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Rektoren-Chef Winckler: "Das halten Unis nicht aus"  
  Was wird aus dem von ÖVP und FPÖ beschlossenen Universitätsgesetz 2002? SPÖ und Grüne schlugen vergangene Woche vor, seine Umsetzung zu vertagen und wesentliche Teile der Uni-Reform - etwa die Einführung von Studiengebühren - rückgängig zu machen. Der Vorsitzende der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) und Rektor der Uni Wien, Georg Winckler, hält dem nun entgegen, dass "die Universitäten nicht zum Objekt von Reformen und Gegenreformen gemacht werden dürfen, das halten sie nicht aus". Die Unis bräuchten eine kontinuierliche Entwicklung.  
Ersatz für Abschaffung der Studiengebühren
Wenn man die Abschaffung der Studiengebühren verlange, müsse man auch erklären, wie man den Unis die dadurch entstehende Finanzierungslücke ersetze. Denn laut UG würden die Gebühren bei der jeweiligen Hochschule verbleiben.
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Auch Boku-Rektor gegen Stopp der UG-Umsetzung
Schon am Montag sprach sich der Rektor der Universität für Bodenkultur (Boku), Leopold März, gegen die Aufschiebung der Umsetzung des neuen UG aus. Der Vorschlag, die Studiengebühren wieder abzuschaffen, sollte mit einem Vorschlag verbunden werden, wie die dadurch den Unis entgehenden Budgetanteile kompensiert werden könnten, hieß es in einer Aussendung.
->   Boku
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Bildungsmanifest geplant
Winckler ist in seinem Interview mit der APA "dagegen, punktuell zu agieren" und fordert deshalb eine umfassende Diskussion darüber, wie die Unis zu finanzieren seien und welchen Bildungsauftrag sie haben. Aus diesem Grund bereitet die Rektorenkonferenz ein "Bildungsmanifest" vor, das voraussichtlich im Dezember verabschiedet werden soll.

Darin wollen die Uni-Chefs ihre Vorstellungen dokumentieren, wie es in den nächsten Jahren im tertiären Bildungssektor weiter gehen soll, wie die Unis modernisiert und die Qualität angehoben werden können, der Forschungssektor verändert und die Akademikerquote angehoben werden kann.
Keine Probleme wegen Innenpolitik erwartet
Probleme durch die aktuelle innenpolitische Situation erwartet Winckler nicht. Für die Umsetzung des UG müssten zwar noch fünf Verordnungen erlassen werden, drei davon relativ dringend. Dafür seien aber bereits Vorarbeiten geleistet worden, und er gehe davon aus, dass diese Regelungen zeitgerecht kommen.

Die Verordnung über die Wahl der Gründungskonvente im Herbst ist bereits in Begutachtung, dringend seien noch eine zum Rechnungswesen, in der es etwa um die Frage geht, wie die Unis beim Übertritt in die Autonomie die Eröffnungsbilanz erstellen müssen, und eine über die Frage, welche standardisierten Daten die Universitäten dem Ministerium melden müssen.
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Universitätsgesetz (UG) 2002
Mitte Juli war das Universitätsgesetz (UG) 2002 mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen worden. Durch das UG werden alle österreichischen Universitäten per 1. Jänner 2004 aus der Bundesverwaltung ausgegliedert und zu juristischen Personen des öffentlichen Rechts umgewandelt. Gleichzeitig wird die Mitbestimmung von Studierenden und Assistenten bzw. Dozenten eingeschränkt. Die Unis erhalten dreijährige Globalbudgets mit einer leistungsabhängigen Komponente, schließen mit dem Bildungsministerium Leistungsvereinbarungen ab und werden Arbeitgeber ihres Personals. Die Universitätsleitung besteht künftig aus dem - neu geschaffenen - Universitäts-Rat, dem Rektorat und dem Senat.
->   Mehr zum UG 2002
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Uni-Räte: "Zeitpläne sind einzuhalten"
Auch bei der Bestellung der Uni-Räte durch die Regierung (die von der Regierung entsandten Mitglieder müssen bis spätestens 28. Februar 2003 feststehen, Anm.) rechnet der Rektor nicht mit Problemen, etwa durch eine verzögerte Regierungsbildung. Das Gesetz sei zu vollziehen, der Zeitplan einzuhalten, egal von welcher Regierung. "Außerdem gehe ich ohnedies davon aus, dass es keine Polit-Besetzungen sein werden."
Schwierigkeiten bei Budget 2003
Schwieriger könnte im kommenden Jahr die Finanzsituation der Unis durch den verzögerten Budgetbeschluss werden. Es gebe bereits 2003 zusätzliche Aufwendungen für die UG-Implementierung, "und wir wissen derzeit nicht, wie diese finanziert werden".

Angesichts der bisher zu ihm vorgedrungenen Vorstellungen aus dem Finanzministerium, was budgetär mit dem Bildungsbereich geplant sei, "habe ich den Eindruck, dass das provisorische Budget besser ist als das, was der Finanzminister wollte", sagte Winckler.
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SPÖ-Reaktion auf Winckler-Interview
Die SPÖ bekräftigte den Plan, die Studiengebühren wieder Abschaffen zu wollen, da "ansonsten einer ständigen Erhöhung der Gebühren Tür und Tor geöffnet" würde. Ansonsten wolle man aber die Uni-Reform nicht rückgängig machen. "Wir wollen jedoch die Reform in bestimmten Punkten überdenken und die Bedenken der Betroffenen ernst nehmen", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl in einer Aussendung.
->   SPÖ
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Uni Wien: Wahl der Konventmitglieder im November
An der Uni Wien ist man bereits voll bei der Umsetzung des Universitätsgesetzes (UG) 2002. Derzeit werde die Wahl des Gründungskonvents vorbereitet, der im kommenden Jahr die entscheidenden Weichenstellungen für die Implementierung des Gesetzes vornimmt.

Die Wahl der Konvent-Mitglieder sei voraussichtlich am 12. oder 13. November, die konstituierende Sitzung des Organs am 28. November. Intensiv beschäftige man sich auch mit dem Aufbau eines neuen Rechnungswesens und der Frage, welche externe Beratung man etwa für die Erstellung der Eröffnungsbilanz benötige, betonte Georg Winckler.
Gründungskonvent: "Organ aus den besten Köpfen ...,
Da der Gründungskonvent Personalentscheidungen von langfristiger Bedeutung treffe - er bestimmt die von der Uni entsendeten Mitglieder des Uni-Rats und erstellt den Dreier-Vorschlag für die Rektorswahl -, hofft Winckler, dass das Organ "aus den besten Köpfen der Universität besteht".

Er selbst könne nicht für den Konvent kandidieren, da Rektoren, Vizerektoren sowie die Dekane und Vizedekane der medizinischen Fakultäten passiv nicht wahlberechtigt seien.
... die international ausgewiesen sind"
Über mögliche Kandidaten für die von der Uni zu bestellenden Uni-Räte mache er, Winckler, sich keine Gedanken. Als Anforderungsprofil nennt er aber "international ausgewiesene Personen" aus Wissenschaft, Kultur oder Wirtschaft, bei der Auswahl solle es nicht zu "Parteipolitik oder Provinzialisierung" kommen. Die Bestellung selbst sei aber Sache der nach UG 2002 bestellten neuen Organe und nicht mehr seine, so Winckler.
Drei Lösungsmodelle für Medizin-Ausgliederung
Mit dem UG wird die medizinische Fakultät aus der Uni Wien herausgelöst und in eine eigenständige Universität umgewandelt. Auch für diese Trennung gebe es schon eine Reihe von Vorbereitungen, wobei es etwa um die Vermögensaufteilung oder die Frage gehe, wer welche Verwaltungsarbeiten mache, sagte Winckler.

Der Rektor sieht drei Lösungsmöglichkeiten für die Aufteilung: gemeinsame Tochtergesellschaften, die Teilung von Abteilungen und Kooperationsverträge. So hielte er es für sinnvoll, für die gemeinsamen Einrichtungen der Gesamtuni und der Medizin-Fakultät in der Dr. Bohrgasse (Biozentrum, Anm.) eine Betriebsführungsgesellschaft einzurichten. Bei Gebäuden und Technik wären wiederum Kooperationsverträge sinnvoll, die Personalabteilung werde wahrscheinlich getrennt.
Genaue Untersuchung von Leistung und Kosten
Worauf Winckler größten Wert bei der Trennung legt, ist eine genaue Untersuchung der Leistungs- und Kostenstrukturen in der Verwaltung vor einer Entscheidung.

Es sei nicht möglich, mit einem groben Aufteilungsschlüssel über Abteilungen hinwegzufahren. Die bisherigen Gespräche mit den Medizinern seien aber harmonisch gewesen, auch wenn klar sei, dass unterschiedliche Interessenstandpunkte vorliegen.
ÖH-Kritik an Winckler-Interview
In einer ersten Reaktion auf das Interview von Georg Winckler spricht die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) von "totaler Blauäugigkeit und Realitätsverweigerung" des Rekoren-Chefs. Anstatt die "Chance für eine Revidierung sachlich unrichtiger Entscheidungen zu nutzen und sich für eine Aussetzung der Implementierung des Universitätsgesetzes einzusetzen", beharre Winckler auf "die Umsetzung der verfassungsrechtlich und demokratiepolitisch bedenklichen Reform", so die ÖH in einer Aussendung.
->   Österreichische HochschülerInnenschaft
->   Universität Wien
->   Dokumente zur Universitätenreform (Bildungsministerium)
->   Bildungsministerium
->   Österreichische Rektorenkonferenz
->   science.ORF.at-Archiv zur Uni-Reform
 
 
 
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01.01.2010