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Depression - "Oh du selige, oh du fröhliche ..."  
  Man wünscht sich fröhliche Weihnachten, man singt "Oh du selige, oh du fröhliche Weihnachtszeit ...": Die Realität sieht in vielen festlich duftenden und glänzenden Stuben jedoch anders aus. In der Luft hängen statt Weihnachtsgirlanden Traurigkeit, Depression oder gar Aggression.  
Eine Erklärung: Weil vielen Menschen genau zu dieser Zeit bewusst werde, was ihnen so alles abgehe bzw. was sie gerne haben würden, so die Psychologin Ilse Krispin-Exner. Und: Man neige gerade zu Weihnachten dazu, Kindheitsträumen nachzuhängen. Man erinnert sich an Weihnachten in der Kindheit und verklärt diese mitunter allzu sehr. All dies stimme traurig.
Weihnachten - Erinnerung an schmerzliche Verluste
Man hat den Partner, ein Kind, Vater, Mutter oder sonst einen lieben Menschen verloren. Eine Ehe/Beziehung ist schmerzlich in die Brüche gegangen - die Erinnerungen an schmerzliche oder als Kränkung erlebte Ereignisse wollen gerade zu Weihnachten in besonderem Maße erinnert werden.

Zu Weihnachten an Verstorbene zu denken - so Krispin-Exner im ORF Radio - könne durchaus etwas Schönes sein, das zwar traurig macht, aber auch tröstlich stimmt. Vor allem wenn man sich das ganze Jahr ohnehin nicht die Zeit dazu nimmt.
Zeit: Das ideale Geschenk von heute
Sich Zeit für den anderen zu nehmen, ganz bewusst "Zeit" zu verschenken - damit lassen sich Traurigkeit und Depression besser lindern, Aggression besser verhindern oder abbauen als mit teuren Geschenken. Weil - so Ilse Krispin-Exner - man sich heute viel zu wenig Zeit für den anderen nehme.
Weihnachten: Von Friede nicht die Spur
Dass in vielen Familien oder Partnerschaften gerade zu Weihnachten der Unfriede eskaliert, das ist für die Psychotherapeutin Margret Aull mit dem überhöhten Anspruch zu erklären, der an das Fest gestellt werde. Man meint, zu Weihnachten habe es eben besonders friedlich zu sein, zu Weihnachten habe man glücklich sein.

Und dieser Anspruch spießt sich mit der Tatsache, dass eben zu Weihnachten die Erinnerungen an schmerzliche Ereignisse des zu Ende gehenden Jahres stark werden. Viele Menschen meinen, nur weil Weihnachten sei, funktioniere alles, was sonst nicht funktioniert. Viele glauben, das Datum sei der Garant für die Fähigkeit zur Besinnlichkeit - weil ja auch Besinnlichkeit angesagt ist. Man erwartet sich zu Weihnachten konfliktfrei miteinander reden zu können, wenngleich man das ganze übrige Jahr davon weit entfernt ist.
Überzogene Ansprüche und Erwartungen
Mit solchen Ansprüchen und Erwartungshaltungen ist das Misslingen des festlichen und friedlichen Miteinanders förmlich vorprogrammiert, so die Psychotherapeutin.

"Weihnachten ist ein Fest, dass mit sehr hohen Erwartungen überfrachtet ist. Das hat damit zu tun, dass sehr viel von dem, was diesem Fest zugeschrieben wird - Begegnung, Liebe, Geborgenheit, einander Verstehen, miteinander Feiern, Besinnlichkeit, Ruhe, - sehr oft bei diesem Fest 'geparkt' wird. Dazwischen kümmert man sich zuwenig um diese Dinge."

Der Anspruch, was da alles erreicht und "bedient" werden soll, sei "schlicht zu hoch, der kann fast nicht erfüllt werden", so Margret Aull im ORF-Radio.
Strategien gegen das Alleinsein
Zu kaum einer anderen Zeit ist die Angst vor dem Alleinsein so groß wie zu Weihnachten - weil es traditionellerweise das Fest der Familie, das Fest des miteinander Feierns ist.

Was aber tun, wenn man niemanden hat? Sich einfach jemanden suchen, rät die Psychotherapeutin Margret Aull. Man kann sich überlegen, mit wem könnte ich, mit wem würde ich gerne Weihnachten wie feiern - und dann sollte alle Scheu abgelegt und aktiv auf den anderen zugegangen werden.

Weihnachten werde, so Margret Aull, mitunter gehandelt als Anlass zu schauen, "wer jemanden habe und wer niemanden"; als Fest, an dem man sich nicht aktiv um jemanden zum Feiern umschauen dürfe. Niemand müsse "beschämt erdulden", wenn er niemanden hat, meint hingegen Aull. Weihnachten solle vielmehr das Fest des aufeinander Zugehens sein.

Eveline Schütz, Ö1-Wissenschaft
->   Mehr über Depressionen in science.ORF.at
 
 
 
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01.01.2010