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Erste Bilder des hochenergetischen Universums  
  Integral, das Gammastrahlenobservatorium der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), hat seine erste Bewährungsprobe bestanden: In Paris wurden erste Bilder des hochenergetischen Universums der Öffentlichkeit vorgestellt. Astronomen bezeichnen diese Anfangsbeobachtungen als "First-light"-Aufnahmen. Darunter sind beispielsweise Bilder einer gewaltigen Explosion: eines Gammastrahlenausbruches.  
Das Universum ist Schauplatz heftiger Ereignisse wie explodierende und kollabierende Sterne - darunter ultrakomprimierte Neutronensterne und die alles verschlingenden Schwarzen Löcher.
Integral sucht nach "unsichtbaren" Energiequellen
Bild: ESA
Diese Himmelsobjekte erzeugen Röntgen- und Gammastrahlen, die um ein Vielfaches energiereicher sind als die optische Strahlung, die mit bloßem Auge und optischen Teleskopen erfasst werden kann. Auf der Suche nach bislang weitgehend unsichtbaren Energiequellen befindet sich nun der ESA-Satellit Integral.

Astronomen vermuten beispielsweise, dass sich rund 30.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ein gigantisches Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxie befindet. Dafür könnte Integral die Beweise liefern - und auch zahlreiche andere "kosmische Geheimnisse" lüften.
->   science.ORF.at: Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße
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Integral und der Einfluss des Weltraumwetters
Integral wurde am 17. Oktober 2002 vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus gestartet. Der Satellit befindet sich - nach einigen Manövern - auf seiner Einsatzbahn in 9.000 bis 153.000 km Höhe über der Erde. Zwar umkreist Integral die Erde oberhalb ihrer Atmosphäre und ihres Wetters, ist auf seiner Bahn aber dem Einfluss des so genannten Weltraumwetters ausgesetzt. Dies besteht aus einem ständigen Regen winziger Teilchen, die Detektoren für Gammastrahlung vorübergehend blenden können. Das Instrument JEM-X erwies sich als besonders empfindlich, weshalb die Wissenschaftler seine Einstellung ändern mussten.
->   Mehr zum Thema Weltraumwetter in science.ORF.at
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Erste Aufnahme eines Gammastrahlenausbruches
Bereits während seiner Anfangsbeobachtungen hat Integral einen ersten Gammastrahlenausbruch erfasst. Diese gewaltigen Explosionen sind nicht vorhersehbar; bekannt ist nur, dass sie durchschnittlich zweimal pro Tag an unterschiedlichen Stellen im Universum stattfinden.

Ihre genaue Quelle ist unklar: Sie könnten durch das Kollabieren riesiger Sterne ausgelöst werden, aber auch durch Kollisionen zwischen zwei Neutronensternen. Integral soll wichtige Aufschlüsse über diese Vorgänge liefern und die Wissenschaftler der Lösung dieses besonderen Rätsels näherbringen.
Ein Regen von Strahlen um den Satelliten
 
Bild: ESA

Links: Künstliche Darstellung eines Gammastrahlenausbruchs. Rechts: Die Integral-Aufnahme vom 25. November: Rund 20 Sekunden lang hüllte ein Regen von Gammastrahlen den Satelliten ein und wurde von zwei Instrumenten an Bord aufgenommen.

Zur Untersuchung dieser Phänomene führt Integral zwei leistungsstarke Gammastrahlen-Instrumente mit: eine Kamera namens IBIS und ein Spektrometer namens SPI. Spektrometer dienen zur Messung der Energie der empfangenen Gammastrahlung.

Gammstrahlenquellen sind oft äußerst variabel und können innerhalb von Minuten oder Sekunden schwanken. Es ist daher wesentlich, dass Daten gleichzeitig in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen gesammelt werden. Deshalb ist Integral zusätzlich mit einem Röntgen- und einem optischen Begleitinstrument (JEM-X und OMC) ausgestattet.

Alle vier Instrumente beobachten dieselben Objekte zur selben Zeit. Auf diese Weise können sie flüchtige Ereignisse lückenlos erfassen. Integral sendet die Daten aller Instrumente an das Wissenschaftliche Integral-Datenzentrum (ISDC) bei Genf in der Schweiz, wo sie verarbeitet und dann den Wissenschaftlern zugänglich gemacht werden.
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Gammastrahlenausbrüche: Blitzlichter kosmischer Urgewalten
1967, wenige Jahre nach dem weltweiten Verbot oberirdischer Atombombenversuche, registrierten von den USA zur Überwachung eingesetzte Satelliten einen kurzen Ausbruch von Gamma-Strahlen - typisch für das Zünden einer Atombombe. Erst 1972 wurde deren Ursprung bekannt: Man hatte ein völlig neues astronomisches Phänomen entdeckt.

In den folgenden Jahren wurden immer mehr solcher Gamma-Ausbrüche gemessen. Erst 1997 entdeckte die Europäischen Südsternwarte ESO die Quelle einer solchen Explosion: eine Supernova. Mittlerweile sind sich die Astronomen sicher, dass die Gamma-Bursts Blitzlichter von unvorstellbaren kosmischen Gewaltereignissen sind. Mögliche Verursacher neben den extrem starken Supernovae, so genannte Hypernovae, sind Kollisionen von zwei sehr massereichen Himmelsobjekten. Dafür in Frage kommen etwa Neutronen-Sterne, deren Materie extrem dicht zusammengepackt ist, oder schwarze Löcher.
->   Mehr zu Gammastrahlenausbrüchen in science.ORF.at
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Erster Test: Blick auf die Cygnus-Region
Bild: ESA
So soll Cygnus X-1 bzw. das Schwarze Loch nach den Vorstellungen der Wissenschaftler in etwa aussehen.
Als erster Test wurde der Blick des Observatoriums auf die Cygnus-Region des Himmels - insbesondere auf das rätselhafte Objekt Cygnus X-1 - gerichtet. Seit den 60er Jahren ist bekannt, dass von diesem Objekt eine konstante energiereiche Strahlung ausgeht.

Die meisten Wissenschaftler glauben, dass Cygnus X-1 ein Schwarzes Loch mit der fünffachen Masse unserer Sonne ist, das einen nahen Stern verschlingt. Die Beobachtung von Cygnus X-1, das "nur" 10 000 Lichtjahre von der Erde entfernt und damit ein vergleichsweise nahes Objekt unserer Galaxie ist, stellt einen wichtigen Schritt zur Lösung des Rätsels dar.
Eine der hellsten Strahlenquellen am Himmel
 
Bilder: ESA

Die Bilder von links nach rechts: 1. Aufnahme des optischen Instrumentes OMC (Optical Monitoring Camera) - Cygnus X-1 im Zentrum; 2. Aufnahme mit dem Röntgeninstrument JEM-X (Joint European X-ray Monitor) - Cygnus X-1 ist deutlich zu erkennen, während "normale" Sterne kaum Röntgenstrahlen absondern und daher in diesem Bild kaum aufscheinen; 3. Aufnahme mit der Kamera IBIS (Imager on Board the Integral Satellite) - zeigt neben Cygnus X-1 rechts unten mit Cygnus X-3 (links oben) eine weitere Quelle hochenergetischer Strahlung - die Wissenschaftler vermuten, dass es sich um einen Neutronenstern handelt; 4. Aufnahme mit dem Spektrometer SPI - auch hier sieht man Cygnus X-1 und 3

Cygnus X-1 ist eine der hellsten Quellen hochenergetischer Strahlung am Himmel. Sie ist im Sternbild Schwan gelegen - etwa auf halbem Wege entlang der Reihe von Sternen, die den Hals des Schwans bilden - und rund 10.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.

Entdeckt wurde Cygnus X-1 in den 60er Jahren; sein Begleitstern, HDE 226868, ist ein blauer Überriese mit einer Oberflächentemperatur von 31.000 Grad Kelvin. Er umläuft das Schwarze Loch einmal alle 5,6 Tage.
Erste Bilder beweisen: Integral voll funktionstüchtig
"Wir haben die Leistung der Instrumente im Hinblick auf die insgesamt beste wissenschaftliche Ausbeute optimiert. Wir erwarten, dass spätestens am Jahresende Integral für die Nutzung durch Astronomen in aller Welt bereit sein wird," prognostiziert Arvind Parmar, der kommissarische Projektwissenschaftler der ESA in einer Aussendung.

Die ersten Bilder und Spektren beweisen demnach, dass Integral in der Lage ist, die ihm zugedachten Aufgaben zu erfüllen - und mit seinen Beobachtungsdaten einige der Geheimnisse des hochenergetischen Universums zu enthüllen hilft.

Die Dauer der Mission ist ursprünglich auf zwei Jahren ausgelegt, doch führt der Satellit ausreichend Treibstoff mit, um - wenn keine Pannen auftreten - seinen Einsatz auf insgesamt fünf Jahre zu verlängern.
->   Integral in sci.esa.int
->   Integral in www.esa.int
 
 
 
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01.01.2010