, die durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn ausgelöst werden, gestalteten sich bislang sehr qualvoll für Versuchstiere: Um mehr über das Entstehen dieser Krankheiten herauszufinden, war es notwendig, Experimente an lebenden Tieren durchzuführen.
Organotypisches Gehirnschnitt-Modell
Dem Innsbrucker Neurobiologe Christian Humpel ist es gemeinsam mit seinem Forschungsteam gelungen, Nervenzellen aus dem Gehirn toter Ratten zu entnehmen, sie außerhalb des Körpers sechs bis acht Wochen am Leben zu erhalten und zu zielgerichtetem Wachstum anzuregen.

Der Leiter des Psychiatrischen Labors der Innsbrucker Universitätsklinik für Psychiatrie, der sich seit 1998 mit dem Forschungsschwerpunkt "Neurodegeneration und Gentherapie" beschäftigt, entwickelte das sogenannte "organotypische Gehirnschnitt-Modell", das den Ersatz von Versuchen an lebenden Tieren weitgehend ermöglicht und dadurch das Leid der Tiere reduziert.
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Die Bilder links zeigen eine mikroskopische Aufnahme eines Gehirnschnittes des Nucleus Basalis von Meynert der Ratte. Dabei wird ein Enzym (Cholinazetyltransferase) mittels Antikörpern immunhistochemisch markiert. Dieses Enzym synthetisiert den Botenstoff Azetylcholin in Nervenzellen im Gehirn. Das erste Bild zeigt einen Gehirnschnitt, der für zwei Wochen inkubiert wurde. Die Zahl der markierten Nervenzellen ist sehr gering (9±2 Neuronen/Gehirnschnitt). Wenn nun diese Kulturen für zwei Wochen mit dem Wachstumsfaktor NGF (Nerve growth factor, 100 ng/ml) inkubiert werden, überleben sehr viel mehr Nervenzellen (94±21 Neuronen/Gehirnschnitt). Die Abb. 3 zeigt eine Vergrößerung des Rahmens in Abb.2. Deutlich erkennt man die Nervenzellkörper und deren Nervenfasern.
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Staatspreis verliehen
Für diese bahnbrechenden Forschungserkenntnisse erhielt der Neurobiologe Humpel am 4. Dezember 2000 in Wien den "Staatspreis zur Förderung von Ersatzmethoden zum Tierversuch" verliehen. Mit dem Preis honoriert das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hervorragende wissenschaftliche Leistungen, deren Zielsetzung der Ersatz oder die Einschränkung und Optimierung von Versuchen an lebenden Tieren ist.
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Das Bild links zeigt zwei Gehirnschnitte in der Kulturschale in enger Verbindung (Co-kulturen). Drei derartige Co-kulturen können auf einer Membran kultiviert werden. Dünne Gehirnschnitte werden auf einer Membran unter geeigneten Bedingungen bis zu acht Wochen am Leben gehalten.
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Minihirn ist im Entstehen
An den kultivierten Gehirnzellen können zahlreiche Moleküle wie beispielsweise Toxine oder Wachstumsfaktoren getestet werden, die das Wachstum und das Überleben von Nervenzellen beeinflussen.

Die Methode erlaubt aber auch die gemeinsame Kultivierung mehrerer Gehirnregionen -bisher gelang dem Neurobiologen Humpel die Kultivierung und interaktive Verbindung von fünf Gehirnregionen. Das Forschungsteam ist derzeit am besten Weg, ein einfaches funktionelles "Minhirn" in der Zellkulturschale zu erzeugen.
->   Psychiatrischen Labor der Innsbrucker Universitätsklinik
->   Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung
 
 
 
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01.01.2010