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Wiener unter Top Ten der Wissenschaft 2002  
  Dem Wiener Physiker Ferenc Krausz wird eine besondere Ehre zuteil. Das amerikanische Wissenschaftsmagazin "Science" zählt seine Arbeiten im Bereich der "Attophysik" zu den zehn wichtigsten Entdeckungen des Jahres 2002. Der erste Platz dieses alljährlich publizierten Rankings geht an Forschungen zu einem bisher unterschätzten Bauteil des Lebens: Die so genannte "Small RNA" (Kleine Ribonukleinsäure), die an überraschend vielen Schalthebeln von Zellen sitzt und das Verhalten von Genen kontrolliert. Ebenfalls unter den Top Ten: Neues von den Neutrinos, der älteste Menschenvorfahre und "Babybilder" des Universums.  
Attophysik: "Fotografieren" von Elektronen
Der Wittgenstein-Preisträger Ferenc Krausz zählt zu den führenden Köpfen der Teilchenforschung. Erstmals gelang es ihm heuer, mit Hilfe ultrakurzer Laserblitze das Verhalten von Elektronen in der Atomhülle direkt zu beobachten und zu "fotografieren".

Krausz und sein Team aus Österreich und Deutschland zerlegten mit ihren Pulsen Vorgänge in der Mikrowelt der Atome und Moleküle und machten sie sichtbar. Für ihre Untersuchung benutzten die Forscher nur 900 Attosekunden kurze Pulse (Atto: zehn hoch minus 18).
->   Erste direkte Beobachtung von Elektronen
Während manche von der Entdeckung eines neuen Forschungsbereichs - der "Attophysik" - sprachen, hat "Science" die Arbeiten des Österreichers und seines Teams unter die zehn wichtigsten Wissenschafts-News des Jahres gewählt.
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Das Ranking von "Science" ist heuer bereits zum 14. Mal erschienen, heuer in der Ausgabe: Bd. 298, S. 2296.
->   "Science"
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Klein, aber fein: Small RNA

Science-Cover
Zur absoluten Nummer Eins der Entdeckungen erklärte "Science" die Arbeiten zur Small RNA. Für Biologen war Ribonukleinsäure (RNA/ribonucleic acid) viele Jahre nicht mehr als das ausführende Organ von Befehlen des Erbmaterials DNA bei der Protein-Produktion.

Weit gefehlt, informierte "Science" in Online-Ausgaben Ende August: Small RNA sorgt bei der Zellteilung demzufolge für Ordnung unter dem Erbmaterial auf den einzelnen Chromosomen. Außerdem kann es Gene vorübergehend ein- und ausschalten und ungewollte Teile der DNA sogar für immer löschen.

Damit könnte das Steuermolekül einmal eine maßgebliche Rolle in der Krebstherapie spielen. Darüber hinaus setzen Forscher in der Stammzellenforschung auf "Small RNA". Sie hoffen, dass sie ihnen eines Tages dabei hilft, aus noch undifferenzierten Stammzellen ganz spezifische Zelltypen zur Regeneration von krankem und erschlafftem Gewebe zu formen.
->   Die RNA-Welt (Renee Schröder)
->   Binäre RNA - Urform des Lebens?
Neues von den Neutrinos
Neben dieser Hauptentdeckung und Krausz' Attophysik zitiert "Science" acht weitere Forschungsbereiche, die unter die Top Ten der Wissenschaftsmeldungen des Jahres kommen.

Neuigkeiten hat es etwa bei einem der mysteriösesten aller Teilchen gegeben, dem so genannten Neutrino. Die 1930 erstmals theoretisch postulierten, aber höchst schwer nachzuweisenden Partikel werden in riesiger Zahl u.a. von der Sonne produziert ("Elektronen-Neutrinos"). Jahrzehntelang war unklar, wieso eine viel geringere Menge als erwartet auf der Erde eintrifft.

2002 gab es neue Hinweise, dass sich die fehlenden Neutrinos während ihrer Reise von der Sonne zur Erde in andere Typen verwandeln, die nicht von herkömmlichen Detektoren gemessen werden können.
->   Mehr über Neutrinos ...
->   ... und Antineutrinos
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Wie das Gefühl von Schärfe entsteht
Neue Antworten gab es auch auf die Frage, wie das Gefühl von "Schärfe" bei pikanten Speisen entsteht bzw. warum Minzgeschmack im Mund einen kühlenden Effekt hat. Einige Proteine auf den Oberflächen bestimmter Zellen wurden ausfindig gemacht, die sowohl auf bestimmte chemische "Geschmacksrichtungen" als auch auf Temperaturänderungen reagieren.
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Fortschritte in der Genom-Forschung
"Genom-Forschung für das öffentliche Wohl" nennt "Science" die Fortschritte im Gentech-Bereich. Erstmals seien Organismen sequenziert worden, die von großem Interesse für die öffentliche Gesundheit und die Landwirtschaft seien. Darunter Arten von Indica-Reis, der Malaria-Parasit Plasmodium falciparum und sein Überträger, das Moskito Anopheles gambiae.

Während gentechnisch veränderte und somit resistentere Nahrungsmittel eine Waffe im Kampf gegen den Welthunger sein könnten, lasse die Malaria-Sequenzierung Hoffnung auf neue Strategien zu, die Tropenkrankheit zu bekämpfen.
->   Biotech-Industrie: Gentechnik gegen Welthunger
->   Malaria: Erreger und Überträger genetisch entschlüsselt
"Babybilder" des Universums
Neuigkeiten gab es heuer auch über die "Kinderstube des Universums". Bestimmte Eigenschaften der übrig gebliebenen Energie des Urknalls - die so genannte kosmische Hintergrundstrahlung - lassen Schlüsse auf die Vergangenheit und die Zukunft des Weltalls zu.

Der "Cosmic Background Imager", eine Teleskopen-Anlage in Chile, konnte die bisher schärfsten "Bilder" des ältesten vom Universum ausgestrahlten Lichtes aufnehmen. Sie zeigen die "provisorischen" Ursprünge von Materie und Energie, 300.000 Jahre nach dem Urknall.
->   Das erste Licht des Universums
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Neue Technik: Zellen in 3-D
Auch unter den Top Ten der Wissenschaftsmeldungen des Jahres: Dreidimensionale Bilder von Zellen, die dazu helfen sollen, ihre Mechanismen weiter aufdecken. Bei der "Elektronentomographie" werden Bilder der Zellen aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Ebenen aufgenommen. Aus diesen verschiedenen zweidimensionalen Bildern lässt sich ein dreidimensionales Bild rekonstruieren.
->   "Momentaufnahme" von intakten Zellen
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Neues zur inneren Uhr von Organismen
Ebenfalls unter den Top Ten befinden sich Erkenntnisse zur "inneren Uhr" von Organismen. Eine neue Klasse lichtempfindlicher Zellen in der Retina von Säugetieren wurde in Zusammenhang gebracht mit dem Setzen dieser Uhr, für den richtigen Ablauf des so genannten circadianen Rhythmus. Dies, so schreibt "Science" , könnte zu neuen Einsichten von Phänomenen wie Winterdepression oder Jet Lag führen.
->   Wie die innere Uhr mit dem Körper spricht
->   Fehlendes Gen führt zu tödlicher Diät
Weltallbilder werden immer schärfer
Innovative Technologien ("adaptive Optik") erlauben es Teleskopen von der Erde aus immer schärfere Bilder des Weltalls zu machen - und die "störenden" Effekte der Atmosphäre auszuschalten. Betroffen sind die Teleskop-Anlagen Keck auf Hawai und das Very Large Telescope (VLT) der ESO in Chile.

Mit Hilfe des letzteren konnte heuer der endgültige Beweis erbracht werden, dass sich im Zentrum unseres Milchstraßensystems ein supermassives Schwarzes Loch befindet.

Dies gelang durch die Beobachtung eines Sterns, der das galaktische Schwerkraftzentrum innerhalb von nur 15 Jahren umkreist und dabei eine Geschwindigkeit von 5.000 Kilometern pro Sekunde erreicht.
->   Turbostern gibt Hinweise auf Schwarzes Loch
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Ältester Menschenvorfahre "Sahelanthropus tchadensis"
Im Juli wurde der Fund eines gut sechs Millionen Jahre alten Primatenschädels in Westafrika publiziert, der bisherige Theorien über die Ahnen des Menschen revidierte. Der "Sahelanthropus tchadensis" getaufte Schädel ist doppelt so alt wie die berühmte "Lucy", die lange Zeit als letzter, gemeinsamer Vorfahre mehrerer Abstammungslinien von Hominiden galt.
->   Ältester "Menschenvorfahre" gefunden
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Bioterror als Thema der Wissenschaft
Im Jahr Eins nach den Anschlägen vom 11. September war auch "Bioterror" ein Thema für die Wissenschaft. "Science" widmet ihm einen Spezialteil, dessen Titel "Die Ruhe nach dem Sturm" programmatisch ist. Nicht die Forschung, sondern politische Entscheidungen verzögern demzufolge die Vorbeugung auf eventuelle Anschläge in den USA.
Größter Fehlschlag 2002: Forschungs-Betrug
Als größten Fehlschlag des Jahres 2002 nennt das Journal das "Fehlverhalten" von zwei Physikern, darunter des Deutschen Hendrik Schön. Dieser hatte gezinkte Ergebnisse für zahlreiche Studien geliefert, deren Veröffentlichungen inzwischen zurückgezogen werden mussten.
->   Top-Physiker zieht acht "Science"-Fachartikel zurück
->   Nobelpreis-Anwärter als Fälscher entlarvt
Forschungsprognosen 2003
Und - wie schon in der Vergangenheit - wagt "Science" auch heuer eine Prognose für das kommende Jahr. Sechs Forschungsbereiche seien 2003 besonders im Auge zu behalten: die Bewegung von Eisschollen, Sonnenaktivität und Klimawandel, Forschungsfinanzierung, Genetik, Weltraumobservation mit neuen Technologien und Antiwasserstoff.
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Ein kleiner Rückblick auf das Vorjahr im science.ORF.at-Archiv:
->   Top Ten der Wissenschaft 2001
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01.01.2010