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Genforscher will "neue Form von Leben" schaffen  
  Der US-amerikanische Genforscher Craig Venter will im Labor "eine neue Form von Leben" schaffen. Der Wissenschaftler will dazu einen einzelligen Organismus aus der minimal nötigen Zahl von Genen konstruieren.  
Das meldete die "Washington Post" in ihrer Donnerstag-Ausgabe. Venter und sein Unternehmen Celera Genomics sind durch ihre Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes bekannt geworden - die Veröffentlichung ihrer Daten erfolgte im Februar 2001 zeitgleich mit den Ergebnissen des Human Genome Project.

Anfang dieses Jahres hatte der Genforscher seinen Chefposten bei Celera Genomics allerdings wegen Streits um die künftige Ausrichtung des Unternehmens abgegeben.
Neue Erkenntnisse kontra ethische Bedenken
Ziel des nun verkündeten neue Vorhabenn sei es, die "Komponenten der einfachsten lebenden Zelle zu verstehen", sagte Venter laut "Washington Post". Venter will damit Erkenntnisse über die Zusammensetzung und Funktionsweise von Zellen gewinnen.

Kritiker seines Projekts, für das Venter auch den Medizin-Nobelpreisträger Hamilton O. Smith gewonnen hat, haben jedoch erhebliche ethische und Sicherheitsbedenken. Smith ist einer der weltweit führenden Experten für künstliche Veränderungen an den Erbbausteinen DNA.

Das Projekt des Genforschers zur Züchtung einer neuen Lebensform wird dem Zeitungsbericht zufolge durch ein dreijähriges Darlehen des US-Energieministeriums in Höhe von drei Millionen Dollar (2,99 Millionen Euro) gefördert.
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Praktischer Nutzen als Abwehrmittel gegen Biowaffen?
Venter und Smith räumten ein, dass das Projekt als Grundlage für eine neue Generation biologischer Waffen missbraucht werden könnte. Deshalb sollten möglicherweise einige technische Details geheim gehalten werden.

Neben der Grundlagenforschung soll das Projekt aber schließlich auch von praktischem Nutzen sein: Nach Einschätzung der beiden Forscher könnte es dabei helfen, den Schutz gegen Biowaffen zu verbessern, indem Abwehrmittel gegen Biowaffen entwickelt werden. Venter und Smith hoffen, den neuen Organismus nach und nach mit verschiedenen Genen ausstatten zu können. Ein fernes Ziel könnte beispielsweise auch ein maßgeschneiderter Organismus sein, der Kohlendioxid (CO2) aus den Abgasen von Kraftwerken abbaut und damit die Gefahr einer weiteren globalen Erwärmung mindern könnte.
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Ein Erreger als Basis für eine neue Zellkultur
Als Ausgangspunkt nimmt das Projekt Mycoplasma genitalium, einen Erreger, der im menschlichen Genitalbereich lebt und für Entzündungen der Harnröhre verantwortlich ist. Die Forscher wollen alle Gene entfernen und in die ausgehöhlte Zelle ein künstliches Band genetischen Materials einfügen, das einem natürlich vorkommenden Chromosom ähnelt.

Die Hoffnung der Forscher ist, dass sich die Zelle zu teilen beginnt und so eine Zellkultur entsteht, die sich von allen bisherigen unterscheidet. Daraus gewonnene Erkenntnisse ließen sich zu einem gewissen Grad auch auf menschliche Zellen und auf eine Vielzahl anderer Lebewesen übertragen.

"Wir fragen uns, ob wir eine molekulare Definition des Lebens liefern können", sagte Venter der Zeitung. "Unser Ziel ist das Verständnis aller Bestandteile in einer ganz einfachen lebenden Zelle."
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Erste Pläne zu diesem Projekt bereits Ende der 90er
Der wegen seiner unkonventionellen Forschung und geschäftstüchtigen Strategien umstrittene Wissenschaftler hatte bereits Ende der 90er Jahre den Einzeller untersucht und an einer Liste derjenigen Gene gearbeitet, die zum Erhalt des Organismus unbedingt nötig sind.
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Nur 300 Gene sollen ausreichen
Der Einzeller soll mit nur 300 seiner 517 Gene leben können und wäre laut Venter der lebens- und teilungsfähige Organismus mit dem kleinsten Erbgut. Der Mensch hat nach der Erkenntnis von Venter und anderen Genforschern 30.000 bis 40.000 Gene.
Mechanismen sollen Gefahren einschränken
Um zu verhindern, dass die Zellen Menschen infizieren, wollen Venter und Smith die Beweglichkeit der künstlichen Organismen gezielt beschränken. Als weiterer Sicherheitsfaktor ist ein Mechanismus geplant, der den Tod der Zellen herbeiführt, falls sie wider Erwarten doch aus dem Labor hinausgelangen sollten.
->   "Washington Post": Scientists Planning to Make New Form of Life
->   Mehr über Craig Venter in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010