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Geschlechtshormon schafft Kontakte  
  Sind Östrogene gut fürs Denken? Das weibliche Geschlechtshormon scheint die Verknüpfung von Neuronen in dem Bereich des Gehirns zu fördern, der für das Gedächtnis und die räumliche Orientierung zuständig ist.  
Das fanden Wissenschaftlerinnen der Northwestern University heraus. Sie untersuchten den Hippocampus von erwachsenen Ratten - den Teil des Gehirns, der für das Lernen zuständig ist. Die Ergebnisse sind in der neuesten Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht.

Diese Forschungsergebnisse könnten schließlich einen Beitrag dazu leisten, herauszufinden, wie diese Funktionen beim Menschen ablaufen. Außerdem könnten sie Aufschluss darüber geben, welche Rolle Östrogen bei bestimmten Epilepsieformen spielt.
Erinnern und Lernen liegt in den Neuronen
Die Wurzeln des Erinnerns und Lernens, aber auch neurologischer Erkrankungen wie Epilepsie liegen in den vielfältigen Verknüpfungen von Neuronen.
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Neuronen
Mit Neuronen bezeichnet man die Nervenzellen des Gehirns. Sie bestehen aus einem Zellkörper, von dem die so genannten Dendriten ausgehen. Diese empfangen elektrische Signale über die Synapsen. Ist die Information verarbeitet, werden sie über den Signalleiter der Zelle, das Axon, an dessen Ende sich mehrere Synapsen befinden, zur benachbarten Nervenzelle weitergeleitet.
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Östrogen stärkt die Kommunikationskanäle
Die Neurobiologin Catherine Woolley und ihr Team konnten schon vor einigen Jahren zeigen, dass Östrogen zu einer Vermehrung der Verbindungen zwischen bestimmten Zellen des Hippocampus führt. Die Frage blieb allerdings offen, ob die schon bestehenden Kommunikationskanäle lediglich gestärkt oder ob neue Verbindungen ausgebildet wurden.

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, behandelten die Wissenschaftlerinnen Ratten, deren Eierstöcke sie entfernt hatten, mit Östrogen. Nach zwei bis drei Tagen untersuchten sie deren Hippocampus. Die Gehirnschnitte zeigten, dass praktisch alle Neuronen mit mehr als zwei anderen verbunden waren.

Bei den Kontrollratten hingegen gab es nur eine Verbindung zu einem anderen Neuron.
Erwachsenes Hirn entwickelt sich weiter

Neuronen im Hippocampus
Das heiße, dass Östrogen zu neuen Verknüpfungen im Gehirn beiträgt, meint Woolley. Selbst wenn der genaue Mechanismus unbekannt sei, könnte dieser Vorgang zu einem Verständnis des gesamten neuronalen Schaltkreises beitragen.

Die Ergebnisse bestärken die Vorstellung, dass das Gehirn eines Erwachsenen weiterhin "plastisch" bleibt. So der Psychologe Marc Breedlove von der University of California, Berkeley. Keineswegs ist mit der Kindheit das Ende der Hirnentwicklung abgeschlossen.
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In der frühen Phase findet zwar das Nervenwachstum und die Verschaltung statt. Doch ist auch eine Umprogrammierung des Gehirns im fortgeschrittenen Alter möglich.
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Negativer Effekt: Epilepsieanfälligkeit steigt
Geschlechtshormone können allerdings auch die Reizschwelle für einen epileptischen Anfall senken. Die Forschungsergebnisse könnten also zur Erklärung beitragen, warum hohe Östrogenwerte mit der Häufigkeit epileptischer Anfälle bei Frauen einhergehen, meint Woolley.

Das Krankheitsbild, bei dem eine Mehrzahl von Neuronen synchron Signale aussendet, scheint seinen Ursprung im Hippocampus zu haben.

"Eine Hippocampus-Zelle kommunizierte bislang mit sieben anderen Zellen", sagt sie. "Aber wenn Östrogen bewirkt, dass sie mit drei weiteren kommuniziert, könnte das zu einer erhöhten Anfallsaktivität führen."
->   Proceedings of the National Academy of Sciences
->   University of California, Berkeley
->   North Western University
 
 
 
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01.01.2010