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HIV-Entdecker: Erste Resultate von Impfstoff bis 2004  
  Die effektivste Behandlungsmethode von AIDS ist nach wie die so genannte Kombinationstherapie. Sie könnte schon bald von neuen Therapien abgelöst werden - und auch mit dem langgesuchten Impfstoff ist zu rechnen. Bis 2004 sollten die ersten klinischen Testresultate des neuen Vakzins vorliegen, meinte der HI-Virus-Co-Entdecker Robert C. Gallo am Dienstag in Wien.  
"Die Welt steht (in Sachen Aids, Anm.) in vielen Regionen in Flammen. Die Seuche entwickelt sich weiterhin dynamisch. Die Situation wird zum Teil immer schlimmer", so Gallo anlässlich eines Vortrags an der Veterinärmedizinischen Universität.
Fusions-Hemmern gehört Zukunft
Bild: APA
Robert C. Gallo
Die Hauptproblematik der gängigen Therapieformen: Das Auftauchen resistenter Virus-Varianten, die für die Medikamente unempfindlich sind. Der US-Wissenschaftler, der jetzt das Institut für Virologie an der Universität von Maryland leitet: "Ärzte berichten, dass bei den Patienten nach einiger Zeit bis zu 50 Prozent Fehlschläge bei der Therapie auftreten. Das sind die Resistenzen. Ich persönlich glaube, dass die wirksamen Protease-Hemmer in den nächsten Jahren in der Therapie von den Fusions-Hemmern abgelöst werden dürften."

Derzeit steht die Aids-Therapie vor der Einführung der ersten Arzneimittel der letzteren Gruppe in die Praxis. Diese Medikamente verhindern das Eindringen von HIV in Zellen.
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Fusionshemmer T-20
Seit Mitte der neunziger Jahre wird die Kombinationstherapie unter zusätzlicher Verwendung von Protease-Hemmern, welche das Virus-Enzym HI-Protease blockieren, zur Behandlung von Aids eingesetzt. Für Patienten, bei denen diese Therapien nicht mehr wirken, soll in wenigen Wochen auch in Österreich der "Fusionshemmer" Enfuvirtid (T-20) an Kliniken zur Verfügung stehen. Das Mittel ist noch nicht offiziell zugelassen und wird im Rahmen eines speziellen Programms abgegeben, erklärte vor kurzem Norbert Vetter vom Otto-Wagner-Spital in Wien.
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T-20: Neuer Wirkstoff gegen Aids
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Neuer Impfstoff entwickelt - Resultate 2004
Optimistischer als noch vor einiger Zeit sieht der Aids-Virus-Entdecker die Situation bei der Entwicklung von schützenden Vakzinen gegen HIV: "Noch vor gar nicht so langer Zeit hätte ich bei Fragen nach einem solchen Vakzin versucht, möglichst schnell bei der Tür rauszukommen."

Die Situation hat sich offenbar gewendet: "Doch jetzt bin ich optimistischer. Wissenschaftler an meinem Institut haben ein Kandidat-Vakzin entwickelt, das bei drei Tierarten bereits eine gegen mehrere Aids-Virus-Arten wirkende schützende Immunantwort erzeugt hat. Wir haben allen Grund zur Hoffnung, dass das auch beim Menschen funktionieren könnte. Ich denke, im Jahr 2004 könnten wir die ersten Resultate sehen."
Vakzin-Entwicklung seit 1984
Ab 1984 hatten zahlreiche Wissenschaftlergruppen versucht, Aids-Vakzine zu entwickeln. Gallo: "Leider ging das schief. Abgetötete HI-Viren als Antigene waren zu schwach immunologisch wirksam. Dann kamen die Vakzine aus den Hüllproteinen von HIV. Doch die neutralisierenden Antikörper, die dabei im Organismus entstanden, wirkten nur gegen einzelne Virus-Varianten."

Dann kamen Versuche, per Aids-Vakzin die Produktion von Killerzellen zu provozieren, welche im Körper infizierte Zellen abtöten sollten. Der US-Wissenschafter: "Man dachte, dass man damit zwar nicht eine Infektion, aber das Ausbrechen der Aids-Erkrankung verhindern könnte." Doch auch das lief schief.
Weitere Entwicklung von Kandidat-Impfstoffen
Gallo: "Wir haben an meinem Institut an der Entwicklung von Kandidat-Impfstoffen festgehalten, welche zu einem Schutz durch HIV-neutralisierende Antikörper führen sollen. Dabei kam uns die genauere Kenntnis der Vorgänge beim Eindringen von HIV in Zellen zugute."

Der Trick: Die Aids-Viren docken zunächst mit ihrem Oberflächenprotein GP 120 an den CD4-Rezeptoren der Zellen an. Doch danach verändert sich das GP 120 in seiner dreidimensionalen Struktur und sucht sich einen Co-Rezeptor. Erst nach Kontakt mit diesem (z.B. CCR5) kommt es zum Eindringen von HIV in die Zelle.
GP 120-Antigen zur Produktion von Antikörpern
Der Wissenschaftler: "Wir gingen von der Hypothese aus, dass uns das 'Biest' in diesem Moment seinen Bauch ungeschützt zeigt und haben ein Vakzin entwickelt, das die Bildung von Antikörpern gegen genau diese Struktur bewirkt." Das Antigen besteht aus GP 120 Proteinen samt speziell angehängten CD4-Rezeptoren.

Letzteres soll noch durch künstlich hergestellte Strukturen ersetzt werden. Bei Immunisierten soll durch die Gabe solcher Antigene die Produktion von Antikörpern in Schwung kommen, die ganz gezielt eine mögliche Infektion von Zellen durch HIV blockieren.
Sicherheitsstudien stehen noch aus
Gallo: "Natürlich müssen wir erst alle Sicherheitsstudien etc. (beim Menschen, Anm.) durchführen. Doch wir werden um Weihnachten bereits die Ergebnisse aus unseren Versuchen an Affen haben."
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->   Ursache für Aids-Immunität entdeckt?
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UNO: Immer mehr, immer jüngere HIV-Neuinfizierte
Laut dem aktuellen, im Juli 2002 erschienenen Bericht des UNO-Programms gegen Aids (UNAIDS) haben junge Menschen das größte Risiko, sich mit dem HI-Virus anzustecken. Heute sind weltweit fast die Hälfte aller Neuinfizierten zwischen 15 und 24 Jahre alt. Beinahe zwölf Millionen junger Leute leben mit HIV, jeden Tag infizieren sich 6.000 Jugendliche. Eine weitere Voraussage des neuen UN-Reports erscheint besonders dramatisch: Bis zu 68 Millionen Menschen werden in den nächsten 20 Jahren an Aids sterben.
->   Mehr über den jüngsten UNAIDS-Bericht
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Vakzin gegen Schwangere-Kind-Übertragung
Eine Zusammenarbeit gibt es mittlerweile auch mit dem französischen Co-Entdecker von HIV, Luc Montagnier: Für Westafrika wird ein therapeutisches Vakzin entwickelt, das die Übertragung von HIV von Schwangeren auf deren Kinder verhindern soll.

Der US-Forscher: "Wir verwenden dabei BCG (TBC-Impfstoff, Anm.) und verschiedene Teile von HIV-Proteinen, die in den Viren aus der Region vorkommen. Zusätzlich zu der Impfung zum Ende der Schwangerschaft sollen die Frauen auch noch das Aids-Medikament Nevirapin bekommen. Hier geht es allerdings ausschließlich um die Verhinderung der Übertragung von Aids von der Mutter auf das Kind. Hier sollten wir mehr tun. In Afrika ist das ein riesiges Problem."
->   Institut für Humanvirologie in Baltimore
 
 
 
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01.01.2010