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EU-Klage wegen Beschränkung für Kassenärzte  
  Das österreichische Vergabeverfahren der Kassenverträge an Ärzte widerspricht laut EU-Kommission den europäischen Richtlinien. Der angedrohten Klage sehen die zuständigen Stellen in Österreich gelassen entgegen.  
Welcher Arzt eine Stelle mit Kassenvertrag bekommt, hängt in Österreich von Reihungsrichtlinien ab. Die sind derzeit je nach Bundesland unterschiedlich, zum Beispiel gibt es das Kriterium des "örtlichen Bezugs".
Kritik an Reihungskriterien
Und genau daran stößt sich die EU-Kommission. In einer Aussendung der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich heißt es:

"Die österreichischen Vorschriften führen durch Aufstellung und Beibehaltung von Vorzugskriterien für Bewerber mit bestimmten Verbindungen (zum Beispiel Wohnsitz oder Niederlassung) zu der Region, in der eine Kassenarztstelle frei ist, zu einer Diskriminierung anderer Bewerber und verstoßen gegen den Grundsatz der Freizügigkeit für Ärzte."
->   Europäische Kommission, Vertretung in Österreich
Anerkennung von Berufsqualifikationen
Die Zugangsbeschränkung für Kassenärzte verstoße auch gegen die EU-Richtlinie zur gegenseitigen Anerkennung von Diplomen und Prüfungszeugnissen, so die Europäische Kommission.
Ärztekammer bleibt gelassen
Angesichts der angedrohten Klage vor dem EuGH bleibt die Österreichische Ärztekammer gelassen. Der Klagetext stehe der Kammer nicht zur Verfügung, sagt Ärztekammerpräsident Otto Pjeta.

Die Kommission habe aber bereits vor längerer Zeit Kritik am heimischen Vergabesystem geübt, so Pjeta.
Neue Reihungsrichtlinie geplant
Derzeit würden neue Reihungsrichtlinien mit dem Gesundheitsministerium abgestimmt, sagt der Ärztekammerpräsident. Es werde über eine Richtlinie diskutiert, in denen der örtliche Bezug nicht mehr vorkomme, sagt Pjeta.

Die Klage der EU-Kommission könnte sich also als hinfällig erweisen: "Die Reihungsrichtlinien, die momentan zur Diskussion stehen, nehmen nicht darauf Bezug, dass irgendeine besondere Bevorzugung österreichischer Staatsbürger stattfindet."

Eine neue Richtlinie für die Vergabe von Kassenarztstellen könnte laut Ärztekammerpräsident Pjeta bereits in den kommenden Wochen veröffentlicht werden.
Bestätigung vom Hauptverband
Gespräche über eine neue Richtlinie in Form einer Verordnung bestätigt für den Hauptverband der Sozialversicherungsträger der Sprecher der Geschäftsführung, Josef Kandlhofer.

Allerdings habe der Hauptverband nur ein Anhörungsrecht und das Gesetz des Handelns liege beim Sozialministerium, sagt Kandlhofer.

Er verweist darauf, dass der Hauptverband bereits vor zwei Jahren eine Musterrichtlinie vorgelegt habe - ohne den beanstandeten regionalen Bezug des Arztes.
Bundesweit einheitliche Kriterien
Laut Sozialministerium wird gerade zwischen Ministerium, Ärztekammer und Hauptverband über bundesweit einheitliche Kriterien für die Vergabe von Kassenverträgen verhandelt. Der Wohnort spiele dabei keine Rolle mehr.

Für EU-Bürger bestehe Chancengleichheit. Das Papier könne laut Sozialministerium noch im November fertig sein, die betreffende Verordnung würde dann frühestens im Jänner wirksam sein.
Zweite Klage: medizinisch-technische Berufe
Ein weiterer Kritikpunkt der EU-Kommission bezieht sich auf medizinisch-technische Hilfsberufe: Hilfsberufe im Labordienst, in der Radiologie und in der Orthoptik (Anm. "Übungsbehandlung zur Förderung des beidäugigen Sehens") dürfen in Österreich nicht als selbständige Tätigkeit ausgeübt werden. Das widerspreche den EU-Verträgen, so die Kritik.
Vier Mitgliedstaaten vor Gericht
Um das Gemeinschaftsrecht bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen zu verteidigen, will die EU-Kommission nicht nur die zwei Klagen gegen Österreich beim EuGH einbringen, sondern auch welche gegen Griechenland, Portugal und Finnland.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Österreichische Ärztekammer
->   Hauptverband der Sozialversicherungsträger
->   Bumdesministerium für soziale Sicherheit und Generationen
 
 
 
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01.01.2010