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Thrombozythämie: Wiener Firma entwickelt Arznei  
  Gegen viele so genannte "seltene Krankheiten" gibt es trotz des raschen medizinischen Fortschritts keine Medikamente, dazu zählt etwa die Thrombozythämie. Nun wurde in Wien - mit geringem finanziellem Aufwand - eine Arznei gegen diese Erkrankung entwickelt.  
Für Pharmafirmen zahlt es sich finanziell nicht aus, für seltene Krankheiten, unter denen weltweit weniger als 200.000 Menschen leiden, ein wirksames Medikament zu entwickeln. Denn die Entwicklungskosten sind sehr hoch.

Der Wiener Firma Orphan Pharmaceuticals ist es nun gelungen, mit geringem finanziellem Aufwand ein Medikament gegen Thrombozythämie zu entwickeln. Darunter leidet einer von 10.000 Menschen weltweit.
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Seltene Krankheiten: Unterschiedliche Definitionen
Eine einheitliche Definiton so genannter "seltener Erkrankungen" gibt es nicht: So gilt etwa in der EU eine Krankheit bei weniger als einem Fall pro 2.000 Einwohner als selten, aus Sicht der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) wird der Begriff "selten" bei weniger als 200 000 Betroffenen benutzt - was bei 280 Millionen Amerikanern weniger als 1 pro 1.000 bedeutet.

Anfang 2000 hat nun die EU eine Richtlinie bezüglich der Arzneimittelentwicklung gegen seltene Krankheiten veröffentlicht, eine "Orphan-drug-Verordnung": Demnach kann ein Antrag an die Europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) gestellt werden, um den so genannten Orphan-drug-Status zu erhalten. Dieser entspricht nicht einer Zulassung, beinhaltet aber Vorteile bezüglich des Zulassungsverfahrens und Vertriebsrechts.
->   Mehr Informationen dazu bei der EMEA
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Thrombozythämie: Zu viele Blutplättchen
Thrombozyten sind Blutplättchen. Man braucht sie, damit Wunden heilen können. Manche Menschen haben zu viel davon und weisen eine erhöhte Gefahr von Schlaganfall und Herzinfarkt auf, weil die Blutplättchen die Gefäße verstopfen: Thrombozythämie.
->   Mehr Informationen zu Thrombozythämie
Wirkstoff Anakrelide entdeckt
Die Medikamente, die es bisher gegen die Erkrankung gab, hatten lebensbedrohliche Nebenwirkungen. Vor fünf Jahren haben jedoch Wissenschaftler in Wien begonnen, ein neues Medikament zu entwickeln.

Junge Forscher haben sich in Wien zu einer Firma - Orphan Pharmaceuticals - zusammengeschlossen und zu forschen begonnen. Dabei sind sie auf einen Wirkstoff gestoßen, der schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt ist, aber niemals getestet wurde.
Tests an 131 Patienten folgten
Aus diesem Wirkstoff entwickelten die Wiener Forscher ein Medikament. Danach mussten die Wirksamkeits- und Sicherheitstests mit dem Wirkstoff Anakrelide durchgeführt werden.

Zehn hämatologische Zentren in Österreich, Deutschlan, Polen und Tschechien haben gegen geringe Bezahlung bei den klinischen Tests mitgemacht. An 131 Patienten wurde er getestet.
Normale Blutplättchenzahl - keine Nebenwirkungen
Rudolf Widmann von Orphan Pharmaceuticals: "Wir konnten nachweisen, dass der Wirkstoff bei 90 Prozent der Patienten die Blutplättchenzahl normalisiert. Dabei gab es keine Nebenwirkungen."

Außerdem habe man nachgewiesen, dass sich die Zahl der Komplikationen um die Hälfte reduzierten, so Widmann weiter: "Weniger Komplikationen bedeutet: weniger Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen. Dem wollen wir nun in einer weiteren Studie mit 200 Patienten nachgehen."
EU will Forschung an seltenen Kranheiten forcieren
Das Medikament konnte auch mit geringem finanziellem Aufwand zugelassen werden, weil eine neue EU-Verordnung die einzelnen Staaten dazu auffordert, mehr für die Entwicklung von Medikamenten gegen seltene Krankheiten zu tun.

Für dieses Medikament hat das Gesundheitsministerium daher auf die Bearbeitungsgebühren verzichtet. Auch die hämatologischen Kliniken haben keine Gebühren für die klinischen Tests verlangt.

Edith Bachkönig, Ö1-Wissenschaft
 
 
 
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01.01.2010