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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Smog über dem Mittelmeer  
  Wissenschaftler vermuten schon seit längerer Zeit, dass die Luft in den beliebten Urlaubsregionen Südeuropas gar nicht so rein und frisch ist, wie es den Anschein hat. Eine internationale Messkampagne zeigt jetzt für den Mittelmeerraum großräumige Verschlechterung der Luftqualität, geringere Niederschlagsmengen sowie hohe Ozonwerte im Sommer. Der Grund: Windströmungen aus Nordeuropa, Nordamerika und Asien tragen Industrie- und Autoabgase in den Mittelmeerraum.  
Die Messungen zeigen einen bemerkenswert hohen Verschmutzungsgrad der Luft, der von der Erdoberfläche bis in die Spitze der Troposphäre in 11 bis 15 Kilometer Höhe reicht.
Niedere Luftschichten werden von West- und Osteuropa verschmutzt
Die stärkste Verschmutzung wurde in den unteren vier Kilometern beobachtet: Sie stammt sowohl aus West- als auch aus Osteuropa. Verursacher sind Industrie, Verkehr, Waldbrände sowie landwirtschaftliche und häusliche Kleinfeuer.

Da es in der Mittelmeerregion während des Sommers nur wenige Wolken gibt, ist die Sonneneinstrahlung hoch, so dass zusätzlich schädliche Reaktionsprodukte im photochemischen Smog gebildet werden.

Die daraus folgende Luftverschmutzung besteht aus Ozon und mikroskopisch kleinen Teilchen, den Aerosolen.
Erkrankungen der Atemwege und des Herzens nehmen zu
"Erkrankungen der Atemwege und des Herzens könnten dadurch verursacht oder verschlimmert werden", sagt der Leiter des Projekts Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie. So überschreiten z. B. die Ozonwerte auf Kreta die von der EU vorgegebenen zulässigen Werte um mehr als zehn Prozent.

Die Ergebnisse der Messkampagne "Mediterranean Intensive Oxidant Study" (MINOS) präsentiert das international zusammengesetzte Forscherteam in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science".
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Die Studie ist in 'Science' (Bd. 298,S. 794-799) unter dem Titel "Global Air Pollution Crossroads over the Mediterranean" erschienen.
->   Zum Artikel (kostenpflichtig)
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Smogverteilung im Mittelmeerraum
 
Bild:NASA/Orbimage

Das Satellitenbild des Mittelmeerraumes vom 12. Juli 2001 zeigt über weite Bereiche verteilt Dunst infolge von Verschmutzung durch Aerosole. Nur über dem Golfe du Lion kann die tiefblaue Farbe des Mittelmeers aus dem Weltraum beobachtet werden. Für die schwarzen Flächen gibt es keine Satellitendaten. Die weißen Flecken sind Wolken.
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"Mediterranean Intensive Oxidant Study" (MINOS)
Wissenschaftler aus acht Ländern haben unter Federführung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz sechs Wochen lang im Sommer 2001 die Atmosphäre im Mittelmeerraum untersucht und die chemische Zusammensetzung sowie die Energiebilanz in der Troposphäre - dem Teil der Atmosphäre, in dem sich das Wetter und die Wechselwirkungen mit der Erdoberfläche abspielen - sowohl vom Boden wie vom Flugzeug aus gemessen.

Ziel der Messkampagne war es, den weiträumigen, Ländergrenzen und Kontinente übergreifenden Transport verschmutzter Luft und ihren Einfluss auf die Luftqualität und das Klima in der Mittelmeerregion aufzuklären.

Ihr Befund: Bemerkenswert hohe Verschmutzungen verursachen eine großräumige Verschlechterung der Luftqualität und eine Verminderung des Niederschlags in dieser Region.
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Die Wege der verschmutzten Luftstöme
 
Max-Planck-Institut f¿r Chemie

Die aus meteorologischen Daten berechneten Trajektorien zeigen, wie verschmutzte Luftmassen aus Europa in einer Höhe von zwei bis vier Kilometern in den Mittelmeerraum transportiert werden.
Höhere Luftschichten werden von Nordamerika und Asien verschmutzt
In größeren Höhen, über vier Kilometer, tragen weiträumige Lufttransporte aus Nordamerika und Asien stark zu der Luftverschmutzung bei. Diese Transporte folgen den vorherrschenden westlichen Winden, die typisch für Regionen außerhalb der Tropen sind.

Doch die Wissenschaftler entdeckten noch eine weitere Schmutzschicht: Diese befindet sich in der oberen Troposphäre, in Höhen über acht Kilometer Höhe, und konzentriert sich vor allem über dem östlichen Mittelmeer.
Von Südasien in das östliche Mittelmeer
Diese Verschmutzung hat ihren Ursprung in Südasien, wo sie durch Gewitter während des indischen Monsuns in die obere Troposphäre verfrachtet wird. Dort gerät sie in den ostwärts gerichteten tropischen Jetstream und wendet sich dann über dem östlichen Mittelmeer nach Norden.

Von da aus kann sie sogar bis in die untere Stratosphäre vordringen, wodurch Verschmutzungen aus Asien bis in den unteren Teil der Ozonschicht befördert werden. Welche Auswirkungen diese Verschmutzungen haben, ist noch unbekannt.
Gesundheit und Ökosysteme betroffen
Nahe der Erdoberfläche hat die Luftverschmutzung mehrere unerwünschte Folgen: Zum einen wird der in der Europäischen Union geltende Acht-Stunden-Standard für Ozon (110 Mikrogramm pro Kubikmeter) während des Sommers in den meisten Teilen des Mittelmeerraums überschritten.

Übersteigt die Ozonkonzentration diesen Grenzwert, sind schädliche Wirkungen für die menschliche Gesundheit und die Ökosysteme zu erwarten. Zudem verursachen sie Ernteverluste in der Landwirtschaft.

Zum anderen ist auch die Konzentration an Aerosolen, die zumeist aus Sulfat und Russ bestehen, sehr hoch. Diese Aerosole beeinflussen ebenfalls die menschliche Gesundheit, da sie giftige Produkte aus Verbrennungsvorgängen in die Lunge transportieren.
Regionale Ozon-"Hot Spots" in der nördlichen Hemisphäre
 
Bild:Max-Planck-Institut f¿r Chemie

Diese Modelle wurden während der MINOS-Kampagne getestet und zeigen, dass der in der geltende EU-Luftverschmutzungsstandard von 110 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter während des Sommers in den meisten Teilen des Mittelmeerraumes überschritten wird.
Aerosole beeinflussen auch Wasserkreislauf
Aerosole streuen und absorbieren aber auch das Sonnenlicht und beeinflussen so die Energiebilanz der Atmosphäre im Mittelmeerraum.

Die mikroskopisch kleinen Teilchen verringern die Absorption der Sonnenstrahlung durch das Meer um etwa zehn Prozent und verändern das Wärmeprofil der unteren Troposphäre.

Als Folge werden Verdunstung und Feuchtigkeitstransport, insbesondere nach Nordafrika und dem Mittleren Osten, unterdrückt.
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Aerosolkonzentration in der Mittelmeerregion
Am höchsten waren die Aerosolkonzentrationen über dem Mittelmeer um das Jahr 1980, was mit zu der tödlichen Trockenperiode in der östlichen Sahelzone beitrug. Von daher zeigen die Ergebnisse der MINOS-Kampagne, dass Aerosole sehr wesentlich an den Veränderungen von Klima und Wasserkreislauf in der Mittelmeerregion beteiligt sind.
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Einfluss der Aerosole auf das Klima unterschätzt?
Diese Wirkung der Aerosole ist heute beträchtlich, obwohl der aus Europa stammende Sulfatanteil während der vergangenen beiden Jahrzehnte deutlich zurückgegangen ist.

Deshalb nehmen die Wissenschaftler an, dass die Beeinflussung des Klimas durch Aerosole in der Vergangenheit noch viel größer war als heute.
->   Max-Planck-Institut für Chemie
->   Mehr über Luftverschmutzung in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010