News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben 
 
Pflanzlicher "Staubsauger" für Schwermetalle  
  Bestimmte Pflanzen haben die Eigenschaft, giftige Schwermetalle aus dem Boden zu "saugen" - eine elegante Lösung, um sie zu bekämpfen. Die Gen-Struktur der Pflanzen haben Forscher nun analysiert.  
Stephan Clemens vom Institut für Pflanzenbiochemie in Halle forscht an so genannten Metallhyperakkumulierern. Das sind Pflanzen, die Schwermetalle von Natur aus besser tolerieren als andere.

Mit dem wachsenden Wissen um die allgemeinen Mechanismen der Metallaufnahme und -speicherung bei diesen Pflanzen bieten sich bald elegante Lösungswege, schwermetallverseuchte Böden von ihrem Übel zu befreien.
...
Schwermetalle im Boden: Ein zunehmendes Problem
Schwermetalle im Boden stellen den Menschen vor zunehmende Probleme. Vor allem die Düngung von Ackerflächen mit industriellen Klärschlämmen sorgt dafür, dass sich die natürlicherweise eher selten vorkommenden toxischen Metallverbindungen immer mehr in den oberen Bodenschichten anreichern. Dort bleiben sie, denn sie sind nicht abbaubar. Oder sie werden von Pflanzen aufgenommen und gelangen so in die menschliche Nahrungskette.
...
Arabidopsis halleri speichert Cadmium und Zink
Arabidopsis halleri ist eine enge Verwandte der genetischen Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Man findet Hallerie auf mittelalterlichen Bergbauhalden im Harz. Im Gegensatz zu ihrer wohlerforschten "Schwester" Thaliana toleriert und speichert Hallerie Cadmium und auch Zink.

In ihrer genetischen Information sind die beiden Arten jedoch weitgehend identisch, d.h. Hallerie besitzt keine spezielle Luxusausstattung an Toleranzgenen. Die Ursachen für diese Unterschiede in der Fitness sind eher quantitativer Natur.

Beim Aktivitätsvergleich mehrerer tausend Gene fanden die Hallenser Wissenschaftler heraus, dass in der metalltoleranten Halleri etwa 20 Gene stärker angeschaltet werden als in Thaliana.
Arabidopsis thaliana und Arabidopsis halleri
 
Bild: Institut f¿r Pflanzenbiochemie in Halle

Keimlinge von Arabidopsis thaliana und Arabidopsis halleri, die auf Nährböden mit und ohne Cadmium kultiviert wurden. Während Halleri (rechts) auf cadmiumhaltigem Boden (ganz rechts) prächtig gedeiht, mickert Thaliana (zweites Bild von links) vor sich hin.
Spezielle Eiweiße in größeren Mengen?
Das heißt: Innerhalb der Pflanzenzellen werden spezielle Eiweiße, die für die Schwermetalltoleranz offenbar bedeutsam sind, in viel größeren Mengen hergestellt.

Einige dieser Gene tragen unter anderem die Information von Eiweißen, die an der Herstellung bestimmter Metalltransporter beteiligt sind. Andere der stärker aktivierten DNS-Abschnitte sind in ihrer Funktion noch gänzlich unbekannt. Deren Aufklärung ist die nächste zu nehmende Hürde für die Biochemiker.

Die Ziele der Forscher: Zum einen Pflanzen, die besonders viel toxische Schwermetalle aus dem Boden ziehen und diesen so reinigen, zum anderen Nutzpflanzen, die besonders wenig der schädlichen Stoffe aufnehmen.
...
Phytoremediation und besonders resistente Pflanzen
Mit dem Wissen um die Funktion der Gene könnte man schnell wachsende Pflanzen gentechnisch derart verändern, dass sie besonders viel der toxischen Schwermetalle in ihren Blättern speichern. Diese Pflanzen würde man auf den verseuchten Böden aussähen und nach der Wachstumsphase einfach abernten. Mit ihnen ein Großteil der giftigen Stoffe. Diese Form der Dekontamination wird in Fachkreisen Phytoremediation genannt. Nach dem Verbrennen der abgeernteten Pflanzen könnte man die Schwermetalle in hochkomprimierter Form deponieren. (Bisher löst man das Problem, indem man den verseuchten Boden etwa einen Meter tief abträgt und im Ganzen einlagert.)

Zweitens gilt es Pflanzen zu "erschaffen", die besonders wenig der toxischen Verbindungen aufnehmen. Dazu gehört u.a. Tabak, der in gewissen Mengen Cadmium speichert. Cadmium schädigt Lungen und Nieren und gilt als potentiell krebserregend. Der Konsum von etwa 35 Zigaretten am Tag genügt, um die von der WHO vorgeschriebenen Grenzwerte an aufgenommenem Cadmium zu erreichen.
...
Anreicherung von wichtigen Metallen
Eine dritte praktische Anwendung ist die Anreicherung von lebenswichtigen Metallen in Kulturpflanzen. Eisenmangel stellt besonders für die dritte Welt ein ernstes Problem dar, weil Reis nur ganz wenig davon speichert.

Verschlimmernd kommt hinzu, dass Reis auch Cadmium enthält. Da Eisen und Cadmium im Darm durch die gleichen Mechanismen resorbiert werden, fällt eine gewisse Konzentration an Cadmium im Reis viel schwerer ins Gewicht als dieselbe Menge des toxischen Metalls in einer anderen Frucht; durch das Fehlen des konkurrierenden Eisens gelangt beim Verzehr von Reis viel mehr Cadmium ins Blut.

Theoretisch sollten deshalb die Grenzwerte an Cadmiumkonzentrationen für Reisäcker viel niedriger liegen als für Gerstenfelder. Jüngsten Schätzungen zufolge müssten demnach allein in Japan etwa 500.000 Hektar Reisanbaufläche "cadmiumgereinigt" werden.
->   Institut für Pflanzenbiochemie in Halle
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Pappeln und Weiden gegen Schwermetalle
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima .  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010