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Gesunde Tiere durch Kräuter und Karotten  
  An der Veterinärmedizinischen Universität Wien werden Schweine, Kühe, Pferde und Hühner mit Kräutern und Karotten gegen Krankheiten geschützt. Die Fütterungsversuche sollen zeigen, dass es einen natürlichen Ersatz für Antibiotika als Leistungsförderer gibt. Zum Teil finden die Pflanzenstoffe schon seit Jahren ihre Anwendung in der Humanmedizin - als so genannte Phytopharmaka. Bald könnten sie verstärkt auch in der Tierzucht eingesetzt werden.  
In der Tierzucht werden seit Jahrzehnten Antibiotika eingesetzt, um Krankheiten vorzubeugen und das Wachstum der Tiere zu verbessern. In den vergangenen Jahren sind diese "antibiotischen Leistungsförderer" jedoch in Verruf geraten:

Es gibt Hinweise darauf, dass die Antibiotika-Rückstände im Fleisch zu resistenten Bakterien führen - und damit zu Problemen bei der Behandlung von Krankheiten beim Menschen. Die Europäische Union will deshalb ab dem Jahr 2006 den Einsatz von Antibiotika als Futterzusatz in der Tierzucht verbieten.
->   science.ORF.at: Keine Antibiotika in der Tiermast - keine Resistenzen?
Die Suche nach pflanzlichen Alternativen
Forscher aus dem EU-Raum suchen deshalb nach pflanzlichen Alternativen. Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität in Wien können bereits erste Erfolge vorweisen.

Die Schweine auf dem Versuchsgut der Universität - dem Hof Medau in Pottenstein - bekommen schon zum Frühstück eine Portion Schrot. Statt der üblichen Antibiotika sind dem Futter Kräuter wie Thymian, Oregano oder Salbei und Bestandteile von Karotten - die so genannten Pektine - beigemischt.
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Pektine: Gelierhilfe und Schutzschicht im Darm
Pektine sind vor allem aus den Schalen von Äpfeln bekannt und werden zum Beispiel als Gelierhilfe für Marmeladen eingesetzt. Sie sind aber auch in Karotten enthalten. Aus der Kinderheilkunde weiß man seit langem, dass Karottensuppe gegen Durchfall hilft. Mittlerweile ist bekannt warum: Die Pektine lagern sich an die Darmwand an und bilden eine Schutzschicht. Im Darm vorhandene Keime attackieren damit die Pektine statt der Darmschleimhaut und werden mit diesen einfach ausgeschieden, ohne Schaden anzurichten.
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Eine natürliche Gesundheitsvorsorge
Diese pflanzlichen Zusätze dienen der natürlichen Gesundheitsvorsorge: Sie schützen die Schweine vor Krankheiten und sorgen für besseres Wachstum - wobei sie sich sogar als wirksamer herausgestellt haben als ihre synthetischen Kollegen.
Pektine und Kräuter gegen den Durchfall
Junge Mastferkel etwa leiden häufig unter Durchfällen, nachdem sie von der Muttermilch abgesetzt werden. Im Schnitt ist die Hälfte der Tiere davon betroffen. Mit antibiotischen Leistungsförderern reduziert sich die Zahl der Durchfallerkrankungen auf 25 Prozent.

Bekommen die Tiere jedoch Karottenpektine und Kräuter, leiden nur mehr 15 Prozent unter Darmkrankheiten. "Das ist ein großartiger Erfolg", meint Chlodwig Franz, der als Vorstand des Instituts für Botanik der Veterinärmedizinschen Universität an dem Projekt beteiligt ist.
Schweinefleisch bleibt länger haltbar ...
Nicht schlecht gestaunt haben die Wissenschaftler, als sie das Fleisch von Schweinen, die mit Kräuterzusätzen gefüttert worden waren, untersuchten: Aus dem Fleisch erzeugter Speck und Wurst waren wesentlich länger haltbar. Die verfütterten Kräuter hatten den Oxidationsprozess - also das Ranzigwerden des Fettes - hinausgezögert.
Fruchtbarere Kühe und gesündere Hühner
Erfolgreich sind auch die Versuche mit Kälbern. Bei ihnen konnten die Durchfallerkrankungen durch die Beimischung von verschiedenen Kräutern in den Milchersatz eingedämmt werden.

Die Kräuter haben überraschenderweise einen zusätzlichen positiven Effekt: Bei ausgewachsenen Kühen werden die Eierstöcke besser durchblutet, die Kühe sind damit fruchtbarer.

Auch Hühner, die sehr häufig unter Darmkrankheiten leiden, sind durch die Zugabe von Oregano und Thymian zum Futter gesünder und wachsen besser.
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Kräutertabletten gegen Lungenerkrankungen bei Pferden
Von den Versuchen mit Heilkräutern können auch Pferdehalter profitieren. Pferde leiden sehr häufig an chronischen Lungenkrankheiten, die ihnen sehr zu schaffen machen. Da man den Tieren wegen der Nebenwirkungen nicht über längere Zeit Antibiotika geben kann, haben es die Forscher mit selbst gemischten Kräutertabletten versucht. Thymian, Primel und Pestwurz konnten die Lungenfunktion der Pferde wesentlich verbessern und haben bisher keine Nebenwirkungen gezeigt.
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Qualitätskontrolle mit modernen Methoden
Um die Qualität der eingesetzten Kräuter zu garantieren, werden die Pflanzen mit Gaschromatografie und Massenspektrometrie untersucht. Damit können Menge und einzelne Komponenten der darin enthaltenen gesundheitsfördernden ätherischen Öle genau erfasst werden.
Ätherische Öle und ihre Wirksamkeit
An den Projekten sind mehrere Abteilungen der Veterinärmedizinischen Universität beteiligt. In den Labors werden zum Beispiel verschiedene ätherische Öle von Kräutern und anderen Pflanzen auf ihre Wirksamkeit getestet: Zimtöl etwa konnte Bakterien bekämpfen, die bereits gegen alle Antibiotika resistent sind.

Sonja Bettel, Modern Times

Mehr zu diesem Thema erfahren Sie am Freitag, den 6. Dezember 2002 in der Sendung "Modern Times", um 22.35 Uhr, in ORF 2
->   "Modern Times"
->   Institut für Angewandte Botanik -Veterinärmedizinische Universität Wien
->   Lehr- und Forschungsgut der VetMed Wien
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Kräuter statt Pillen: Alternativen zur Schulmedizin
->   Pflanzliche Arzneimittel und Operationen
->   Pflanzenstoffe als Ersatz für Antibiotika in der Tierzucht
 
 
 
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01.01.2010