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Schaltmechanismus für DNA-Reparatur aufgedeckt  
  Mutationen der Erbsubstanz DNA sind eine der Hauptursachen für die Entstehung von Krebs, aber auch für den Alterungsprozess. Körperzellen besitzen allerdings verschiedene Mechanismen, um solche Schäden des Erbgutes zu reparieren. Einen bislang noch unzureichend verstandenen Weg der DNA-Reparatur haben nun Biochemiker untersucht - und einen wichtigen Schaltmechanismus aufgedeckt: Demnach sind ganz spezielle Protein-Verknüpfungen für die Behebung der Schäden notwendig.  
Ihre Entdeckung gelang den Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München an einem so genannten Modellorganismus - der Bäckerhefe, wie sie im aktuellen "Nature" berichten.
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"RAD6-dependent DNA repair"
Der Artikel "RAD6-dependent DNA repair is linked to modification of PCNA by ubiquitin and SUMO" von Carsten Hoege, Boris Pfander, George-Lucian Moldovan, George Pyrowolakis und Stefan Jentsch ist erschienen in "Nature", Bd. 419, Seiten 135-141, vom 12. September 2002.
->   Der Originalartikel in "Nature" (kostenpflichtig)
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Einzeller als Modellorganismen
Um Zell-Mechanismen genauer zu untersuchen, verwenden Wissenschaftler häufig Modellorganismen. Denn grundlegende Prozesse, die in der menschlichen Zelle ablaufen, sind weitgehend identisch mit den Abläufen in Zellen weniger komplexer Organismen. Diese einzelligen Organismen - wie beispielsweise die Bäckerhefe - sind experimentell sehr viel leichter zugänglich.

Den Zellbiologen um Stefan Jentsch vom Max-Planck-Institut für Biochemie ist es nun gelungen, am Modellsystem Bäckerhefe wichtige Details der Reparaturmechanismen bei geschädigter DNA aufzuklären.
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Verschiedene Schädigungen - verschiedene Mechanismen
Der Träger der Erbinformation, die DNA, kann durch unterschiedliche Umwelteinflüsse, wie beispielsweise UV-Licht, geschädigt werden. Diese Schädigungen führen zu Änderungen in der Erbinformation, so genannten Mutationen. Sie sind eine Hauptursache für die Entstehung von Krebs, aber auch für den Alterungsprozess. Da die Art der Schäden sehr unterschiedlich sein kann, besitzt die Zelle auch verschiedene Möglichkeiten, diese Schäden - das heißt die DNA - zu reparieren.
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Reparatur-Protein im Blickpunkt
Die Forscher konzentrierten sich bei ihren Untersuchungen auf ein spezielles Protein mit dem Kürzel PCNA. Es spielt bei der Verdopplung des genetischen Materials - der so genannten DNA-Replikation - und bei der DNA-Reparatur eine wesentliche Rolle.

Das Protein bildet - wie auf der Abbildung unten zu sehen - einen Ring, der die DNA umschließt. Während des Replikationsprozesses fährt es zusammen mit dem für die Verdopplung zuständigen Enzym, der Polymerase, den DNA-Strang ab. Trifft das Duo auf eine Stelle, an der die DNA beschädigt ist, hält es an, um eine Reparatur des Schadens zu ermöglichen.
Weitere Proteine verändern PCNA
Wie das Forscherteam nun herausfand, wird das PCNA-Protein allerdings durch Verknüpfung mit weiteren Proteinen verändert. Diese sind Ubiquitin bzw. das verwandte Protein SUMO.

Wird PCNA mit SUMO verknüpft, so übernimmt es Aufgaben während der DNA-Replikation. Erst die Verknüpfung mit Ubiquitin schaltet dagegen die DNA-Reparatur-Funktion von PCNA an.
Molekularer Umschaltmechanismus
 
Darstellung: M. Groll, MPI für Biochemie

Darstellung des ringförmigen PCNA-Moleküls (gelb), an das drei Ubiquitin-Proteine (rot) geknüpft sind. Rechts im Bild die Verknüpfung im Detail. Diese Modifikation aktiviert die DNA-Reparatur. Darstellung: M. Groll, MPI für Biochemie

Damit hat die Forschergruppe einen wichtigen molekularen Umschaltmechanismus aufgedeckt: PCNA ist quasi ein zellulärer Schutzschalter. Je nachdem mit welchem Molekül er verknüpft wird, schaltet er zwischen verschiedenen Funktionen in der Zelle hin und her.
Weitere Studien zeigen Bedeutung
Dass dieser neu entdeckte Mechanismus große Bedeutung für die Überlebensfähigkeit der Zellen besitzt, ergaben weitere Experimente: Konnte Ubiquitin nicht mehr mit dem PCNA-Protein verknüpft werden, so zeigten sich die Zellen der Bäckerhefe äußerst empfindlich gegenüber UV-Strahlung.

Der von den Wissenschaftlern gefundene Reparaturmechanismus ist beim Menschen identisch - daher hoffen die Forscher nun, mit ihrer Arbeit einen Grundstein für neue Therapie- und Diagnoseformen bei Krebs gelegt zu haben.
->   Max-Planck-Institut für Biochemie
->   Abteilung Molekulare Zellbiologie am Max-Planck-Institut für Biochemie
 
 
 
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01.01.2010