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Panikattacken - Wege aus der Angst  
  Für zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung wird Angst im Lauf ihres Lebens einmal zum Problem. Und zwar dann, wenn Angstschübe auftreten, ohne dass ein direkter äußerer Anlass vorliegt. In der Therapie von Panikattacken, also einem Teil der Angsterkrankungen, setzt man wieder verstärkt auf medikamentöse Therapien. Und auf begleitende Psychotherapie.  
Die vielfältigen Facetten der Angst
Am Wiener AKH ist eine eigene Ambulanz auf die Behandlungen von Panikattacken spezialisiert. Sie ist Anlaufstelle für Menschen mit Angststörungen unterschiedlicher Art. "Oft sind es Menschen, die von Ärzten an die Ambulanz überwiesen werden, oft kommen aber Menschen direkt mit ihren Symptomen in die Ambulanz", erläutert der Leiter der Ambulanz, Peter Berger, gegenüber science.ORF.at

Für Berger ist wichtig, die Art der Angststörung zu erheben, denn die Klinik ist auf Panikstörungen im engeren Sinn spezialisiert. "Sehr oft", so Berger, "kommen Patienten mit Depressionen zu uns, wo Angst ein Begleitphänomen der Depression ist, etwa am Morgen, wenn der Patient aufwacht und nicht weiß, wie er den Tag bewältigen soll."

Patienten mit Depressionen, Verfolgungswahn o. ä. werden nicht von der Ambulanz betreut. Im Vordergrund der Spezialambulanz steht die Behandlung von Panikattacken.
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Was sind Panikattacken?
Nach den Forschungskriterien des ICD-10 - des internationalen Diagnoseschemas der Weltgesundheitsorganisation (WHO) - treten bei einer Panikattacke mindestens vier von 14 körperlichen und psychischen Symptomen auf (davon muss eines aus den ersten vier Symptomen der folgenden Liste stammen):

Vegetative Symptome:
Herzrasen, Herzklopfen oder erhöhte Herzfrequenz, Schweißausbrüche, fein- oder grobschlägiges Zittern (Tremor), Mundtrockenheit (nicht als Folge von Medikamenten oder Austrocknung).

Symptome, die den Brustkorb oder den Bauch betreffen: Atembeschwerden, Beklemmungsgefühl, Schmerzen und Missempfindungen in der Brust, Übelkeit oder Missempfindungen im Magen.

Psychische Symptome:
Schwindel, Unsicherheit, Schwäche oder Benommenheit, Entfremdungsgefühl gegenüber der eigenen Person (Depersonalisation) oder Gefühl der Unwirklichkeit der Umwelt (Derealisation), Angst, die Kontrolle zu verlieren, verrückt zu werden oder "auszuflippen", Angst zu sterben (die auftretenden Symptome lösen Todesangst aus).

Allgemeine Symptome:
Hitzegefühle oder Kälteschauer, Gefühllosigkeit oder Kribbelgefühle.
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Ein Symptom kommt selten alleine
"Früher", so Berger, "hat man im Gefolge Freuds die Panikattacken dem Bereich der Neurosen zugeordnet und dabei stärkere Klassifikationen getroffen." Heute spreche man eher ganzheitlich von Panikattacken und achte darauf, welche Symptome jeweils vorherrschten.

"Selten", erklärt Berger, "tritt ja ein Symptom alleine auf. Die Menschen kommen mit Herzrasen; aber in der Diagnose entdeckt man dann einige Folge-Symptome."
Besserung herstellen - das erste Ziel
In der Therapie setzt man in den letzten Jahren wieder verstärkt auf medikamentöse Behandlungen (Serotonin-Aufnahme-Hemmer, etc.), oft gekoppelt mit einer verhaltenstherapeutischen Begleitung.

In einem weiteren Schritt, so Berger, könne man sich dann auch der analytischen Therapie widmen: "Mann soll auf Konflikte eingehen, aber vorher muss man beim Patienten eine Besserung herbeiführen." Und das funktioniere zunächst einmal medikamentös.

"Man muss den Menschen erklären, was ihnen fehlt. Dann versucht man, ihren Zustand zu verbessern. Danach kann man immer noch auf die Aufarbeitung von zurückliegenden Konflikten in einer eigenen Therapie angehen", beschreibt Berger die Haltung der Wiener Ambulanz.

Studien hätten auf jeden Fall gezeigt, dass am Anfang einer Behandlung Patienten, die rein medikamentös behandelt wurden, und jene, bei denen man Medikamente mit einer Psychotherapie verbunden hat, das gleiche Besserungslevel gezeigt hätten.
->   Psychiatrie AKH-Wien
->   Interview mit Peter Berger zum Thema Angst, Gesünder Leben
 
 
 
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01.01.2010