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Bald maßgeschneiderte Antikörper?  
  Wissenschaftler haben nun eine Art zelluläres "Geschoss" entwickelt, das Krebszellen oder mit Viren wie HIV infizierte Zellen gezielt identifizieren und zerstören kann.  
Die "Munition" - die als Antikörper bekannten Proteine des Immunsystems - können im Reagenzglas mittels einer neuen Zelllinie hergestellt werden , die aus normalen und verkrebsten menschlichen weißen Blutkörperzellen abgeleitet ist, so nachzulesen in der Ausgabe vom 13. Februar der Proceedings of the National Academy of Sciences.
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Das Immunsystem wehrt sich
Um sich gegen Viren, Krebszellen und andere Eindringlinge und Fremdkörper zu wehren (die so genannten Antigene), zieht das Immunsystem einige Brigaden von einem riesigen stehenden Heer aus Antikörper-produzierenden Zellen ein, den so genannten B-Zellen. Jede B-Zellen-Brigade produziert eine Art von Antikörper, welche wiederum eine bestimmte Stelle des Eindringlings erkennt und sich dort anbindet. Die Vielfalt der B-Zellen produziert eine Vielfalt an Antikörpern - die polyklonalen Antikörper.
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Monoklonale Antikörper und Hybridoma-Zellen
In der Regel ist das Blut einer infizierten Person oder eines infizierten Tieres mit den diversen Antikörpern wohlausgestattet. 1975 gelang es Forschern, eine neue Art einer Maus-Zelllinie herzustellen, die einen einzigen Antikörpertypus hervorbringt - die so genannten Hybridoma-Zellen. Damit hatten sie ein nützliches Werkzeug zur Identifizierung von Zell-Proteinen gewonnen.

Die Entdeckung dieser so genannten monoklonalen Antikörper waren für die Entwicklung bestimmter diagnostischer Tests in der Medizin von großer Bedeutung.
->   Mehr zu monoklonalen Antikörpern
Hybridoma-Zellen sind im menschlichen Organismus Fremdkörper
Für diese Maus-Antikörper jedoch ist es schwer, die viralen und sonstigen Eindringlinge beim Menschen zu identifizieren und zu zerstören. Denn das menschliche Immunsystem nimmt sie als Fremdkörper wahr. Es kommt bisweilen zu allergischen Reaktionen.

Über zwanzig Jahre lang arbeiteten der Immunologe Abraham Karpas und seine Kollegen von der Cambridge University daran, menschliche Zellen soweit zu bringen, sich auf die Produktion von monoklonalen Antikörpern zu spezialisieren. Es ist schon kompliziert genug, das Mäuse-Hybridoma zu produzieren: Dafür müssen B-Zellen aus der Milz einer immunisierten Maus - die normalerweise in der Nährlösung schon absterben - mit verkrebsten weißen Blutkörperchen verschmolzen werden, den so genannten Myelom-Zellen.

 


Hybridoma-Zellen spezialisieren sich auf einen Antikörper
Doch die menschlichen Myelom-Zellen "wollten sich nicht benehmen", sagte Karpas. Das Team verbrachte drei Jahre damit, die Zellen dazu zu bringen, im Nährmedium schnell zu wachsen und zwar so, dass sie unter den richtigen Bedingungen auch überleben würden.

Die daraus entstandene Myelomlinie erlaubte es den Forschern, neun verschiedene Arten von Hybridoma-Zellen zu züchten, die sich jeweils auf einen bestimmten Antikörper spezialisierten, einschließlich einer, die sich an ein Schlüsselprotein des HI-Virus bindet, berichten die Wissenschaftler.
->   Mehr zu Hybridoma-Zellen
Gezielte Antikörper gegen Krebs und HIV
Mithilfe dieser Methode könnten Wissenschaftler B-Zellen aus Tumorgewebe dazu verwenden, um gezielt Antikörper gegen Krebs herzustellen, sowie B-Zellen von HIV-Überlebenden, um Antikörper zu gewinnen, die den HI-Virus ausspähen und zerstören, sagt Karpas.

"Es handelt sich um eine bedeutende Entwicklung", bewertet der Immunologe Gregory Adams vom Fox Chase Cancer Center in Philadelphia die Methode. Die neue Zellart werde die Entwicklung menschlicher Antikörper insbesondere zu therapeutischen Zwecken einfacher und billiger machen, bestätigt der Immunologe Paul Nelson von der britischen University of Wolverhampton. "Das ist sehr spannend!" betont er.
->   Proceedings of the National Academy of Sciences
->   Cambridge University
->   Fox Chase Cancer Center
->   University of Wolverhampton
 
 
 
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01.01.2010