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Öffentliche Verwaltung kontra Selbstverwaltung  
  Die öffentliche Verwaltung und deren Zukunftsperspektiven, damit befasst sich der Stadtplaner und Kulturwissenschaftler Dieter Hoffmann-Axthelm derzeit am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaft IFK in Wien. In einem Gastbeitrag für science.ORF.at spürt er Alternativen zur Verwaltung durch den Staat nach: Selbstverwaltung durch die Bürger als Perspektivbruch und Gegenmodell.  
Was ist "Selbstverwaltung"?

Von Dieter Hoffmann-Axthelm

Zweifellos brauchen hochgradig arbeitsteilige Gesellschaften entsprechend aufwändige Integrationsleistungen. Es gibt kein Zurück zu vormoderner Einfachheit, und so wird uns die Verwaltungstatsache weiter begleiten. Mit mindestens einem Integrator haben wir auch ausreichend Erfahrung: mit dem Staat.
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IFK-Vortrag zum Thema "Selbstverwaltung und Selbstkritik"
Dieter Hoffmann-Axthelm spricht am Montag, 25. November 2002, um 18.00 Uhr, am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Reichsratsstraße 17, 1010 Wien zum Thema: "Selbstverwaltung und Selbstkritik"
->   Weitere Informationen zum Vortrag
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Der Staat als Ausgangspunkt
Man wird kein Schiff versenken, bevor ein neues nicht in Sicht und in seiner Seetüchtigkeit erprobt ist. Der bestehende Staat ist also Ausgangspunkt und Gegenüber der weiteren Überlegungen.

Dabei besteht weder die Notwendigkeit, sich zu ihm als endgültiger Fassung des Politischen zu bekennen, noch sieht es derzeit so aus, als könnte man ihn bald abschaffen. So weit dürfte Konsens herrschen.

Den Bereich der Selbstverständlichkeiten verlässt man mit der Frage, ob nur und ausschließlich der Staat als Träger geeignet und den Tücken des Wechselverhältnisses von Wirklichkeit und Verwaltung gewachsen sei.
Andere Träger öffentlicher politischer Verwaltung?
Andere Träger hat es in der Geschichte lange genug gegeben. Kann man sich unter heutigen Bedingungen unterschiedliche Träger öffentlicher politischer Verwaltung denken? Und wer oder was stände dafür bereit? Welche Formen der Zusammenarbeit wären vorstellbar?

Das ist die Ausgangsfrage. Sie fällt nicht vom Himmel utopischer Erwartungen, sondern stützt sich auf eine leidvolle Empirie des Funktionsverlustes öffentlicher Verwaltungen.
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Staatliche Verwaltungsmodelle und ihre Grenzen
Diese kann man in einem Satz zusammenfassen: Das Modell staatlicher Verwaltung, in seiner west- und zentraleuropäischen Verbindlichkeit, scheint gegenwärtig an die Grenzen seiner Möglichkeiten und seiner Zweckhaftigkeit gelangt.

Der Leistungsabfall staatlicher Verwaltung schlägt auf deren Umgebung zurück - auf eine Gesellschaft, die sich in einem Maße auf das Instrument verlässt, das es historisch vorher nie gegeben hat und das man vielleicht auch verblendet nennen kann - wie einen Menschen, der sich die Beine amputieren lässt, weil er davon ausgeht, dass es immer und überall Autos, Fahrstühle, Laufbänder und dergleichen technische Hilfen gebe.
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Perspektivbruch und Gegenmodell: Selbstverwaltung
Für die Grundsätzlichkeit des Problems steht hier vorerst nur ein Plakat: der Begriff Selbstverwaltung. D.h., Ebene der Veränderung sollte nicht der Staat sein, sondern die Alltagspraxis der BürgerInnen.

Selbstverwaltung meint einen Perspektivbruch und ein Gegenmodell: dass Laien, normale BürgerInnen, Verwaltungsfunktionen ausüben. Also auch regieren - soweit sie durch das, was sie eigenverantwortlich tun, bestimmte staatliche Funktionen ersetzen.
Druck durch die "Verwalteten"
Druck ist da, der Druck der Verwalteten - die Wirtschaft beklagt sich über umständliche Rechtswege und langwierige Genehmigungsverfahren, der einzelne Bürger ballt die Faust, weil ihm unverständliche Formalitäten und Fristen zugemutet werden, Sozialfälle fühlen sich missachtet, Nichtregierungsorganisationen kritisieren das Vorgehen der Ausländerbehörden gegenüber Flüchtlingen aus Bürgerkriegsgebieten, usw.

Dies mögen im einzelnen unberechtigte, zu sehr durch die eigene Interessenlage oder politische Vorannahmen geprägte Eindrücke sein. In der Summe ergeben sie, wie der Blick in die zeitgenössische Reformliteratur zeigen kann, nicht nur ein Bild des Sachstands, sondern möglicherweise auch einen Ausgangspunkt. Dies unter der Bedingung, dass es gelingt, das Murren zu präzisieren und auf Veränderbarkeit des Kritisierten hin zu öffnen.
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Informationen zum Autoren
Dieter Hoffmann-Axthelm, studierte Theologie, Philosophie und Geschichte, ist Stadthistoriker und Stadtplaner und arbeitet derzeit als Urban Fellow der Stadt Wien am IFK Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften; wichtigste Planungen: 1992f. Strukturplan für die Friedrichsstadt, Dorotheenstadt und Friedrichswerder (mit B. Strecker), 1995ff. Planwerk Innenstadt, Historisches Zentrum (mit B. Albers). Publikation zuletzt: Anleitung zum Stadtumbau, Frankfurt a.M. 1996.
->   Informationen zum IFK-Forschungsprojekt des Dieter Hoffmann-Axthelm
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->   Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaft (IFK)
 
 
 
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01.01.2010