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Schwarze Löcher "im Doppelpack" entdeckt  
  Seit rund 200 Jahren existiert die Idee von Himmelskörpern, deren Masse so groß ist, dass nicht einmal Licht ihrer Anziehungskraft entkommen kann: Die Rede ist von Schwarzen Löchern, die mittlerweile nicht nur als Realität gelten, sondern auch beinahe täglich für neue Schlagzeilen sorgen. Besonders spektakuläre Bilder hat nun das Chandra X-Ray Telescope geliefert: Sie zeigen im Zentrum einer entfernten Galaxie gleich zwei Schwarze Löcher.  
Zum ersten Mal haben Wissenschaftler im Zentrum einer einzigen Galaxie ein Paar aktiver Schwarzer Löcher gefunden. Die Entdeckung gelang einem Team um Günther Hasinger und Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München, mit dem Röntgensatelliten Chandra.
Gigantische Gravitationswellen durch Verschmelzung
Die Schwerkraftfallen im Herzen des Sternsystems NGC 6240 werden in einigen hundert Millionen Jahren miteinander verschmelzen und ein noch massiveres Schwarzes Loch bilden - ein Ereignis, das mit einem gigantischen Ausbruch an Gravitationswellen einhergehen sollte.
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Ein Schwarzes Loch rast durch die Milchstraße
Schwarze Löcher lassen sich mittlerweile dank der technischen Fortschritte immer besser aufspüren - nicht zuletzt ist dies auch ablesbar an den immer zahlreicheren Meldungen zu diesen kosmischen Schwerkraftfallen. So haben erst am Dienstag Astronomen die Entdeckung eines Schwarzen Loches gemeldet, das mit großer Geschwindigkeit durch die Milchstraße rast. Kurioserweise scheint das Himmelsobjekt dabei einen alternden Stern mit sich zu ziehen, dessen Masse langsam aber sicher von seinem Begleiter verschlungen wird.
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Rätselhaftes Zentrum hinter staubigen Gaswolken
Die außerordentlich helle Galaxie NGC 6240, etwa 400 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, bietet ein Musterbeispiel für die Kollision zweier Galaxien, die miteinander verschmelzen. Dies entfacht ein regelrechtes "Feuerwerk" der Sternentstehung.

Das Zentrum dieser Galaxie versteckt sich hinter Unmengen staubiger Gaswolken und ist deshalb mit optischen Teleskopen nicht sichtbar. Röntgenstrahlen dagegen durchdringen den Schleier von Gas und Staub.

Schon früher war aufgefallen, dass NGC 6240 hochenergetische Röntgenstrahlung produziert. Im Radiobereich, im Infrarotlicht sowie im optischen Fenster des Spektrums hatten Astronomen innerhalb dieses Sternsystems zwei helle Kerne aufgespürt, deren Natur jedoch rätselhaft blieb.
Die Suche nach einem Schwarzen Loch ...
"Mit Chandra hofften wir herauszufinden, welcher der beiden Kerne - wenn überhaupt - ein Schwarzes Loch enthält", sagt Stefanie Komossa vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Erstautorin einer Publikation, die demnächst in den Astrophysical Journal Letters erscheint.

Der NASA-Satellit Chandra hatte NGC 6240 insgesamt 10,3 Stunden mit dem Advanced CCD Imaging Spectrometer (ACIS) überwacht.
... liefert gleich zwei im Doppelpack
"Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass beide Kerne aktive Schwarze Löcher beherbergen", sagt Komossa. Die Entdeckung eines Paares Schwarzer Löcher bestätigt theoretische Modelle, nach denen solche Objekte in den Zentren von Galaxien durch Verschmelzung dramatisch anwachsen können. "Dies ist wichtig für unser Verständnis der Galaxiengeburt und -entwicklung."
Optische und Röntgen-Aufnahme im Vergleich
 
Grafik: MPE (optisches Bild W. Keel)

Links die Galaxie NGC 6240, aufgenommen mit einem erdgebundenen Teleskop: Die "Bögen" und "Arme" zeugen von der Kollision zweier Sternsysteme, die nun miteinander verschmelzen. Dichte Gas- und Staubmassen verhüllen den Galaxienkern, der sich daher im sichtbaren Licht nicht beobachten lässt.

Doch Röntgenstrahlen aus dem Zentrum durchdringen diesen "Vorhang". Das Chandra-Bild (rechts) enthüllt zwei extrem massereiche Schwarze Löcher; sie verraten sich durch hochenergetische Röntgenstrahlung aus ihrer unmittelbaren Umgebung (schwarze Kreise). Die Aufnahme ist farbkodiert: Regionen niederenergetischer Röntgenstrahlung erscheinen rot, Regionen hochenergetischer Röntgenstrahlung sind blau markiert.
Die "eindeutigen Fingerabdrücke" der Schwarzen Löcher
"Der Durchbruch gelang, weil Chandra ein scharfes Bild der zwei Kerne im Zentrum der Galaxie lieferte und gleichzeitig eine detaillierte Röntgendiagnose erlaubte", sagt Günther Hasinger, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und Co-Autor des Fachartikels.

Nach Hasingers Worten hinterlassen die beiden aktiven Schwarzen Löcher eindeutige Fingerabdrücke: "Wir sehen einen Überschuss hochenergetischer Strahlung von heißem Gas, das um ein Schwarzes Loch wirbelt, sowie die charakteristische Fluoreszenzstrahlung von Eisenatomen in seiner Nähe."
Röntgenstrahlung: Hoch- und niederenergetisch
 
Grafiken: NASA/MPE

Auf dem Bild links wurde die hochenergetische Röntgenstrahlung (blau), die von dem Paar Schwarzer Löcher im Kern der Galaxie NGC 6240 ausgeht, mit einer Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops (gelb) überlagert.

Bild rechts: Neben der im Kernbereich konzentrierten hochenergetischen Röntgenstrahlung zeigt NGC 6240 auch ausgedehnte Regionen niederenergetischer Röntgenstrahlung, die in der Abbildung rot dargestellt und mit einer Aufnahme des Hubble-Weltraumteleskops (gelb und blau) überlagert ist: Diese Strahlung stammt nicht von den beiden Schwarzen Löchern, sondern ist das "Nachglühen" früherer Sternexplosionen im Zentrum der Galaxie. Sie zeugt von einem Feuerwerk an Supernovae, die ihre Hüllen in den Raum schleuderten. Treffen diese "Sternenwinde" auf das umgebende interstellare Medium, heizt sich das Gas so stark auf, dass es im Röntgenlicht leuchtet.
Gravitationswellen lassen die Raumzeit kräuseln
Die beiden Schwarzen Löcher in NGC 6240 sind derzeit noch etwa 3000 Lichtjahre voneinander entfernt. Im Lauf etlicher hundert Millionen Jahre werden sie sich, auf Spiralbahnen umeinander laufend, immer näher kommen und schließlich zu einem noch größeren Loch verschmelzen.

Dieser Prozess endet mit einem gewaltigen Ausbruch von Gravitationswellen, die sich durch das gesamte Universum ausbreiten und dabei die Raumzeit kräuseln. Das bewirkt winzige Verzerrungen der Abstände im Raum.
LISA soll diese Ereignisse aufspüren
Der gemeinsam von der europäischen Raumfahrtbehörde ESA und der amerikanischen NASA geplante, im Weltraum stationierte Detektor LISA (Laser Interferometer Space Antenna) wird nach solchen Ereignissen suchen, die sich vermutlich mehrere Male pro Jahr im Universum abspielen.

"Zum ersten Mal haben wir nun ein doppeltes Schwarzes Loch in flagranti ertappt, das uns die Vorahnung eines gigantischen Ausbruchs von Gravitationswellen vermittelt", freut sich Hasinger.
->   Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
->   Die Chandra-Homepage der NASA
->   Die Chandra-Homepage von Harvard
->   Weitere Chandra-Aufnahmen von Schwarzen Löchern
->   Die LISA-Homepage der NASA
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01.01.2010