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Flussverbauung verschärft Hochwassergefahr  
  In Österreich sind nur mehr 20 Prozent aller Flüsse natürlich oder naturnah. Die Hochwasserkatastrophen des Sommers zeigen ganz deutlich, dass eine massive Regulierung der Flüsse die Auswirkungen des Hochwassers verschärft hat.  
Eine Forschergruppe an der Universität für Bodenkultur hat die Flusslandschaften unter die Lupe genommen und sucht auf der internationalen Konferenz "Nachhaltiges Management von Flusslandschaften" in Wien nach Konzepten für die Renaturierung.

Nur 300 von 5.000 Flusskilometern sind nicht reguliert
Susanne Muhar von der Universität für Bodenkultur hat die 53 größten Flüsse Österreichs untersucht. "Diese Flüsse sind durchgehend reguliert. Wir konnten nachweisen, dass von 5.000 untersuchten Flusskilometern nur noch 300 Kilometer erhalten sind, die noch natürlicher morphologischer und hydrologischer Charakteristik entsprechen."
Hochwassergefahr durch Staustufen
Die Flüsse sind in ein Korsett gezwängt, es gibt keine natürlichen Überflutungsräume mehr, zu wenig Auen und zahlreiche Barrieren durch Kraftwerke. Welche Auswirkungen die Staustufen auf Hochwasser haben, zeigt eine Studie der Internationale Kommission zum Schutz des Rheins.

Die 10 Staustufen am Oberrhein verschärfen die Hochwassergefahr, sagt Anne Schulte-Wülwer-Leidig. "Durch den Stufenausbau gab es sehr viel höhere Hochwasser-Spitzen. Und die Beschleunigung der Welle ist enorm gewesen. Vorher hat die Welle einen Tag gebraucht, jetzt brauchte sie nur noch einen halben Tag."
->   Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins
Auf Stelzen bauen und Keller nicht nutzen
Am Rhein können nur mehr 15 Prozent der Überschwemmungsflächen zurückgewonnen werden. Der Rest ist besiedelt.

Dort gibt es nur noch eine Empfehlung, die Österreich als abschreckende Warnung dienen kann. "Die Hochwasser sind von der Bevölkerung vergessen worden", sagt Schulte-Wülwer-Leidig. "Hier können wir nicht in jedem Fall zurückgehen und sagen, die Häuser müssen abgerissen werden. Wir müssen zu einem stärker differenzierten Hochwasserschutz kommen. Wo heute noch frei ist, muss freigehalten werden, dort, wo bebaut ist, müssen sich die Menschen der Gefahrensituation anpassen. Sie müssen auf Stelzen bauen oder die Keller nicht hochwertig nutzen".
Überschwemmungsflächen schaffen
Die Hochwässer in Österreich haben auch jene Flussgebiete betroffen, die stark reguliert sind. Speziell die Verbauung der Flussober- und -mittelläufe verschärft die Auswirkungen des Hochwassers weiter unten. Erste Renaturierungsprojekte haben jedoch gezeigt, dass Flora und Fauna sehr rasch auf Veränderungen reagieren, sagt Muhar von der Abteilung für Hydrobiologie an der BOKU.

"Ein langfristiges Konzept sollte vorsehen, dass wir in den Ober- und Mittelläufen unserer Flüsse Wasser auch rückhalten und natürliche Systeme bilden, in denen sich dieses Wasser ausbreiten kann, damit das Hochwasser nicht verstärkt bis in den Unterlauf transportiert wird", meint Muhar.

In den vergangenen Jahren habe man die Wasserqualität verbessert. Jetzt sei es an der Zeit, die Struktur zu verbessern, um in Zukunft besser für Hochwässer gerüstet zu sein.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Flussplanung - Landschaftsplanung
->   Flusslandschaftstypen Österreichs
 
 
 
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01.01.2010