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ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Technologie .  Leben 
 
Zukunftsperspektiven: Medizin und Pharmazie im 21. Jahrhundert  
  Auf einem Kongress der "American Chemical Society" wurden die technologischen Errungenschaften der Biomedizin diskutiert. Dabei wurden Forschungsergebnisse und Vorhaben präsentiert, die Einblicke in die Zukunft der Pharmazie und Medizin ermöglichen. Einige Beispiele dieser "Science faction": Medikamenten-Mikrochips, künstliche Knochen und selbstzerstörende Sensoren im Körper.  
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"Future Directions of Drug Delivery Technologies"
Die "American Chemical Society" (ACS), ihres Zeichens die größte wissenschaftliche Gesellschaft der Welt, veranstaltete im Oktober dieses Jahres im Rahmen der Reihe "ProSpectives Conferences" einen Kongress mit dem Titel "Future Directions of Drug Delivery Technologies". Dabei konzentrierte man sich unter anderem auf die Zukunftsszenarien der Medikamentenverabreichung sowie der Gewebekulturtechnik - science.ORF.at präsentiert einen Überblick zu den abgehandelten Themen.
->   ACS ProSpectives Conference Series
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Traditionelle Verabreichung: Die Spritze
Traditionellerweise werden Medikamente mittels einer Injektion verabreicht. Die medizinische Forschung versucht diese Vorgehensweise durch Methoden höherer Effizienz und geringerer Invasivität zu ersetzen. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil Spritzen bei den Patienten durchaus unbeliebt sind.
Alternativen: Nasensprays und Pflaster
Beispiele für alternative Applikationsmethoden wären etwa Aerosol-Sprays, Nikotinpflaster und - natürlich - die gute alte Pille. Allerdings: Mehr als die Hälfte aller medizinischen Probleme können nicht durch Medikamente gelöst werden.

"Angenommen, jemand erleidet ein Leberversagen", erklärt der Biotechnologe Robert Langer vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), "dann gibt es keine Pille, die helfen kann. Der einzige Weg, um dieser Person zu helfen, ist eine Transplantation."
"Tissue Engineering" - Das Ohr am Mäuserücken
Um dieses Problem zu lösen, betätigt sich Langer als Pionier auf dem Gebiet des "Tissue Engineering" - der Entwicklung und Verabreichung von spezifischen Zellen anstelle von Medikamenten. Das wohl berühmteste Beispiel dafür ist jene Maus, auf deren Rücken ein künstlich hergestelltes menschliches Ohr verpflanzt wurde.
->   Gewebezüchtung: Therapie der Zukunft?
Künstliche Knochen
Ein weiterer Triumph der modernen Gewebekulturtechnik ist das Beispiel eines Jungen, dessen linke Körperhälfte von Geburt an einen völligen Mangel an Knochengewebe aufwies. Langer und seine Mitarbeiter stellten dem jungen Patienten einen künstlichen Brustkorb aus seinen eigenen Körperzellen her.

In neueren Forschungen gelang es dem Team um Langer sogar, neurale Stammzellen an einem Polymer wachsen zu lassen, das als Rückenmarksersatz diente. Diese sollen in Zukunft zur Heilung von Querschnittgelähmten eingesetzt werden. Bei Ratten ist dieses Vorhaben schon teilweise gelungen.
Selbstknotende Nähte
Eine andere Verwendung von Polymeren betrifft das Problem der Wundheilung. Hier ist es gelungen, Materialien herzustellen, die ihre Form in Abhängigkeit äußerer Bedingungen - wie etwa Körper- oder Raumtemperatur - ändern.

Diese Technologie könnte in Zukunft zur Entwicklung von Nähten führen, die zunächst locker gebunden werden und sich dann erst im menschlichen Körper selbständig straffen.
->   Polymere: High-Tech-Moleküle des 21. Jahrhunderts
"Warum gibt es keine Pille gegen Diabetes?"
"Wir können zwar Kopfweh durch Tabletten behandeln - warum gibt es aber keine Pille gegen Diabetes?", fragte Nicholas Peppas von der University of Texas am "ProSpectives"-Kongress. Die Antwort ist relativ simpel:

Insulin ist ein großes Protein, das durch Verdauungsenzyme abgebaut oder zumindest durch die Magensäure denaturiert wird. Mittlerweile ist es nach Peppas Angaben gelungen, eine Tablette zu entwickeln, durch die das Insulin die Magenpassage unbeschadet übersteht und den Wirkstoff im Blut verteilt.

Peppas Arbeitsgruppe arbeitet zur Zeit an der Entwicklung von Tabletten, deren Inhaltsstoff Calcitonin zur Behandlung von Osteoporose führen soll.
Mikrochip statt Pille
Die Einnahme von Medikamenten soll laut Robert Langer in Zukunft durch Mikrochips abgelöst werden, die unter der Haut implantiert werden. Das Forschungsteam um Langer entwickelt momentan einen solchen Chip, der kleine Reservoirs für Medikamente enthält und programmiert werden kann.

Die Programmierung betrifft nicht nur die korrekte Abgabe bestimmter Wirksubstanzen, sondern auch die Aufzeichnung der Patientendaten: "Jedes Mal, wenn der Chip eine Dosis verabreicht ", so Langer, "kann diese Information auf den Computer des Patienten und von dort in das Krankenhaus übertragen werden."
Prävention durch Nanotechnologie
Im Sinne der Maxime "Prävention statt Krankenbehandlung" setzt die Medizin der Zukunft auf Nanotechnologie. Am MIT arbeitet man zur Zeit an der Herstellung von Nanopartikeln, die spezifische Moleküle - wie z.B. Cholesterin oder Glukose - erkennen können.

Diese Sensoren sollen chemische Missverhältnisse im Körper erkennen und einen Mikrochip dazu veranlassen, das entsprechende Gegenmittel abzusondern. Die Nanopartikel werden zudem, so prognostiziert Robert Langer, biodegradierbar sein - das heißt, sie zerstören sich nach zwei Jahren selbständig.
->   American Chemical Society
->   MIT
->   University of Texas
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01.01.2010