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Medizinisches Wissen: Der Transfer in die Praxis  
  Gerd Antes von der Universitätsklinik in Freiburg thematisierte bei den Gesundheitsgesprächen in Alpbach am Sonntag die Frage: Wie kommt medizinisches Wissen von der Forschung in die Praxis?  
Wenn ein Arzt alle Artikel zu seinem Fachgebiet auch nur in den zehn wichtigsten Medizinzeitschriften lesen wollte, dann müsste er im Durchschnitt etwa 20 wissenschaftliche Artikel am Tag lesen, sagte Antes. Diese Fülle könne ein Arzt nicht bewältigen, von Patienten ganz zu schweigen.
Die Hälfte der Studien verschwindet
Untersuchungen in den beiden größten medizinwissenschaftlichen Datenbanken im Internet haben laut Antes ergeben, dass fast 50 Prozent der dort publizierten Studien irgendwann einfach verschwinden.
Vieles bleibt unveröffentlicht
Noch weitaus größer sei aber der Anteil jener wissenschaftlichen Studien, von denen überhaupt nie jemand etwas erfährt, sagte Antes. Studien würden abgebrochen oder die Ergebnisse bei negativem Ausgang ¿ etwa bei zu vielen Nebenwirkungen ¿ gar nicht erst veröffentlicht.
Internationale Regeln für medizinische Studien
Es gibt bereits einige Ansätze diese Missstand zu bekämpfen, sagte Antes:

- eine generelle Publikationspflicht für klinische Studien
- systematische und vor allem öffentliche Registrierung von klinischen Studien
- Standardisierung der Berichte von klinischen Studien
- Standardisierung der Reports von Übersichtsarbeiten und Reviews
Wissen veraltert schneller als es publiziert wird
Bis Forschungsergebnisse tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden, vergehen zehn bis 15 Jahre, sagte Antes.

Zugleich beträgt die Halbwertszeit medizinischen Wissens nur mehr vier Jahre: Also alle vier Jahre ist die Hälfte dessen, was man erforscht hat, bereits wieder überholt.

Fazit des Mediziners: Beim Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Theorie in die Praxis gibt es große Defizite. Wie die behoben werden könnten, konnte auch Antes nicht beantworten

Franz Simbürger, Ö1-Wissenschaft
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01.01.2010