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Fälschungen in der Wissenschaft  
  Mit einem unrühmlichen und deshalb wohl vernachlässigten Teil der Wissenschaftsgeschichte beschäftigt sich das Kurpfälzische Museum der Stadt Heidelberg: Den Fälschungen und Irrtümern von Wissenschaftlern.  
Der leidenschaftliche Fossiliensammler
Ein berühmtes Beispiel über Fälschungen in der Biologie geht bis ins 18. Jahrhundert zurück: Es handelt sich um die "Würzburger Lügensteine", Steine, die Fossilien vortäuschten. Hofrat Johann Bartholomäus Beringer beschrieb sie 1725 stolz und detailliert als eigene wissenschaftliche Forschungsergebnisse. Tatsächlich war er jedoch einem Streich seiner Kollegen aufgesessen.
Die lieben Kollegen
Zwei wohlmeinende Professorenkollegen hatten den leidenschaftlichen Fossiliensammler bloßstellen wollen und ihm Fundstücke mit angeblichen Versteinerungen zugespielt.

Der Gelehrte fiel darauf herein - und die Urheber waren nicht mehr zu bremsen. Sie weiteten ihre Streiche aus und ließen Beringer Steine zukommen, die die Sonne, Sterne und sogar Schriftzeichen zeigten. Der Wissenschafter fiel drauf herein und machte sich zum Gespött der ganzen Stadt.
Skurrile Geschichten und Fundstücke
"Beringer war danach als Wissenschaftler natürlich erledigt", sagt Eberhard Schnepf. Der Heidelberger Biologieprofessor und Mitinitiator der Ausstellung bezeichnet sich selbst als "Sammler skurriler Geschichten und Fundstücke aus der Wissenschaft". Schnepf hat auch eigene Exponate zur Ausstellung beigesteuert: 35 großformatige, farbenprächtige Algenbilder in 6000facher Vergrößerung. "Die Farben sind eine Fälschung", sagt der Professor und freut sich. "Sie entstehen allein durch die Einstellung am Mikroskop."
->   Universität Heidelberg
Der Tod im Jodbad (Bild Schalen mit Algen)
 


Zu den Prachtstücken der Ausstellung gehört unter anderem der Algenschrank des Forschers Franz Moewus, der im Sommer 1954 als Fälscher enttarnt wurde. Moewus hatte zwischen 1937 und 1951 am Kaiser-Wilhelm-Institut (später Max-Planck-Institut) mit seinen Untersuchungen zur Sexualität der Algen einen Paradigmenwechsel in der Biologie eingeleitet. Dabei meinet er festgestellt zu haben, dass das Hormon Crocetin für die Beweglichkeit der Algen bei der Paarung verantwortlich ist.

Bei einem wissenschaftlichen Kongress in den USA wollte Moewus endgültig seinen Status als Kapazität in der in der Algenforschung zementiere. Ausgerechnet dort flog der Schwindel auf: Eine Kollegin von Moewus bemerkte, dass die Algenzellen des deutschen Forschers nicht etwa deshalb unbeweglich blieben, weil ihnen das Crocetin fehlte, sondern weil sie in einer tödlichen Jodlösung schwammen.
Alles nur ein Irrtum
Obwohl in flagranti ertappt, stritt Franz Moewus den Betrug ab. In der Wissenschaftsszene konnte er danach nicht mehr Fuß fassen: Verbittert starb der Biologe 1959, hatte er doch stets für sich in Anspruch genommen, einem wissenschaftlichem Irrtum aufgesessen zu sein.

Der Disput um diesen Skandal löste eine langandauernde wissenschaftliche Debatte aus. Immerhin noch 19 90 erschien die bis dato letzte Publikation zu Franz Moewus unter dem Titel "Where the truth lies. Franz Moewus an the origins of molecular biology (Jan Sapp, Cambridge University Press).
->   Fälschungen im Wissenschaftsbetrieb
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Die Ausstellung
Die Ausstellung "Bei Licht betrachtet. Algen in Heidelberg. Forschung - Fälschung - Fotos" ist bis zum 29. April 2001 im Kurpfälzischen Museum Heidelberg, Hauptstr. 97, 69117 Heidelberg, zu sehen.
->   Kurpfälzisches Museum Heidelberg
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01.01.2010