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Fortpflanzungstrick: Blume riecht wie Tierkadaver  
  Um ihre Fortpflanzung zu sichern, scheint manchen Arten jedes Mittel recht. Eine auf Mittelmeerinseln lebende Pflanze etwa bildet den Geruch verwesender Tierkadaver chemisch derart exakt nach, dass Fliegen nicht zwischen Gewächs und Tier unterscheiden können. Damit werden die Insekten in eine Falle gelockt, die der Fortpflanzung der Blume dient.  
Der Mix aus Schwefelverbindungen der Pflanze gleiche auffallend dem eines Kadavers, berichtet ein schwedisch-italienisches Team in der aktuellen Ausgabe von "Nature".

Die Pflanze mit dem volkstümlichen Namen Totes Pferd (Englisch: dead-horse arum) gehört zu den Aronstab-Gewächsen und lebt an den Küsten Sardiniens, Korsikas und der Baleareninseln.
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"Rotting smell of dead-horse arum florets"
Die Studie ist unter dem Titel "Rotting smell of dead-horse arum florets" in "Nature" (Bd. 420, S. 625, vom 12. Dezember 2002) erschienen.
->   Die Studie (kostenpflichtig)
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Insekten lassen sich täuschen ...
Weil die Insekten ihre Eier oft auf Kadavern ablegen, würden sie auch von der stinkenden Pflanze (Helicodiceros muscivorus) angezogen, schreiben die Forscher um Bill Hansson von der Universität für Agrarwissenschaft im schwedischen Alnarp.

Die Fliegen gelangen in Blütenkammern neben den weiblichen Sexualorganen und bestäuben die Blume mit den an ihrem Körper haftenden Pollen zuvor angeflogener Blüten. Der Blütenkelch hält die Tiere so lange gefangen, bis die Staubbeutel genügend Pollen produziert haben.
... und zwar immer wieder
Dieser frische Pollen bleibt wiederum an den Fliegen hängen, wenn sie davonfliegen. Weitere Anlock-Versuche mit Fliegen ergaben, dass die Insekten den echten Leichengeruch von dem künstlichen der Aronstabsgewächse praktisch nicht unterscheiden können.
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Aronstabgewächse : Einkeimblättrige Blütenpflanzen
Aronstabgewächse (Araceae) sind eine Familie der einkeimblättrigen Blütenpflanzen. Weltweit gibt es ca. 2.500 Arten, darunter Schling-, Sumpf- und Wasserpflanzen. Es befinden sich auch Nutz- und Heilpflanzen darunter, wie zum Beispiel das tropische Taro oder der Kalmus. Bekannt sind bei uns vor allem die Zierpflanzen, allen voran die Calla.
->   Mehr über Aronstabgewächse
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Ursache: Schwefelverbindungen
Um hinter das Geheimnis dieses besonders übelriechenden Falles von Mimikry zu kommen, unterzogen die Forscher Helicodiceros muscivorus einer chemischen Analyse.

Die Untersuchung mit Hilfe von Gaschromatographie ergab, dass die Planze so genannte Oligosulfide - Schwefelverbindungen - verströmt. Auch in der verrottenden Tierleiche sind diese Stoffe für den penetranten Gestank verantwortlich.
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Weitere Beispiele übler Geruch-Tricks
Das Aronstab-Gewächs ist nicht die einzige Pflanze, die mit üblem Geruch Fliegen zur Fortpflanzung anlockt. Auch die in Malaysia heimische Blume mit der größten bekannten Blüte, Rafflesia arnoldii, zieht Fliegen mit ihrem ekelhaften Geruch an. Diesen Trick nutzt ebenfalls die Gemeine Stinkmorchel (Phallus impudicus). Dieser Pilz strömt einen aasähnlichen Gestank aus, um seine Sporen zu verbreiten.
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Weitere Tricks wahrscheinlich
Hansson und sein Team mutmaßen, dass die chemische Mimikry der Pflanze von weiteren Eigenschaften unterstützt wird. Die Täuschung der Fliegen könnte durch optische und thermische "Tricks" vervollständigt werden.
->   Bilder der Pflanze
->   International Aroid (Aronstab) Society
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01.01.2010