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Vermeidung von Kontaminationen
Josef Hinterholzer, AGES - Institut für Pflanzenbau
 
  Unter den derzeitigen Bedingungen können GVO-Verunreinigungen in der österreichischen Pflanzenproduktion weitestgehend vermieden, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden.  
Saatgut wird in den EU-Staaten erzeugt, jedoch auch aus zahlreichen Drittländern (Nord- und Südamerika, Mittel- und Osteuropa) importiert. In einigen dieser Länder werden sowohl GVO-Sorten als auch gentechnisch unveränderte Sorten produziert. Wenn auch in der EU kein größerer Anbau von GVO-Sorten (ausgenommen Spanien) erfolgt, sind Kontaminationen im Saatgut und somit in den Konsumbeständen nicht auszuschließen.

Soferne das Ausgangsmaterial gentechnikfrei ist und keine Verunreinigungen im Zuge der Saatgutproduktion durch mechanische Vermengung, Durchwuchs (z.B. Raps) oder fremden GVO-Pollen (Windverfrachtung, Insekten etc.) auftreten und dies auch für den Konsumanbau zutrifft, kann gentechnikfreies Erntegut produziert werden. Der Anbau von GVO-Sorten würde das Risiko von Kontaminationen erheblich erhöhen.
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Pollenverbreitung
An der Pollenverbreitung sind neben dem Wind auch Insekten (Bienen, Hummeln, Schmetterlinge), Vögel und Säugetiere beteiligt. In der Saatgutproduktion müssen daher je nach Pflanzenart unterschiedliche Isolationsabstände eingehalten werden, um unerwünschte Fremdbefruchtung gering zu halten.Falls GVO-Sorten am EU-Markt angeboten und auch in Österreich vertrieben werden, wird die im konventionellen und im Biolandbau geforderte "Gentechnikfreiheit" kaum einzuhalten sein, soferne nicht auch hier Schwellenwerte fixiert werden.
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Monitoring und Kennzeichnung für Rückverfolgbarkeit
Von der "Grünen Gentechnik" wird Transparenz und Wahlfreiheit gefordert. Monitoring und Kennzeichnung sind wichtige Maßnahmen für die Rückverfolgbarkeit. Durchgehende Sicherungssysteme verursachen höhere Kosten, die den Wettbewerb beeinflussen. Kosten-Nutzenanalysen wären anzustellen.
Trennung der Ernteprodukte
Eine Trennung von Ernteerzeugnissen ist in vielen Bereichen üblich (Futterweizen - Mahlweizen, Futtergerste - Braugerste, Bioprodukte - konventionelle Produkte etc.). Die Wahrung der Identität ist im Bereich der GVO-Verunreinigungen mit hohen Kosten verbunden. In Bioprodukten wird die Zumischung von nicht biologisch erzeugter Ware bis zu einer Fünf-Prozent-Grenze toleriert.

Ernteprodukte werden am landwirtschaftlichen Betrieb als Futtermittel (z.B. Futterweizen, geschrotene Sojabohne, Rübenblätter), Lebensmittel (Mahlweizen, Maisgrieß) oder als Rohstoff für die Verarbeitungsindustrie (Zucker, Öl, Protein, Faser, Energie etc.) bereitgestellt. Industrielle Verarbeiter verlangen von den vielen Lieferanten gentechnikfreie Lieferungen. Dies gilt auch für Einfuhren aus Drittländern. Spätestens vor der gemeinsamen Lagerung müssen die Chargen auf GVO-Verunreinigungen untersucht bzw. begutachtet sein.
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Saatgut: Unterschiedliche Begrenzungen
Im Falle des Saatgutes begrenzt die österreichische Saatgut-Gentechnik-VO auf Basis einer 95-prozentigen statistischen Sicherheit ein Nichtvorhandensein in der Erstuntersuchung und 0,1 Prozent in der Nachuntersuchung. Dagegen werden in der EU für zugelassene GVO je nach Pflanzenart Werte zwischen 0,3 und 0,7 Prozent diskutiert.
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Einhaltung von Null-Toleranz unmöglich
Im Bereich der Probenahme sind statistische Erfordernisse zu berücksichtigen, um repräsentative Ergebnisse zu erzielen. Sehr niedrige Schwellenwerte erhöhen die Ungenauigkeit der Untersuchung. Die Einhaltung einer Null-Toleranz ist auch mit großem Aufwand nicht mit absoluter Sicherheit zu gewährleisten.
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Tests kosten zwischen 200 und 500 Euro
Mittels molekularbiologischer Methoden werden GVO identifiziert. Ein PCR-Test kostet etwa zwischen 200 und 500 Euro, abhängig vom Schwellenwert und der Anzahl der Veränderungen.
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Eine Abstimmung internationaler Schwellenwerte wäre sowohl im Handel als auch für die Untersuchung von Vorteil.

GVO-Freiheit kann statistisch nicht "Null" bedeuten. Generell ist festzustellen, dass die Untersuchungsmethoden in Zukunft noch geringere Mengen an Verunreinigungen quantifizieren können.
Ist eine gentechnikfreie Landwirtschaft realisierbar?
Viele Experten gehen davon aus, dass in den kommenden Jahren gentechnisch veränderte Sorten in der EU zugelassen werden. Wann das derzeitige Zulassungsmoratorium in der EU aufgehoben wird, ist nicht bekannt. Während in Österreich die Pflanzenproduktion derzeit ohne gentechnisch veränderte Sorten erfolgt, werden tausende Tonnen gentechnisch veränderte Futtermittel (insbesondere Sojaschrot) importiert.

Berücksichtigt man "unvermeidbare Verunreinigungen" in gentechnisch nicht veränderten Sorten, dann ist eine gentechnikfreie Landwirtschaft im strengen Sinne nicht zutreffend. Allerdings haben die Bestimmungen der Österreichischen Saatgut-Gentechnik-VO und die damit verbundenen Erfordernisse dazu geführt, dass in Österreich im Saatgutmarkt von einem hohen Sicherheitsniveau gesprochen werden kann.

Die Stärkeverarbeitung hat ein Qualitätsmanagement-System zur Erzeugung von Maisstärke aus GVO-freier Produktion eingeführt. Eine Vielzahl von Analysen und Kontrollen sichern in separaten Verarbeitungsabläufen die gestellten Erfordernisse. Den Rohstoff beschafft sich der Verarbeiter durch Vertragsanbau. Der Anbau gentechnisch veränderter Sorten würde das Rohstoffaufkommen erschweren und die Kosten für die Kontrollen erhöhen.

Die Errichtung gentechnikfreier Gebiete verlangen rechtliche und wirtschaftliche Maßnahmen, deren Durchführbarkeit einen hohen Kontrollaufwand erfordern.
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Josef Hinterholzer, AGES - Institut für Pflanzenbau
Josef Hinterholzer ist Leiter des Institut für Pflanzenbau der AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit)
->   AGES - Institut für Pflanzenbau
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01.01.2010