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Die globalisierungskritischen Bewegungen  
  Die Geschichte der Anti-Globalisierungsbewegungen zwischen Ausschreitungen und konstruktiven Diskursen haben Irene Zavarsky und Andreas Pavlic in einem Resumee nachzuzeichnen versucht. Nachzulesen im Uni-Portal "www.mnemopol.net", das science.ORF.at in einer Rezension vorstellt.  
Eitel Wonne oder GladiatorInnenkämpfe?
Rezensiert von Oliver Gingrich

Dass globalisierungskritische Bewegungen diverse, höchst unterschiedliche Positionen vertreten, ein Panoptikum einer lose zusammengewürfelten Gemeinschaft darstellen, ist kein Geheimnis.

Steitigkeiten in einer Wahlheimat, die vor allem durch einen diffusen, zunächst negativ oszillierenden Oberbegriff der "Globalisierungsgegner" vorgeformt wird, werden zudem nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgefochten.

Sei es dank tendenziöser oder realitätsnaher Berichterstattung, aus Porto Allegre's World Social Forum II drangen jedenfalls vor allem hitzige Gefechte über den Atlantik - kein Wunder bei 5.000 teilnehmenden Organisationen und bis zu 50.000 IndividualistInnen.
Globalisierung "von unten"
Entgegen aller Unkenrufe der heillosen Zerstrittenheit wird Streitkultur hier in diesem Nationen umspannenden Diskurs als konstruktives Element begriffen. Dass bei der "Bewegung der Globalisierung von unten" eine einheitliche Ideologie zu suchen an Albernheit grenzt, konstatierte schon Maria Mies im gleichnamigen Buch.
Eine Bewegung - viele Strömungen
Nach Kategorien der ReformistInnen und RevolutionärInnen, NationalistInnen und AntinationalistInnen lässt sich die Bewegung unterteilen, ohne dass eindeutige Bruchlinien an Organisationsgrenzen elegant feststellbar wären. Wie also lässt sich das Ideen- und Vorgangskuddelmuddel anders als figurativ mit einem Spagat erklären?
Pfade neben dem Dritten Weg
Der sozialwissenschaftliche Ansatz der Phänomenerklärung sucht nach globalen Entwicklungssträngen, die hier im Aufwallen und einer ersten Eskalation in Seattle 1999 mündeten.

Als ein Element der Bewegung wird eine vorangehende Lähmung linker Ideen in den frühen 90er Jahren herausgefiltert. Centro Sociale in Italien oder das BUKO in Deutschland verharrten zunächst gegenüber den Begleiterscheinungen des Neoliberalismus.
Linke Vordenker
Ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre wurde dieser zudem von linken Vordenkern und phasenweise sozialdemokratischen Regierungen beinahe in ganz Europa mitgetragen - verstärkt, nachdem 1996 Anthony Giddens den dritten Weg postulierte.

Andere Pfade schlugen zunächst die Guillocheure einer neuen Linie als Vordenker ein: Pierre Bourdieu, später Naomi Klein und Ulrich Brand, höchst unterschiedlichen Ärger formulierend.
1999 - Kulminationsjahr im Lärm
Die WTO-Gründung 1995 mag Gegner auf den Plan gerufen haben, das MAI 1998 (Multilateral Agreement on Investment) war der Tropfen zu viel.

In Seattle war das Fass individueller weltwirtschaftlicher Geduldsschwellen vieler bereits übergelaufen - eine Welle, die in Genua traurige Geschichte schrieb.
Internationaler Aufruhr
Das MAI wurde bis April 1998 unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der OECD verhandelt.

Unabschätzbare Folgen für die Beziehung zwischen Konzernen und Politik verursachte internationaler Aufruhr quer durch alle Nationen und politischen Lager - bis die diplomatischen Verhandlungen im Oktober des Jahres abgebrochen wurden.

Am 30. November 1999 war es dann gleich ein ganzer Gipfel, der der WTO, dessen Abbruch erzwungen wurde; diesmal nicht mehr von Politikern, sondern von 100.000 BürgerInnen aus aller Welt.
"Summit-Hopping" - Gewaltgipfel und Gegengipfel
Der IWF-Gipfel in Prag im September 2000, kurz nach Inauguration des Deutschen Horst Köhlers zum IWF-Chef, führte zur Evakuierung von 20.000 Stadtbewohnern mit dem Pech, in der Nähe des Kongresszentrums zu wohnen, hinterließ demolierte Straßenzüge, andererseits schwere Übergriffe seitens der Exekutive.

Ähnliches Aufeinanderprallen am EU-Gipfel in Göteborg, (14-16. Juni 2001). Als es bei den Kioto-Nachverhandlungen am Petersberg bei Bonn schien, als wäre Demonstrationskultur wieder Normalität der Demokratie, wurde in Genua wenig später mit Carlo Giuliani das Gegenteil bewiesen.
Diskurse statt Ausschreitungen
Dass Antiglobalisierungsgeschichte nicht nur eine der Ausschreitungen, sondern seit Gründung des World Social Forums 2001 auch eine der gepflegten Diskurse im konstruktiven Widerstreit sind, schildern Irene Zavarsky und Andreas Pavlic mit subjektiven Erfahrungen - nachzulesen auf "www.mnemopol.net."
->   Die Arbeit auf www.mnemopol.net
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Die Autoren
Andreas Pavlic, geboren 7.12.1974 in Innsbruck, begann nach den schulischen Wirren 1989 eine Lehre als Speditionskaufmann. Nachdem er diese abschloss, begann er parallel zur Arbeit mit der Abendschule. Ab 2000 studierte er schließlich Politikwissenschaft, mit der persönlichen Schwerpunktsetzung der politischen Theorie oder politischen Philosophie.

Irene Zavarsky, geboren 1978 in Steyr, Oberösterreich. Nach geruhsam verlaufener Schulzeit in der Volksschule Weyer und anschließend im Bundesrealgymnasium Waidhofen/Ybbs, überzuckert mit Aktivitäten für die Katholische Jugend Weyer, schließlich 1997 der Beginn des Studiums der Politikwissenschaften und Frauenforschung an der Universität Wien mit gleichzeitigem Eintritt in den Kommunistischen StudentInnenverband (1997-2002). Nach einem einjährigem Intermezzo als Mitglied des Vorsitzendenteams der Bundesvertretung der ÖH (2001-2002) nunmehr Mitarbeiterin im Referat für Internationale Angelegenheiten der ÖH.
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01.01.2010