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ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Stress reduziert die Wirkung von Impfungen  
  Dass der Gemütszustand Einfluss auf die körperliche Gesundheit hat, ist eine der grundlegenden und weithin akzeptierten Annahmen der Psychosomatik. Englische Mediziner fanden nun heraus, dass es sogar einen Zusammenhang zwischen der psychischen Verfassung einer Person und der Wirksamkeit von Impfungen gibt. Diese Beziehung lässt sich bis auf die Ebene der Moleküle verfolgen.  
Victoria E. Burns und ihre Mitarbeiter von der University of Birmingham fügten der Erforschung der Wechselwirkung von Psyche und Immunsystem ein weiteres aufschlussreiches Kapitel hinzu. In einer Publikation im Magazin "Psychosomatic Medicine" weisen sie nach, dass Stress und Unwohlbefinden zu einer Reduzierung von speziellen Immunmolekülen, den Antikörpern im Blut führt.
->   Psychosomatic Medicine
Die Psyche: Innenperspektive ...
Das Bewusstsein und andere mentale Phänomene zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich durch zwei völlig unterschiedliche und disparate Blickwinkel präsentieren.

Zum einen gibt es die wohlbekannte Innenperspektive auf jene Welt, die jeder Mensch durch Selbstbeobachtung, auch Introspektion genannt, wahrnehmen kann. Dies ist die Welt der Empfindungen, Emotionen, Gedanken u.v.m.
... und Außenperspektive
Gleichzeitig können psychische Phänomene auch von außen durch neurobiologische Experimente erforscht werden. Hier präsentiert sich ein völlig anderes Bild: Neurowissenschaftler messen keine Gedankeninhalte, sondern Erregungsmuster in Nervenzellen, die Spannung an Biomembranen oder die Aktivität von Ionenkanälen.
Das Verhältnis von Körper und Geist
Es stellt sich die Frage: Wie hängt die Welt der Empfindungen mit jener der objektiv messbaren Größen zusammen? Aus naturwissenschaftlicher Sicht haftet der Zweiteilung der Welt in Geistiges und Körperliches nichts Übersinnliches an.
Die Identitätstheorie
Nach der zentralen These der so genannten Identitätstheorie sind körperliche und geistige Phänomene nur zwei Seiten ein und der selben Medaille.

Mit anderen Worten: Jede Empfindung hat ihr Gegenstück auf der Ebene der Nervenerregungen, auch wenn man diese ausschließlich getrennt wahrnehmen kann. Und: Das Bewusstein ist keine eigene Substanz, sondern nur eine Eigenschaft von Neuronenverbänden.
Psychosomatik: Nichts Übersinnliches
Ein Vorteil der Identitätstheorie ist etwa, dass mit ihr die Resultate der psychosomatischen Medizin zwanglos erklärt werden können. Denn wenn jeder geistige Vorgang zugleich auch ein körperlicher Vorgang (im Gehirn) ist, dann nimmt es nicht Wunder, dass dieser den restlichen Körper beeinflussen kann.
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Psychosomatik: Wechselwirkung von Körper und Geist
Als Psychosomatik bezeichnet man jene medizinische Forschungsdisziplin, die sich mit den Beziehungen und Wechselwirkungen von Körper (Soma) und geistigen Inhalten (Psyche) beschäftigt. Über nervlich-hormonale Steuerungs-Mechanismen können sich vor allem psychologische Dauerkonflikte auf bestimmte Organe und Funktionssysteme auswirken und zu organischen Störungen und Erkrankungen führen. Bekannte Beispiele hierfür sind etwa Magen-Darmgeschwüre, Bluthochdruck, Migräne, Schilddrüsenüberfunktion, Ekzeme und Bronchialasthma.
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Die Studie: Geimpfte Testpersonen ...
Victoria E. Burns und ihre Mitarbeiter gingen im Rahmen ihrer Studie der Frage nach, inwieweit die psychische Konstitution einer Person Auswirkungen auf das Immunsystem hat. Zu diesem Zweck untersuchten sie 60 Studenten, die im Rahmen eines öffentlichen Gesundheitsprogramms eine Impfung gegen Meningitis-C erhalten hatten.

Die Studenten wurden einer detaillierten Befragung über Lebenslauf, erlittenen Stress, psychologisches Wohlbefinden, sozialen Hintergrund und gesundheitliche Verhaltensweisen unterzogen.
... psychisch und physisch untersucht
In körperlicher Hinsicht wurden die Studenten (bzw. deren Blut) nach spezifischen Antikörpern untersucht. Die Menge an Antikörpern diente den britischen Forschern als Maß für den Schutz gegen Meningitis und die Wirksamkeit der vorangegangenen Impfung.
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Antikörper: Reaktion auf bestimmte Fremdkörper
Antikörper sind die von B-Lymphozyten und Plasmazellen als Reaktion auf einen bestimmten Fremdkörper (Antigen) gebildeten Immun-Moleküle. Dabei handelt es sich um so genannte Glykoproteine, die spezifisch an Antigene binden und die so genannte humorale Immunreaktion auslösen. Antikörper werden auch als Indikator für die Reaktionslage des Organismus gegen das Antigen (Immunität, Allergie) verwendet.
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Stress reduziert Impfschutz
Die Ergebnisse förderten zwei Zusammenhänge zutage: Eine hohe Menge an über längere Zeiträume erlebtem Stress sowie psychischem Unwohlbefinden (z.B. Angst und Anspannung) standen in starkem Zusammenhang mit einer geringen Konzentration an Antikörpern.

Keine Korrelation fanden sich hingegen mit dem Zeitpunkt der Impfung, dem sozialen Hintergrund oder dem Gesundheitsverhalten der Studenten.
Erster Nachweis bei speziellem Impfstoff
Damit bestätigt das Forscherteam der University of Birmingham Untersuchungen, die ähnliche Zusammenhänge in Bezug auf Hepatitis B-, Influenza- und Rubella-Impfstoffe belegt hatten.

Die aktuelle Studie bedeutet aber insofern medizinisches Neuland, als die britischen Wissenschaftler einen speziellen Impfstoff (ein so genanntes konjugiertes Vakzin) verwendeten. Bei dieser Art von Impfstoffen war bislang noch keine psycho-immunologische Wirkung nachgewiesen worden.
->   Mehr zum Thema Psychosomatik in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010