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Ein Expertensystem für Hochwasser in Wildbächen  
  Ein Forschungsprojekt im Rahmen des Hertha-Firnberg-Programmes soll eine bessere Abschätzungen für Hochwasserszenarien in Wildbacheinzugsgebieten ermöglichen. An der Entwicklung des neuen Expertensystems arbeitet Gertraud Meißl vom Institut für Geographie der Universität Innsbruck. Dabei sollen - im Gegensatz zu bislang verwendeten Methoden - auch Charakteristika wie etwa Geologie oder Vegetation des jeweiligen Gebietes berücksichtigt werden, wie Gertraud Meißl in einem Gastbeitrag für science.ORF.at berichtet.  
Expertensystem zur Bestimmung der hochwassersteuernden Systemzustände in kleinen Wildbacheinzugsgebieten
Von Gertraud Meißl

Das Forschungsprojekt soll einen Beitrag zur Abschätzung des Ausmaßes von Hochwasserereignissen in Wildbacheinzugsgebieten liefern. Unterschiedliche Zustände der Boden-/Vegetationseinheiten in Wildbacheinzugsgebieten (z.B. Bodengefrornis, große oder geringe Bodenfeuchte, Vegetationsentwicklung) liefern bei gleichem Niederschlagsinput unterschiedlich große Hochwasserabflussmengen.

Im Gegensatz zu den bisher verwendeten Methoden zur Bestimmung des Ausmaßes von Hochwasserereignissen soll daher besonderes Augenmerk auf die Berücksichtigung der Charakteristika des jeweiligen Einzugsgebiets (hinsichtlich Geologie, Bodenbeschaffenheit, Vegetation und Landnutzung) sowie auf den aktuellen, abflusssteuernden Zustand des Einzugsgebiets zum Zeitpunkt des Niederschlagsereignisses gelegt werden.
Expertensystem soll aktuellen Zustand ableiten
Ergebnis des Forschungsprojekts soll ein Expertensystem sein, in das man neben den Charakteristika des Wildbacheinzugsgebiets die Witterungsgeschichte einspeist.

Das System soll aus diesen Daten den aktuellen Systemzustand des Wildbacheinzugsgebiets (z.B. Boden trocken, wassergesättigt, gefroren) anhand von Regeln der Form "wenn A, dann B" aus den Systemeigenschaften (Geologie, Topographie, Boden- und Vegetationsausstattung), aus Niederschlags- und Temperaturdaten sowie aus Informationen über die Nutzung des Gebiets ableiten und die resultierenden Abflusseigenschaften ermitteln.

Mit Hilfe eines an das Expertensystem gekoppelten Abflussmodells kann sodann der Hochwasserabfluss berechnet werden.
Klassifizierung mit Fuzzy-Logic-Methode
Die Systemzustandstypen der Boden-/Vegetationseinheiten (z.B. Boden mäßig feucht, feucht, sehr feucht) gehen fließend ineinander über; die daraus resultierenden Abflussverhältnisse (die häufig durch Abflusskoeffizienten, die das Verhältnis zwischen oberflächlich abfließendem und versickerndem Niederschlagswasser angeben, beschrieben werden) verändern sich daher nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich.

Um dieser Tatsache gerecht zu werden, soll die Klassifizierung der Systemzustände mit Hilfe der Fuzzy-Logic-Methodik erfolgen. Fuzzy Logic ist ein Verfahren zur Modellierung von Daten und Regeln, die in unscharfer Form vorliegen.
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Ein Beispiel
Scharfe Klassengrenzen -"Böden mit x Prozent Wassergehalt werden als mäßig feucht klassifiziert, jene mit x+1 Prozent Wassergehalt als feucht" - können dabei beispielsweise durch Aussagen wie "Böden mit dem Wassergehalt x Prozent gehören zu 50 Prozent der Klasse mäßig feucht und zu 50 Prozent der Klasse feucht an" ersetzt werden.
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Hochwasserszenarien für jede Niederschlagsmenge
Das projektierte Verfahren soll es ermöglichen, für jede Niederschlagsmenge und -intensität Hochwasserszenarien in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Systemzuständen im Einzugsgebiet zu errechnen.

Damit können die Auswirkungen von möglichen Veränderungen des Niederschlagsgeschehens (z.B. Zunahme von Starkniederschlagsereignissen) sowie der Einzugsgebietscharakteristika (z.B. geänderte Landnutzung) abgeschätzt werden.

Der Experte soll mit dem Ergebnis des Forschungsprojekts ein ergänzendes Hilfsmittel zur Bewertung des Wildbacheinzugsgebiets hinsichtlich seiner jeweils aktuellen und zukünftigen Reaktion auf Niederschlagsereignisse erhalten und damit über bessere Grundlagen für die Maßnahmenplanung verfügen.
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Die Autorin und das "Hertha-Firnberg"- Programm
Gertraud Meißl studierte von 1987 - 1993 Geographie/Wirtschaftskunde und Mathematik Lehramt an der Universität Innsbruck und absolvierte 1991 - 1993 eine Ausbildung zur akademisch geprüften Geoinformationstechnikerin an der Technischen Universität Wien. 1997 schloss sie eine Dissertation zum Thema "Modellierung der Reichweite von Felsstürzen" ab. Nach Absolvierung des Unterrichtspraktikums und der Tätigkeit als GIS-Bearbeiterin in einem Raumplanungsbüro kehrte sie an die Universität Innsbruck zurück, um an der Antragsstellung und Implementierung des Kplus-Kompetenzzentrums "alpS - Zentrum für Naturgefahren-Management" zu arbeiten.

Im Jahr 2002 wurde sie mit einer Stelle im Rahmen des Hertha-Firnberg-Programmes ausgezeichnet, das vom Wissenschaftsfonds (FWF) im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur durchgeführt wird. Ziel des Programmes ist es, zur besseren Verankerung von Frauen an Universitäten beizutragen. Seit 1.10.2002 arbeitet Gertraud Meißl an dem von ihr beschriebenen Projekt.
->   Alle Hertha Firnberg-Stellen 2002 im Überblick
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->   FWF - Der Wissenschaftsfonds
->   Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
science.ORF.at hat bereits verschiedene Forschungsprojekte im Rahmen des Hertha-Firnberg-Programmes 2001 in Form von Gastbeiträgen vorgestellt:
->   Alle Gastbeiträge im Überblick
 
 
 
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01.01.2010