News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Erster Freilandversuch mit Gentech-Insekten  
  Der erste Freilandversuch mit gentechnisch manipulierten Insekten soll diesen Sommer in den USA starten.  
Der Motte des afroasiatischen Baumwollkapselwurms (Helicoverpa armeriga) soll ein vererbbares, tödliches Gen eingepflanzt werden. Ziel des Experiments ist es, den Baumwollschädling in den USA auszurotten, berichtete BBC online.
...


Der Schaden, den ein Baumwollkapselwurm anrichtet
Der afroasiatische Baumwollkapselwurm
Der afroasiatische Baumwollkapselwurm gehört zu den schlimmsten Schädlingen im Baumwollanbau in den amerikanischen Südstaaten. Vermutlich wurde er in den 20er Jahren mit Baumwollsendungen aus Indien eingeschleppt. Dem Schädling ist schwer beizukommen. Bis auf Kalifornien sind alle Versuche, das Insekt auszulöschen, erfolglos geblieben. Die winzigen hellen Raupen graben sich mit ihren dunkelbraunen Köpfen in die Baumwollkapseln ein und vernichten damit die Ernten. Sie wachsen sich zu grau-braunen Motten aus.
->   Mehr zum Baumwollkapselwurm
...
Der Freilandversuch
3.600 Motten sollen in einem sieben Meter langen Käfig auf einem Baumwollfeld in Arizona freigelassen werden. Das Testfeld ist von kommerziellen Baumwollfeldern weit entfernt.

Das Risiko, dass diese gentechnisch modifizierten Motten ausbrechen, sei minimal, behaupten die Wissenschaftler. Die Insekten seien als Vorsichtsmaßnahme darüber hinaus sterilisiert worden.
...
Der Entomologe Thomas Miller von der University of California sagte: "Es ist sehr wichtig, dass die Öffentlichkeit versteht, was wir tun und warum. Der Baumwollkapselwurm hat sehr viel Schaden angerichtet. Zwei Dinge sollte man verstehen: Erstens werden wir nur sterilisierte Insekten freilassen. Selbst wenn sie aus dem Käfig ausbrechen sollten, können sie sich nicht weiter vermehren. Und zweitens werden sie sich in Feldkäfigen befinden. Die Menschen, die damit arbeiten, verfügen über jahrelange Erfahrung."
...
Grüne Raupen unter fluoreszierendem Licht
In einem ersten Schritt wurden die Motten mit dem Gen einer Qualle versehen. Die manipulierten Motten enthalten einen genetischen Marker, ein grün fluoreszierendes Protein (GFP), das von der Qualle stammt. Dieses führt dazu, dass Raupen, die das Gen geerbt haben, unter fluoreszierendem Licht grün aufscheinen.

In einem zweiten Schritt soll den Motten ein Gen eingepflanzt werden, durch das sie sterben.

 


Die Freilandversuche könnten den Weg bahnen für einen ersten Versuch, Schädlinge zu bekämpfen, indem im Labor genetisch modifizierte Stämme in die Natur freigelassen werden.

Allerdings haben die amerikanischen Behörden die Freilandversuche noch nicht genehmigt. Miller gibt sich jedoch optimistisch, dass das grüne Licht dazu in den nächsten Wochen kommen werde.
...
Ähnliche Versuche gibt es schon mit Moskitos, die Krankheitserreger übertragen. So haben z.B. amerikanische und taiwanesische Wissenschaftler Stechmücken, die das Gelbfieber übertragen, so modifiziert, dass sie ein hochwirksames antibakterielles Protein produzieren. Damit ist dann deren Fähigkeit zur Krankheitsübertragung eingeschränkt. Wenn derartige Insekten je in der Natur freigelassen werden, könnten sie die infizierten natürlichen Stämme nach und nach verdrängen und so einen Beitrag zur Bekämpfung der Krankheit leisten.
...
Neben Insekten sind einige andere genmanipulierte Tiere in der Erprobung. Ob ein schnell wachsender gentechnisch veränderter Lachs demnächst in Amerika auf den Tisch kommen soll, darüber wird in der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA derzeit debattiert. Man vermutet, dass genetisch veränderter Karpfen in China schon kommerziell vertrieben wird.

 


Die Larve
Ökologische Risiken schwer abschätzbar
Christian Stauffer, Professor am Institut für Forstentomologie der Universität für Bodenkultur Wien, sieht das Experiment kritisch.

Zwar werde lange schon über die Freisetzung gentechnisch modifizierter Insekten in der USA spekuliert, doch seien die ökologischen Risken bei Insekten sehr schwer abschätzbar, auch wenn hier nur mit einem neutralem Markergen gearbeitet wird.
...
Es ist noch wenig über die Technik der Insektentransformation mittels Transposons (springende Gene) bekannt. Diese kommen in den meisten Insekten vor. Man weiß noch wenig darüber, in welcher Interaktion diese mit der Umwelt, insbesondere mit Insektenpathogenen und Insektenendosymbionten, stehen. Auch im Hinblick auf die Umwelt sei nicht klar, wie die natürlichen Gegner des Insekts reagieren würden.
...
Stauffer ist der Meinung, die Entwicklung gehe zu rasch. Es bedürfe noch einiger weiterer genetischer und vor allem ökologischer Grundlagenversuche im geschlossenem System (Labor) mit gentechnisch modifizierten Insekten, ehe ein solcher Freilandversuch vertretbar sei.
->   BBC
->   University of California, Institut für Entomologie
->   Institut für Forstentomologie, Boku
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010