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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben 
 
Wie Klimaphänomene Tierpopulationen beeinflussen  
  Studien zu den Auswirkungen der globalen Klimaveränderungen auf verschiedene Tierarten gibt es bereits viele - doch bislang war beispielsweise nicht klar, wie stark bestimmte Klimaphänomene auf die Population einzelner Arten wirken - und ob sich dabei auch Parallelen zwischen mehreren verschiedenen Tierarten ziehen lassen. Eine neue Studie hat sich dieser Frage nun angenommen. Das Ergebnis: Es gibt synchrone Reaktionen von völlig unterschiedlichen und getrennt lebenden Spezies.  
Die Studie - erschienen im aktuellen "Nature" - wurde durchgeführt von Eric Post vom Institut für Biologie der Pennsylvania State University und Mads Forchhammer von der Abteilung für Populationsökologie am Zoologischen Institut der Universität Kopenhagen.

Die beiden Biologen haben verschiedene Tierarten in Grönland untersucht. "Die Arktis kann wertvolle Frühwarnsignale für den Rest der Welt geben", erklärt dazu Eric Post. "Denn von den Arten, die in dieser sensiblen Region leben, erwartet man, dass sie zu den ersten gehören, die Auswirkungen durch das sich ändernde Klima der Erde zeigen."
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''Synchronization of animal population dynamics''
Der Artikel "Synchronization of animal population dynamics by large-scale climate" von Eric Post und Mads Forchhammer ist erschienen in "Nature", Bd. 420, vom 14. November 2002.
->   ''Nature''
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Zwei völlig voneinander getrennte Populationen
Bild: AURORA PHOTO / Mads C. Forchhammer
Die beiden Biologen studierten insgesamt sieben verschiedene Karibu-Herden sowie sechs Moschusochsen-Herden in Grönland. Die beiden Arten leben dort in entgegengesetzten Küstenregionen und sind durch eine Eisfläche, die an ihrer schmalsten Stelle rund 1.000 Kilometer umspannt, getrennt.

Dennoch konnten die Forscher Überraschendes feststellen: Demnach lässt sich der Einfluss der so genannten "Nordatlantischen Oszillation" (NAO) - ein Klimazyklus, der vor allem im Winter das Wetter der nördlichen Hemisphäre stark beeinflusst - deutlich anhand der Schwankungen innerhalb der studierten Populationen ablesen. Und: Diese Schwankungen geschehen völlig synchron.

Es sei ein sehr einfaches System mit einem sehr klaren Signal, so Eric Post: "Zwei Spezies auf gegenüberliegenden Seiten eines Kontinentes, die sich nicht vermischen, nie um Nahrung kämpfen und keine gemeinsamen Feinde haben - und dennoch sind ihre Populationsdynamiken synchronisiert."
Klimaphänomen NAO als Erklärung?
Die Auswahl der Tiere geschah mit Bedacht, wie Post erläutert. Denn deren völlige physische und ökologische Trennung schließe alternative Erklärungen aus und lasse lediglich das Wetter als den kontrollierenden Faktor für die Synchronisation ihrer Populationsdynamiken übrig.

Denn das einzige, was beide Arten gemeinsam haben, ist das Klimasystem: Wie die Forscher erläutern, ist die Nordatlantische Oszillation (NAO) ein größeres klimatisches System, dass das Winterwetter Grönlands und weiter Teile der nördlichen Hemisphäre beeinflusst.

Man könne sie sich als einen schwankenden Druckkorridor vorstellen, der die Westwinde zwischen Nordamerika und dem nördlichen Europa kanalisiere. Dabei beeinflusst die NAO sowohl die Richtung als auch die Geschwindigkeit der Winde und wirkt sich zudem auf Temperaturen und Niederschläge auf beiden Seiten des Nordatlantik aus.
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Die Nordatlantische Oszillation (NAO)
Als Nordatlantische Oszillation (NAO) bezeichnet man die Luftdruckdifferenz zwischen Island und den Azoren, die in einem Rhythmus von etwa 30 Jahren variiert und mit dem Golfstrom zusammenhängt. Dabei unterscheidet man zwischen einem positiven und einem negativen NAO-Index: Positiv heißt, höhere Luftdruckdifferenz als normal und damit einhergehend wärmere und nasse Winter in Europa, in Grönland dagegen kältere und trockenere Winter; negativ heißt, niedrigere Luftdruckdifferenz als normal und diese Auswirkungen kehren sich um. Mittlerweile lässt sich ein Trend zum positiven NAO-Index feststellen, was als ein Effekt der globalen Klimaveränderungen gedeutet wird.
->   Weitere Informationen zur NAO
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Vergleich aller Datenbestände
Um den Einfluss der Nordatlantischen Oszillation auf die lokalen Wetterbedingungen der Habitate von Karibus und Moschusochsen zu untersuchen, verglichen die Forscher die lokalen Wetteraufzeichnungen mit dem NAO-Index, der die Werte der Nordatlantischen Oszillation seit 1864 aufgezeichnet hat.

Die Biologen untersuchten dann die Zusammenhänge zwischen der zeitlichen Koordinierung der Populationsschwankungen bei beiden Arten, den Wetterbedingungen für die einzelnen Herden und der Nordatlantischen Oszillation.
Erstmals eine solche Vergleichsstudie
 
Bild: AURORA PHOTO / Mads C. Forchhammer

Eine Gruppe von Moschusochsen. Ihre Herde gehört zu den von Post und Forchhammer untersuchten Populationen.

Nach Angaben der Wissenschaftler haben frühere Studien sich häufig auf eine Spezies alleine konzentriert, die zudem in einem Habitat lebte, das einzelnen Tieren den Wechsel zwischen verschiedenen Herden erlaubte. Andere Untersuchungen hatten zwar mehrere Arten zum Inhalt, diese jedoch waren auf die ein oder andere Weise miteinander verflochten: etwa zwei Spezies mit einem gemeinsamen Feind.

Wie Post und Forchhammer sagen, ist ihre Studie dagegen die erste, die sowohl lokale als auch globale Wetterdaten verwendet, um eine Gleichzeitigkeit bei Arten zu zeigen, die in keinem direkten Kontakt zueinander stehen und nichts gemeinsam haben außer der Auswirkungen eines großen klimatischen Systems (gemeint ist die NAO) auf ihr jeweiliges lokales Wetter.

Wie sich allerdings mögliche neue Trends der Nordatlantischen Oszillation durch die globale Klimaerwärmung letztlich auf die Populationen der Karibus und Moschusochsen auswirken werden, ist nicht klar. Doch der deutliche Einfluss der NAO zeigt, wie schwerwiegend die Folgen sein könnten.
->   Penn State University Department of Biology
->   Department of Population Ecology, Zoological Institute, University of Copenhagen
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Auswirkung der Klimaerwärmung auf die Zeckenpopulation
->   Was macht eine stabile Population im Tierreich aus?
 
 
 
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01.01.2010