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Was macht das Menschsein aus?  
  Der Traum der Humangenetiker scheint erfüllt: Das menschliche Genom ist entziffert. Damit endet einerseits das Wettrennen zwischen dem Humangenomprojektes (HUGO) und Craig Venters Celera Genomics, andererseits beginnt nun die Diskussion über Bedeutung und Folgen dieses Ereignisses.  
Einmaliges Zusammenspiel
Am 26. Juni 2000 fanden parallel in Berlin, London und Washington Pressekonferenzen zum selben Thema statt - ein in der Wissenschaft ungewöhnlicher Vorgang.

Allerdings wurde der Öffentlichkeit auch eine ungewöhnliche Neuigkeit präsentiert. Es ging um nichts weniger als die Frage: Was macht unser Menschsein aus? Die Diskussion über die Folgen dieses Ereignisses war damit entfacht.
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"Entziffert heißt nicht verstanden"
Die Abfolge der jetzt veröffentlichten 2,7 Milliarden chemischen Bausteine sagt noch nichts über deren Funktion aus. Es ist, als sei ein bedeutsames Manuskript entdeckt worden, das vor Millionen Jahren in einer Sprache geschrieben wurde, die heute niemand versteht: Zwar ist die Entdeckung an sich eine Sensation, aber die Suche nach dem Sinn dieser Informationen beginnt damit erst.
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"Rasse ist kein wissenschaftliches Konzept"
Beachtenswert ist Craig Venters Schluss aus der Tatsache, dass der genetische Code zweier beliebiger Menschen zu 99,99 Prozent identisch ist beziehungsweise sich nur zu einem Zehntausendstel unterscheidet: "Rasse ist kein wissenschaftliches Konzept". Auch Determinismus und Reduktionismus haben laut Celera-Autoren in der Genforschung keine Zukunft.

Die Vorstellung, alle Charakteristika einer Person seien im Genom "fest verdrahtet", sei ebenso verfehlt wie die Annahme, es sei bloß noch eine Frage der Zeit, bis das Verständnis der Funktionen und des Zusammenspiels der Gene eine vollständige kausale Beschreibung der Verschiedenheit von Menschen erlaube.
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Das spezifische Menschliche finden
"Man wird viel deutlicher als bisher sehen, dass wir, die Menschen, das Ergebnis der langen Evolution des Lebens auf der Erde sind. Die Gene von Mensch und Maus unterscheiden sich weniger, als man wünschen und vermuten möchte", so Rolf Knippers, Vorsitzender der Gesellschaft für Genetik, in der Netzeitung. "Und Unterschiede zwischen den Genen von Mensch und Schimpanse muss man schon mit der Lupe suchen. Aber diese Suche wird sich lohnen, denn dabei wird herauskommen, was das eigentlich Menschliche ist, auf das wir so stolz sind."
->   Lesen sie den vollständigen Beitrag von Rolf Knippers in der Netzeitung
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"Wir könnten eine Revolution auslösen"
Francis Collins, Chef des öffentlich geförderten Projekts zur Entschlüsselung des Humangenoms, berichtet in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung über die Chancen und Gefahren der Genom-Entschlüsselung.

"Wir haben eine lange Liste von Botschaften. Viele sind überraschend. Einige erzählen über unsere Evolutionsgeschichte. Andere erzählen davon, wie wir zusammengebaut sind. Wieder andere berichten von der biologischen Landschaft des Genoms, die anders aussieht als erwartet. Manche Botschaften enthüllen grundlegende Erkenntnisse für die Medizin. Und zum ersten Mal haben wir eine Vorstellung davon, wie diese Gebrauchsanleitung des Menschen als Ganzes zu verstehen ist".
->   Lesen Sie das vollständige Interview mit Francis Collins in der Süddeutschen Zeitung online.
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Gläserner Mensch in Reichweite?
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Molekulare Genetik, die an dem internationalen Humangenomprojekt (HGP) beteiligt sind, schätzen, dass in rund 20 bis 30 Jahren jeder Mensch sein Genom sequenzieren lassen und damit umfassende Informationen über seine Erbanlagen erhalten kann. Zudem rechnen die Genforscher in etwa fünf Jahren mit detaillierten Erkenntnissen zur Krebsentstehung. Die konkrete Entwicklung von Medikamenten gegen die tückische Volkskrankheit soll dann noch einmal fünf Jahre dauern. "In 20 Jahren werden Menschen auf Grund der Informationen, die wir heute produzieren, länger und gesünder leben", sagt Hans Lehrach, Leiter der Gensparte des Max-Planck-Instituts.
->   Lesen Sie mehr zur deutschen Beteiligung am HUGO in "Die Welt" online
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"Wir stehen ganz am Anfang"
So bleibt denn auch der Optimismus der Forscher des Deutschen Humangenomprojekts verhalten: "Wir können frühestens in zehn, wenn nicht sogar erst in 20 Jahren mit wirksamen Therapien gegen einige heute unheilbare Erbkrankheiten rechnen", so der Biologe Hans Lehrach vom Berliner Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik.

"Wir stehen ganz am Anfang eines mühevollen Prozesses, der uns zum Verständnis der menschlichen Lebensvorgänge führen wird."
Bislang nur wenige Fehler im "Code" entdeckt
Nur bei wenigen Erbkrankheiten gelang es bisher, den "Fehler" im genetischen Code zu lokalisieren. So ist bekannt, dass bei der Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose drei Buchstaben auf dem Chromosom 7 fehlen.

Bei Krankheiten wie Krebs, die sowohl genetisch als auch durch Umwelteinflüsse bedingt sind, liegen die Dinge noch komplizierter. Sie werden nicht durch ein einzelnes defektes Gen verursacht, sondern durch das Zusammenwirken zahlreicher Gene.

Über die Einwirkungsmöglichkeiten der Biotechnik auf solche Volkskrankheiten gibt es im Augenblick nicht viel mehr als Spekulationen.
Mehr zu den Folgen für die Medizin lesen sie auf science.orf.at
->   Menschliches Genom: Erkenntnisse aus der Entschlüsselung
->   Science Magazine Genom Page
->   Nature Genomic Gateway
->   Human Genome Project Working Draft
->   Celera Genomics
 
 
 
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01.01.2010