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Weltbevölkerungsbericht 2002: Warnung vor Armutsfalle  
  Der am Dienstag vorgestellte Weltbevölkerungsbericht 2002 der Vereinten Nationen warnt vor einer immer größer werdenden Kluft zwischen armen und reichen Ländern. Demnach sind hohes Bevölkerungswachstum, geringe Lebenserwartung und fehlende Bildung hauptverantwortlich für die dramatisch zunehmende Armut in den Entwicklungsländern. Ohne eine Senkung der Geburtenrate werden viele Entwicklungsländer nach Befürchtung der UN-Experten keinen Ausweg aus der Armutsfalle finden - doch die Bevölkerungszahl in den ärmsten Ländern der Welt werde sich in den nächsten 50 Jahren knapp verdreifachen.  
In den vergangenen 30 Jahren waren Entwicklungsländer, in denen die durchschnittliche Zahl der Kinder pro Frau zurückging, beim Aufbau ihrer Wirtschaft und der Bekämpfung der Armut erfolgreicher als Länder mit ungebremstem Bevölkerungswachstum, heißt es in dem in Berlin vorgestellten Weltbevölkerungsbericht 2002 des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA.
Industriestaaten zahlen zu wenig
Kritisch werteten die Experten die mangelnde Zahlungsbereitschaft der Industriestaaten. Im Jahr 2000 hätten die reichen Staaten für Familienplanung nur die Hälfte des Betrags ausgegeben, den sie auf dem Bevölkerungsgipfel 1994 in Kairo zugesagt hatten.
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Armutsfalle: Zahlen zeigen den Zusammenhang
"Überall wo die Wachstumsrate der Bevölkerung höher ist, als die Wachstumsrate der Wirtschaft, sitzen die Menschen in der so genannten Armutsfalle," kommentiert Ulrike Plichta, Geschäftsführerin der Österreichischen Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit (SWI) den Weltbevölkerungsbericht 2002.

Wo finanzielle Mittel knapp werden, fehlen sie für Investitionen im Gesundheitsbereich, im Bildungsbereich und vor allem bei der Gleichstellung der Geschlechter: "Fünf Milliarden Menschen sind nicht sozial versichert, 2,4 Milliarden fehlt jegliche medizinische Grundversorgung, 840 Millionen hungern, 42 Millionen sind HIV-positiv und werden die nächsten fünf Jahre nicht überleben, 1.600 Frauen sterben täglich an schwangerschaftsbedingten Ursachen. Jede dieser Zahlen erzählt das persönliche Schicksal mindestens einer Familie, deren Chance, der Armut zu entkommen gleich Null ist", so Plichta.
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Geburtenreduktion zur Armutsbekämpfung
Die UN-Experten errechneten laut Bericht, dass eine Senkung der Geburtenrate um 0,4 Prozent ein Jahrzehnt später einen Rückgang des Armenanteils an der Bevölkerung um 2,4 Prozentpunkte nach sich ziehe.

Wenn Armut wirksam bekämpft werden solle, müsse in vielen Ländern vor allem auch die Lage der Frauen verbessert werden: Durch bessere Bildungsmöglichkeiten, Zugang zur Familienplanung und einer niedrigeren Kindersterblichkeit werde es Frauen ermöglicht, weniger Kinder zu bekommen.

In den am wenigsten entwickelten Ländern der Erde hat sich die Zahl der Einwohner seit 1955 verdreifacht - in den kommenden 50 Jahren wird sie sich dort ohne wirksame Maßnahmen zur Familienplanung abermals verdreifachen, wie die UN-Experten warnen.
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Beispiel Brasilien und Mexiko
Die Wissenschaftler wiesen auf die Chancen hin, die sich aus sinkenden Geburtenraten ergeben. Wenn Menschen im arbeitsfähigen Alter weniger Kinder versorgen müssen, seien sie wirtschaftlich produktiver. Mehrere Länder in Ostasien sowie Brasilien und Mexiko hätten diese Phase "zu ihrem Vorteil genutzt", heißt es in dem Bericht. So habe allein der Rückgang der Geburtenrate in Brasilien zu einem zusätzlichen Wirtschaftswachstum pro Kopf von 0,7 Prozent geführt.
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Spannungsfeld "Bildung und Armut"
Die Österreichische Stiftung für Weltbevölkerung und Internationale Zusammenarbeit (SWI) betont in Bezug auf den nun veröffentlichten UNFPA-Bericht den Zusammenhang von fehlender Bildung und Armut:

"Insbesondere die Bildung der Frauen ist ein weiteres Kriterium im Spannungsfeld Armut und Bevölkerungswachstum: Studien ergeben, dass jedes zusätzliches Jahr Frauenbildung die Fertilitätsrate um 0,23 bis 0,32 Geburten senkt", heißt es in dem Kommentar.

Ebenso spiele Bildung der Frauen eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von HIV/Aids: "Aids ist heute die häufigste Todesursache in Afrika - hier infizieren sich täglich 14.000 Männer, Frauen und Kinder. Die Hälfte dieser Neuinfizierten betreffen 15- bis 24-Jährige - vor allem auf Grund mangelnder Aufklärung."
Schere zwischen Arm und Reich
Die Schere zwischen Armen und Reichen auf der Erde ist dem Bericht zufolge immer noch weit geöffnet. Im Jahr 1960 war das Einkommen des reichsten Fünftels der Weltbevölkerung 30 mal höher als das des ärmsten Fünftels.

Bis 1994 hatte sich der Unterschied bis auf eins zu 78 vergrößert, 1999 lag er immer noch bei eins zu 74. Die Armut werde besonders verstärkt durch Krankheiten wie Aids, durch Analphabetismus, unzureichende Bildung und mangelndes Mitspracherecht der Frauen.

In den am schlimmsten von der Aids-Epidemie betroffenen Ländern Afrikas wird das Wirtschaftsvolumen laut Weltbevölkerungsbericht in den kommenden zwei Jahren um 20 bis 40 Prozent unter dem Wert liegen, der ohne Aids erreicht worden wäre.
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Strategien für die zukünftige Armutsbekämpfung
Laut dem SWI sollte die zukünftige Armutsbekämpfung vor allem drei Aspekte berücksichtigen:

- Die Verbesserung der materiellen Situation, Wirtschaftswachstum sowie die Verbesserung sozialer (Bildung, Gesundheit) und technischer Infrastruktur.
- Die Schaffung entwicklungsfördernder Rahmenbedingungen (z. B. Verlangsamung des Bevölkerungswachstums), Dezentralisierung und Beseitigung von Diskriminierungen.
- Die Milderung der Folgen von Wirtschaftskrisen, Naturkatastrophen, Krieg und Krankheiten durch Sicherungssysteme.
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Bevölkerung in ärmsten Ländern wird sich verdreifachen
Strategien tun auf jeden Fall Not - denn nach den Berechnungen der Welt wird sich nach Berechnungen wird sich die Bevölkerungszahl in den ärmsten Ländern in den
nächsten 50 Jahren knapp verdreifachen.

In diesen Ländern leben dann fast zwei Milliarden Menschen. Jetzt leben dort 650 Millionen der insgesamt rund 6,2 Milliarden Menschen. Der absolute Zuwachs wird damit trotz der grassierenden Aids-Epidemie das Wachstum in den vergangenen fünf Jahrzehnten drastisch übertreffen.
->   Der UNFPA-Bericht 2002
->   United Nations Population Fund (UNFPA-Homepage)
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01.01.2010