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Physiker: Auch Anti-Neutrinos dürften sich verändern  
  Nicht nur Neutrinos, sondern auch Anti-Neutrinos können sich laut neuesten Forschungen am japanischen "KamLAND"-Detektor verändern und in andere Anti-Neutrino-Typen umwandeln, meinen Physiker.  
Damit bestätigen sich jüngste Theorien, wonach die geisterhaften Teilchen Masse besitzen und jedenfalls einen Teil der fieberhaft gesuchten Dunklen Materie ausmachen könnten. Die Untersuchungen wurden in der Wissenschaftszeitschrift "New Scientist" veröffentlicht.
Die kleinsten bekannten Elementarteilchen
Neutrinos gelten als die kleinsten bekannten Elementarteilchen. Da sie auch noch elektrisch ungeladen sind, gehen sie durch die meiste Materie ohne irgendwelche Berührungen.
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Neutrinos - Botschafter aus dem All
Neutrinos unterliegen nur einer der vier fundamentalen Wechselwirkungen, die heute der Physik bekannt sind. Die für die Neutrinos relevante schwache Wechselwirkung ist für den radioaktiven Beta-Zerfall und ähnliche Prozesse verantwortlich. Da Neutrinos zudem sehr kleine Reaktions-Wirkungsquerschnitte besitzen, können sie nahezu ungehindert Materie durchdringen. Im Standardmodell der Elementarteilchenphysik bilden Neutrinos zusammen mit den drei geladenen Fermionen Elektron, Myon sowie Tau die Gruppe der so genannten Leptonen.
->   Mehr Infos zu "The neutrino and its friends"
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Milliarden von Sonnen-Neutrinos pro Sekunde
Laut Schätzungen von Experten wird auf der Erde eine Fläche von der Größe einer Fingerkuppe in jeder Sekunde von etwa 65 Milliarden von der Sonne stammenden Neutrinos durchdrungen, nur ein winziger Bruchteil kollidiert dabei mit anderen Teilchen - etwa Protonen.

Dementsprechend schwierig ist die Untersuchung der Neutrinos, sie fliegen nämlich auch durch jeden Detektor hindurch, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen. Die Wissenschaft hat aber dennoch Möglichkeiten ersonnen, wie sie den "flüchtigen Gesellen" auf die Schliche kommen.
Typische Leuchtspur verrät die Teilchen
So werden riesige unterirdische Wassertanks ständig von Fotosensoren beobachtet. Kommt es zu einem der wenigen Kontakte der Neutrinos mit Teilchen des Wassers, gibt es eine typische Leuchtspur.

Bereits 1998 ist es Physikern gelungen, Neutrinos von der Sonne in größerer Zahl zu beobachten: Überraschenderweise waren es deutlich weniger als erwartet. Daraufhin wurden die grundlegenden Theorien überprüft und auf Grund anderer Beobachtungen voll bestätigt.
Verschiedenste Neutrino-Sorten ...
Die Forscher kamen daher zu dem Entschluss, dass sich zwar die richtige Menge an Neutrinos von der Sonne in Richtung unseres Planeten aufmacht.

Ein Teil verändert sich allerdings auf der rund achtminütigen Reise und wird für die irdischen Messinstrumente unsichtbar. Denn es gibt tatsächlich mehrere Neutrino-Sorten, und nicht alle werden von den Tanks registriert.
Verwandlungsfähigkeit als Beweis für Masse
Diese Erkenntnis hat weit reichende Bedeutung für die Theoretiker. Denn wenn sich Neutrinos von einem in einen anderen Typ verwandeln können - so versichern sie -, dann müssen sie auch eine Masse haben; eine Tatsache, die bis dahin unklar war.
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Neutrinos als Erklärung für die "Dunkle Materie"?
Dass Neutrinos eine - wenn auch geringe - Masse haben, interessiert wieder die Kosmologen und Astrophysiker, denn dann kommen die Teilchen als Erklärung für die so genannte Dunkle Materie in Frage. Denn seit langem ist klar, dass die sichtbare Masse von Sternen und Galaxien nicht alles sein kann, was in den Tiefen des Alls zu finden ist. Schwerkraftberechnungen und Computersimulationen zeigen: Da muss noch was sein.
->   Mehr Infos zu Dunkler Materie bei der Universität München
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"KamLAND" hat Anti-Neutrinos untersucht
Bisher wurden hauptsächlich Neutrinos untersucht, aber - wie jedes anständige Elementarteilchen - besitzen sie auch Gegenstücke, Anti-Neutrinos. Für ihre Untersuchungen am japanischen "KamLAND" wurden riesige ölgefüllte Wetterballons in unterirdischen Bergwerken untergebracht und dann beobachtet.

Die Experimente wurden so ausgerichtet, dass man so genannte Elektron-Anti-Neutrinos - wie sie in Kernkraftwerken entstehen - aufspüren kann.
Zu wenige gefunden - Verwandlung in andere Typen?
Ebenso wie bei den Sonnen-Neutrinos war das Ergebnis gegenüber den Erwartungen zu gering. Die Physiker nehmen daher an, dass sich die Elektron-Anti-Neutrinos auf ihrer Reise vom Reaktor bis zum Detektor in so genannte Myon- oder Tau-Anti-Neutrinos verwandelt haben und so für die Detektoren unsichtbar blieben.
->   "New Scientist"
->   Die offizielle "KamLAND"-Homepage (Japan)
->   Englische "KamLAND"-Seite
->   Artikel zum Thema Neutrinos in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010