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Mit Lasern gegen Phantom- und Nervenschmerz  
  Bei rund viertausend Patienten muss in Österreich jedes Jahr ein Arm oder ein Bein abgenommen werden. Bis zu achtzig Prozent von ihnen leidet nach der Amputation an Phantomschmerzen - sie empfinden scheinbare Schmerzen in jenem Körperteil, der nicht mehr vorhanden ist. In Wien wurde ein neues Operationsverfahren auf Laserbasis entwickelt, mit dem diesen Menschen geholfen werden kann.  
Bisher waren Phantomschmerzen und chronische Nervenschmerzen nach Operationen oder Verletzungen sehr schwer behandelbar. Für diese Fälle gibt es jetzt gibt im Wiener AKH eine Laseroperation, die erstmals Hilfe verspricht.

Etwa achtzig Patienten wurden bisher operiert. Bei über 50 Patienten - also rund siebzig Prozent - brachte der Lasereingriff Schmerzfreiheit oder zumindest eine deutliche Verbesserung.
Laser verschweißt überempfindliche Nerven
Bei der Laser-Operation - meist ein eher kleiner Eingriff unter Lokalanästhesie - verschweißen die plastischen Chirurgen den Ursprung der überempfindlichen Nervenfasern, häufig die Ursache der Phantom- oder chronischen Nervenschmerzen.
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Schmerzhafte Nervenwucherungen
Nerven in Armen und Beinen wachsen pro Tag etwa einen Millimeter. Muss beispielsweise ein Nerv bei einer Operation durchtrennt werden, kann es passieren, dass das freie Nerven-Ende versucht, das ursprüngliches Ziel zu erreichen und weiter wächst. Die Folge können äußerst schmerzhafte Nerven-Wucherungen sein, Neurom genannt.

Mit dem Laser blockieren die Experten das unerwünschte Nervenwachstum, erklärt Wolfgang Happak, Plastischer Chirurg am AKH Wien: "Unsere Theorie ist, dass das Laserschweißen die Nervenenden in sich selber verschließt. Dadurch wird verhindert, dass der Nerv weiter aussprosst. Der Nerv hat das Gefühl, er hat sein Ende schon erreicht und wächst nicht mehr weiter."
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Das Schmerzgedächtnis: Spuren im Gehirn
Doch nicht immer sind etwa Nervenwucherungen die Ursache von Phantomschmerzen. Aus der modernen Hirnforschung weiß man, dass langandauernde Schmerzen auch Spuren im Gehirn hinterlassen können.

Bei jeder Verletzung senden Schmerzrezeptoren elektrische Impulse an das Rückenmark. Dort werden die Nerven-Signale an das Gehirn weitergeleitet, wo die Empfindung Schmerz ausgelöst wird. Bei einem starken und lang anhaltenden Reiz kann sich der Schmerz verselbständigen. Es entsteht ein schwer zu löschendes Schmerzgedächtnis.

So können beispielsweise die starken Schmerzen vor oder während einer Amputation sehr häufig Spuren im Rückenmark und Gehirn hinterlassen. Daher bekommen Patienten heute vor Amputationen oft einen so genannten Kreuzstich, der die Nerven betäubt und einer Überempfindlichkeit des Rückenmarks vorbeugen soll.
->   science.ORF.at: Gedächtnisspuren führen zu chronischen Schmerzen
Spontane Heilung und Hilfe durch Medikamente
Die neue Schmerzforschung zeigt: Auch wenn der Schmerz bereits chronisch ist, gibt es Hoffnung. Das Schmerzgedächtnis kann spontan wieder verschwinden. Weiters zeigen erste Untersuchungen, dass starke morphinhältige Schmerzmittel die Veränderungen im Nervensystem wieder rückgängig machen könnten.
Wichtig: Hoffnung für die Patienten
Der Schmerzforscher Jürgen Sandkühler vom Institut für Hirnforschung in Wien warnt daher davor, Patienten mit chronischen Schmerzen jede Hoffnung zu rauben.

"Die Erkenntnis heißt, bei starken Schmerzen soll man die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses verhindern, das heißt aber nicht, dass alle chronischen Schmerzen durch ein Schmerzgedächtnis verursacht werden", so der Experte.

Im Gegenteil: Die Ursachen für chronische Schmerzen seien sehr vielfältig und der erfahrene Facharzt könne diese verschiedenen Ursachen erkennen. "Er kann auch Therapien anbieten, die den Ursachen entsprechen", so Sandkühler.

Sylvia Unterdorfer, Modern Times Gesundheit

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie am Freitag, den 28. 11. 2002, in der Sendung "Modern Times Gesundheit" ab 22.35 Uhr in ORF2.
->   Modern Times
->   Institut für Hirnforschung der Universität Wien
->   Allgemeines Krankenhaus Wien
->   Mehr zum Thema Schmerz in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010