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Partnersuche: Wespen verändern Pflanzenchemie  
  Dass Insekten etwa Pheromone verwenden, um potentielle Paarungspartner anzulocken bzw. zu erkennen, ist längst bekannt. Ein neues Detail der Partnersuche bei einer Wespenart haben nun Biologen entdeckt: Demnach können diese Insekten sogar die Chemie von Pflanzen verändern, um ihre Fortpflanzung zu sichern und einen Paarungspartner aufzuspüren.  
Wie John Tooker und Lawrence Hanks vom Department of Entomology der University of Illinois at Urbana-Champaign sowie Wilfried Koenig vom Institut für organische Chemie der Universität Hamburg in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" (PNAS) berichten, bedienen sich Gallwespen dieses Tricks.

Ihre Erkenntnisse seien der erste Hinweis darauf, dass Insekten spezifisch die chemische Komposition von Pflanzen verändern können, um damit Paarungspartner ausfindig zu machen, kommentiert Lawrence Hanks die gemeinsamen Forschungsergebnisse.
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"Altered host plant volatiles - proxies for sex Pheromones"
Der Artikel "Altered host plant volatiles are proxies for sex pheromones in the gall wasp Antistrophus rufus" ist als Online-Vorabpublikation in den "Proceedings of the National Academy of Sciences" erschienen und wird in einer der kommenden Print-Ausgaben des Magazins erneut veröffentlicht.
->   Proceedings of the National Academy of Sciences
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Auf der Suche nach einer Partnerin
Bild: John Tooker
Gallwespe
Die Wissenschaftler hatten in den Prärie-Gebieten des US-Bundesstaates Illinois die so genannten Gallwespen beobachtet: Die Larven dieser Art leben in den Stängeln verschiedener Präriepflanzen, männliche Wespen schlüpfen allerdings früher als ihre weiblichen Pendants.

Damit stehen diese vor dem Problem, sich rechtzeitig eine potentielle Paarungspartnerin zu sichern - keine leichte Aufgabe bei Tausenden von abgestorbenen Pflanzenstämmen, innerhalb der sich die Weibchen verbergen könnten.
->   Informationen über Gallwespen
Gallwespen verändern die Pflanzenchemie
Bild: John Tooker
Gallwespenlarven im Inneren eines Pflanzenstamms
Da die Weibchen sich in den Pflanzen verbergen, schlossen die Forscher die Möglichkeit aus, dass von den Insekten abgegebene Pheromone als Indikator dienen könnten. Unter Verdacht standen dennoch chemische Substanzen, die von den Wespenmännchen - ähnlich wie Pheromone - wahrgenommen werden.

Mit anderen Worten: Die Männchen riechen den Weg zur Paarungspartnerin, so die These der Wissenschaftler. Die Biologen machten sich also auf die Suche nach möglichen chemischen Hinweisen - und wurden fündig.
Verändertes Verhältnis von aromatischen Substanzen
Wilfried Koenig hat von Tooker und Hanks gesammelte Pflanzenstängelproben analysiert. Laut seiner Analyse weisen die Stämme mit Gallwespenlarven gegenüber den nicht mit Wespen besetzten ein verändertes Verhältnis so genannter Monoterpene auf.

Diese flüchtigen Substanzen riechen aromatisch und bilden etwa den Hauptbestandteil von ätherischen Ölen. In der Lebensmittelindustrie werden sie beispielsweise als Aromastoffe für Getränke oder Backwaren eingesetzt.

Demnach ist es die Mischung zweier Monoterpene - Alpha- und Beta-Pinen, die die Wespenmännchen erkennen: Nicht besetzte Pflanzen weisen ein Verhältnis von etwa 50 zu 50 auf, dagegen kommt es bei mit Wespen belegten Pflanzenstämmen zu einem deutlichen Ungleichgewicht.
->   Informationen zu Monoterpenen (pdf-file)
Die Chemikalien-Mischung macht es aus
"Wenn Männchen einen Stamm mit einem Verhältnis von 50 zu 50 finden, dann werden sie weiterwandern", erläutert Tooker die Bedeutung der Chemikalien-Mischung für die Insekten. "Finden sie allerdings einen Stamm mit dem Verhältnis 70 zu 30 oder 100 zu 0, dann werden sie sehr wahrscheinlich bleiben und daraus schlüpfende Weibchen finden."

Nach Ansicht der Forscher erhalten die Wespenmännchen über die Monoterpene bzw. deren ungleiche Verteilung einen chemischen Hinweis von der Oberfläche der Pflanzen, der sie zu den Weibchen führt. Ursache für diese Veränderung der Pflanzenchemie seien die fressenden Larven.
Auch der Platz, an dem die Weibchen schlüpfen ...
Die Wissenschaftler konnten noch nicht klären, aus welcher Entfernung die Wespen diese Stoffe wahrnehmen können. "Doch wenn sie einmal auf der richtigen Pflanze sind, dann tasten die Männchen mit ihren Fühlern die Oberfläche ab", beschreibt John Tooker die Partnersuche.

Den Beobachtungen der Biologen zufolge können die Männchen auch die Plätze auf dem Pflanzenstamm erkennen, an denen Weibchen schlüpfen werden: Wespenmännchen verteidigen diese Plätze vehement gegenüber anderen Männchen.
->   Department of Entomology der University of Illinois at Urbana-Champaign
->   Institut für organische Chemie der Universität Hamburg
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01.01.2010