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Österreich: Geschlechtskrankheiten im Steigen  
  Entgegen der landläufigen Meinung sind Geschlechtskrankheiten in Österreich im Steigen begriffen. Der Wissensstand der Bevölkerung um die Vielzahl von Krankheitserregern, die bei ungeschütztem sexuellen Kontakt übertragen werden können, ist zudem erschreckend gering. Dies erklärten Experten im Rahmen des soeben in Wien stattgefundenen 18. Internationalen Kongresses zum Thema sexuell übertragbare Krankheiten (IUSTI Europe 2002).  
Genaugenommen sind sexuell übertragbare Krankheiten im biologischen Sinn einfach Infektionskrankheiten - dennoch haftet ihnen auch im 21. Jahrhundert noch immer der Geruch des Abstoßenden und Peinlichen an.
Fatale Folgen einer "Tabuisierung"
"Diese Tabuisierung kann", so Angelika Stary, Fachärztin für Haut- und Geschlechtserkrankungen in Wien und Leiterin des Ambulatoriums für Pilzinfektionen und andere infektiöse venero-dermatologische Erkrankungen, "allerdings fatale Folgen haben".

Wie die Medizinerin erläutert, beobachten Experten Österreichweit eine Zunahme der "klassischen" Geschlechtserkrankungen - "vor allem von Gonorrhoe, aber auch von Lues", so Angelika Stary.

Zudem seien bei den Gonokokken erschreckend viele Stämme bereits resistent gegen die bisher üblicherweise verschriebenen Antibiotika. "Insgesamt sind aus der Vielzahl sexuell übertragbarer Erkrankungen einige im Vormarsch."
Wenig Wissen über Viruserkrankungen
"Besonders wenig wissen die Österreicherinnen und Österreicher über Viruserkrankungen, die durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen werden können", erklärt die Hautärztin Judith Hutterer.

"So ist z.B. kaum bekannt, dass 30 - 50 Prozent aller Hepatitis B Infektionen durch ungeschützten Geschlechtsverkehr ausgelöst werden. Frauen droht vor allem von den so genannten 'high risk'-Stämmen der Papilloma-Viren (HPV=Humanes Papilloma Virus) Gefahr. Chronische HPV-Infektionen sind für die Entstehung des Zervixkarzinoms oder seiner Vorstufen verantwortlich."
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AIDS: Progressive Schädigung des Immunsystems
Jährlich infizieren sich in Österreich etwa 400 Menschen mit dem HI-Virus. Infolge der Infektion kommt es in den meisten Fällen zu einer progressiven Schädigung des Immunsystems, die in durchschnittlich zehn bis 15 Jahren über kurz oder lang zum Krankheitsbild AIDS führt.

Die Infektion mit dem HI-Virus, erfolgt durch den Austausch von Körperflüssigkeiten. Blut, Samen- oder Scheidenflüssigkeit einer Person müssen in die Blutbahn einer anderen Person gelangen. Andere Körperflüssigkeiten wie Speichel oder Schweiß sind nicht ansteckend. Ungeschützter Geschlechtsverkehr ist der häufigste Übertragungsweg.
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Schutz vor Hepatitis B
Etwa 30 bis 50 Prozent aller Hepatitis-B-Infektionen finden bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr statt. Die Viren führen zu einer akuten Entzündung der Leber, die in zehn Prozent der Fälle in eine unheilbar chronische Infektion übergeht.

Das Hepatitis-B-Virus ist im Übrigen wesentlich infektiöser als das HI-Virus. In seltenen Fällen kann es durch ungeschützten Verkehr auch zu einer Infektion mit Hepatitis A- oder Hepatitis C-Viren kommen.
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Papillomaviren und Krebsentstehung
Humane Papillomaviren, kurz HPV, werden ebenfalls sexuell übertragen. Bei den Papillomaviren handelt es sich um eine Familie mit mehr als 70 bekannten Vertretern. Diese DNA-Viren vermehren sich in den Zellkernen der infizierten Zellen.

Die Papillomaviren erzeugen beim Menschen und bei Tieren meist gutartige, gelegentlich spontan selbstheilende Warzen. Allerdings können auch unangenehme Erkrankungsbilder wie Buschke-Löwenstein-Tumore (riesenhafte, den Genitalbereich zerstörende Wucherungen) aus einer Infektion resultieren.

Darüber hinaus gibt es auch noch so genannte High-Risk - Stämme. Die gefährlichsten Virustypen sind HPV 16 und 18. Sie verändern das genetische Material der Schleimhautzellen des Gebärmutterhalses und sind wahrscheinlich einer der wichtigsten Faktoren für die Entstehung des Gebärmutterhalskrebses.
->   Mehr zu Papillomaviren-Infektionen
Herpes: 40 bis 50 Prozent infiziert
"Kaum weniger gefährlich und noch dazu enorm unangenehm sind Infektionen mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 2", so die Hautärztin Judith Hutterer - Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 verursachen die Fieberblasen im Gesicht.

"Herpes-Viren kommen extrem häufig vor: In Europa sind ca. 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung infiziert - allerdings müssen nicht bei jedem Infizierten Beschwerden auftreten", so die Medizinerin.

Die einzig wirksame Vorbeugung gegen eine Ansteckung mit dem Virus ist die Verwendung von Kondomen. Statistisch gesehen ist jede fünfte erwachsene Mitteleuropäer immer wieder von Herpes-Beschwerden im Geschlechtsbereich betroffen, Männer und Frauen gleich häufig.
Fieber, Hirnhautentzündung, Infektion von Neugeborenen
Zwei bis 20 Tage nach einer Infektion mit Herpes Typ 2 treten gruppiert stehende Bläschen im Genitalbereich auf. Rötungen und Brennen sind die Folge, aber auch hohes Fieber, Lymphknotenschwellungen und eine Hirnhautentzündung können auftreten.

Besonders gefürchtet ist die Infektion des Kindes während der Geburt. Eine Augenentzündung oder ein lebensgefährlicher Befall der Lungen des Neugeborenen sind zu befürchten.

Christoph Leprich und Martina Weigl, Ö1-Radiodoktor

Mehr zum Thema "Geschlechtskrankheiten" können Sie in der Sendung "Der Radiodoktor" am Montag, 16.9.2002 um 14.05 Uhr in Ö1 erfahren.
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->   Mehr zu Herpes-genitalis-Infektionen
 
 
 
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01.01.2010